25.01.2019 | 22:50:00 | ID: 26916 | Ressort: Umwelt | Klima

Schmachtkörner, Hungersteine & Borkenkäferschwärme

Dresden-Pillnitz (agrar-PR) - Wenn Wetter auf Klima trifft - Jahresrückblick 2018
Braune Wiesen, staubtrockene Felder und Wälder, außerplanmäßige Holzernten nach Stürmen und Käferfraß, zu Tage getretene Hungersteine– auf der anderen Seite ereignete sich im Oberen Vogtland eines der schwersten Hochwasser. 2018 war mit seiner extremen Witterung ein folgenreiches Jahr. Es steht stellvertretend für den klimatologischen Trend: "Trockenheit und Starkregen gehen einher", so das Fazit von Klima-, Wetter-, Umwelt- sowie Land- und Forstwirtschaftsexperten heute beim 7. Jahres-Presse-Gespräch „Wetter trifft auf Klima“ in Dresden.

Dieser Einschätzung liegt eine gemeinsame Auswertung des Landesumweltamtes Sachsen (LfULG) und des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zugrunde. Untersucht wurde, wie sich die Witterungen und Wetterphänomene in die Klimaentwicklung im Vergleich zur Klimareferenzperiode 1961-1990 einordnen lassen.

Danach war das Jahr 2018 mit einer Abweichung von +2,2 Grad das wärmste und mit -33 Prozent eines der beiden niederschlagsärmsten seit 1881 in Sachsen. Ebenso zählt es mit +31 Prozent zu den beiden sonnenreichsten Jahren seit 1951. Bemerkenswert war, dass davon alle Jahreszeiten betroffen waren. Den insgesamt längsten wärmeren Abschnitt seit 1881 bilden die 22 Jahreszeiten von Sommer 2013 bis Herbst 2018.

In diesem langen Zeitraum traten vermehrt atmosphärische Bedingungen auf, die die Ausbildung von Trockenheit begünstigen. Der Winter 2017/18 hatte Verspätung und kehrte erst im Februar und März ein.

Bemerkenswert waren die Temperatursprünge von Januar (+4,5 Grad Abweichung) auf Februar (-2,5 Grad Abweichung) und vom März (-1,9 Grad Abweichung) in den Aprilsommer mit +5,5 Grad Abweichung. Das waren zwei 7-Grad-Sprünge. Der April war der wärmste seit 1881.

Die Vegetationszeit von April bis September war mit einer Abweichung von +3,4 Grad noch nie wärmer seit Beginn der Aufzeichnungen 1881. Ebenso war diese Periode mit –43 Prozent «extrem zu trocken» und mit +36 Prozent «extrem zu sonnenreich». Das Niederschlagsdefizit summierte sich von Februar bis November 2018 auf -45 Prozent. Mit -87 Prozent war der Februar der niederschlagsärmste seit 1881.

Das immer größer werdende Niederschlagsdefizit hat ab Mai zu einer sich stetig verschärfenden hydrologischen Trockenheit geführt. Es löste eine über sechsmonatige Niedrigwasserperiode in den sächsischen Flussgebieten aus, die sich erst mit den ergiebigen Niederschlägen vor Weihnachten entspannte. Auf ihrem Höhepunkt am 28.8. lagen die Durchflüsse an mehr als Dreiviertel der Pegel im Niedrigwasserbereich.

Kleine Flüsse und Bäche fielen teilweise trocken. In der Elbe wurde am Pegel Dresden mit nur 45 cm der bisher niedrigste Wasserstand seit Errichtung der größeren tschechischen Stauanlagen im Jahre 1964 gemessen. Damit war die Niedrigwassersituation 2018 noch extremer als in den Jahren 2003 und 2015. Ebenso werden seit 2013 überwiegend fallende Grundwasserstände beobachtet.

Besonders drastisch war es in den Herbstmonaten 2018, als 90 Prozent aller sächsischen Messstellen unter dem monatstypischen Grundwasserstand lagen. Aktuell sind es immer noch 71 Prozent. Grundwasser hat ein langes Gedächtnis!

Die sächsischen Talsperren konnten mit den Zuflüssen im Winter und Frühjahr 2018? gefüllt werden. Damit stand genügend Wasser für alle Nutzungen wie Trinkwasseraufbereitung, Brauchwasser und Niedrigwasseraufhöhung zur Verfügung. Aber auch hier machte sich das hohe Niederschlagsdefizit seit Februar 2018 durch extrem niedrige Zuflüsse zu den Talsperren bemerkbar.

Die Versorgung der Wasserwerke für Trinkwasser konnte jedoch abgesichert werden - zum einen durch das angestaute Talsperrenwasser und zum anderen durch die Vernetzung der Talsperren untereinander durch Überleitungssysteme.

Die sächsische Forstwirtschaft betritt mit den außerplanmäßigen Holzernten in dieser Größenordnung Neuland. Seit dem Sturm "Herwart" im Oktober 2017 fielen durch Sturmwürfe und Borkenkäferbefall insgesamt 3,2 Millionen Kubikmeter Holz an. Zum Vergleich: Planmäßig wurden in Sachsen bisher jährlich ca. 2,3 Millionen Kubikmeter Holz geerntet.

Allein an Fichten wurden 2018 zwischen Juni und Dezember  575.000 Kubikmeter Käferholz registriert. Bis Ende Mai diesen Jahres wird mit einem Anstieg um weitere 200.000 Kubikmeter gerechnet. Bis in die höheren Berglagen hinein, entwickelten sich drei Generationen von Borkenkäfern und übertrafen damit sogar den „Jahrhundertsommer 2003. Der Sturm „Friederike“ im Januar und die extreme Trockenheit waren für die Käferpopulation eine ideale Ausgangslage.

Die meisten landwirtschaftlichen Kulturen erlitten – regional unterschiedlich - deutliche Ertragseinbußen. Bei Winterweizen lagen die durchschnittlichen Erträge 13 Prozent unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre, bei Wintergerste 12 Prozent und bei Winterraps 19 Prozent.

In den Landessortenversuchen des LfULG sind für Körnermais 35 bis 40 Prozent geringere Kornerträge und für Silomais 20 bis 30 Prozent geringere Trockenmasseerträge, als in den beiden letzten Jahren beobachtet worden.

Kartoffeln und Zuckerrüben brachten jeweils 24 Prozent weniger Ertrag im Vergleich zum zehnjährigen Mittel. Besonders drastisch ist die Situation bei Ackerfutter mit -43 Prozent und bei Wiesen und Weiden mit -37 Prozent, auf leichten Standorten bis zu -65 Prozent und mehr, im Vergleich zum zehnjährigen Durchschnitt.

Zusammen mit der schlechten Silomaisernte entstanden massive Probleme bei der Futterversorgung in viehhaltenden Betrieben sowohl hinsichtlich der Futtermenge als auch der Futterqualität. Nur die Sommergerste lieferte Erträge wie im Vorjahr.

Im Gemüseanbau gab es 2018 erhebliche Ernteausfälle. Dies betraf besonders die für Sachsen wichtigen Verarbeitungsgemüsearten wie Markerbsen, Buschbohnen und Spinat. 50 Prozent Ertragsausfälle gab es bei Zwiebeln, insbesondere auf Flächen, die nicht beregnet werden konnten. Der Baumobstbau brachte durchschnittliche Erträge.

Problematisch waren die Verschiebung der Erntezeiträume, verbunden mit hohen Erntespitzen und überfüllten Märkten sowie die zu kleinen Früchte. Beobachtet wurde aber auch, dass die langanhaltend hohen Temperaturen zu einer Anpassung der Früchte an die Witterungsbedingungen bei vielen Obstarten führten. Dadurch verringerten sich die sonst üblichen Sonnenbrandschäden.

Der vierte milde Winter in Folge hatte positive Auswirkungen auf die Luftqualität in Sachsen. Auch 2018 ist der Tagesgrenzwert für Feinstaub PM10 an allen sächsischen Luftmessstationen eingehalten worden. Allerdings brachte der heiße, sonnenscheinreiche Sommer eine hohe Ozonbelastung. Der Zielwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit wurde 2018 erstmalig auch an mehreren Stationen im Tiefland überschritten. Normalerweise trifft es hier mehr die Höhenlagen des Erzgebirges.

Der aktuelle Jahresrückblick "Wetter trifft Klima 2018" steht ab sofort unter https://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/klima/38251.htm zur Verfügung.
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