14.03.2012 | 08:20:00 | ID: 12421 | Ressort: Umwelt | Tier

Fressverhalten von deutschen Wölfen untersucht

Görlitz (agrar-PR) - Senckenberger Wissenschaftler haben die Fressgewohnheiten von Wölfen in den ersten acht Jahre nach ihrem Erscheinen in Deutschland untersucht.
Die Ergebnisse sind beruhigend: Der Anteil von Nutztieren auf dem Speiseplan liegt bei unter einem Prozent. Die zugehörige Studie ist vor Kurzem im Fachjournal „Mammalian Biology" erschienen.

Lange Zeit waren Wölfe in Deutschland ausgerottet, nun werden sie langsam wieder heimisch. Doch nicht alle freuen sich über die Rückkehr des Wildtieres. Besonders um das Fressverhalten von Canis lupus ranken sich viele Fabeln und Legenden. Wölfe, die Schafe reißen, Haustiere fressen oder sogar Menschen angreifen - die Rückkehr der Raubtiere in deutsche Gebiete weckt alte Ängste und birgt Konflikte mit der Bevölkerung, Jägern und Landwirten.

„Die Ernährungsgewohnheiten von Wölfen sind der größte Streitpunkt bei deren Wiederbesiedlung in Deutschland, das hat uns dazu veranlasst, das Fressverhalten der - vor gut zehn Jahren in die Lausitz eingewanderten - Wölfe genauer zu untersuchen", erzählt Hermann Ansorge, Abteilungsleiter Zoologie am Senckenberg Forschungsinstitut in Görlitz.

„Wir haben geschaut, was auf dem Speiseplan der Wölfe stand und wie sich dieser seit dem Erscheinen der Wölfe in Ostdeutschland verändert hat."

Hierfür haben die Wissenschaftler über 3.000 Kotproben von Wölfen gesammelt und auf unverdaute Hinterlassenschaften, wie Haare, Knochen, Hufe oder Zähne der Beutetiere untersucht.

Über diese Hinweise, ergänzt durch Funde von Resten erlegter Beute, konnten die Görlitzer Zoologen die Ernährung der Raubtiere detailliert erfassen. Wilde Huftiere stellen laut der Auswertung mehr als 96% der Beutetiere. Dabei dominieren Rehe (55, 3%), gefolgt von Rotwild (20,8%) und Wildschweinen (17,7%). Einen eher geringen Anteil am Speiseplan hat der Hase mit knapp 3 Prozent.

„Weniger als ein Prozent der analysierten Beutetiere kam aus dem Bereich der Nutztiere", ergänzt Ansorge und fährt fort: „Solange Schafe und Co. gut geschützt werden und es genug Auswahl unter den Wildtieren gibt, gehen Wölfe nicht die Gefahr ein, mit Elektrozäunen oder Herdenschutzhunden konfrontiert zu werden."

Nicht nur was auf der Speisekarte der Wölfe steht, sondern auch wie sich das Fressverhalten über die Jahre hinweg geändert hat, haben die Görlitzer Wissenschaftler untersucht. Wölfe sind bezüglich ihrer Ernährung extrem anpassungsfähig. Aus Kanada ist beispielsweise bekannt, dass sich die dortigen Wolfsrudel im Herbst bevorzugt von Lachs ernähren.

„Uns hat interessiert, wie, warum und wie schnell sich die Nahrungszusammensetzung der Wölfe in Sachsen änderte", erläutert Ansorge. Die Wölfe in der Lausitz kamen aus Polen nach Deutschland. Dort ernähren sich die Rudel im Gegensatz zu den deutschen Wölfen überwiegend von Rotwild.

In den ersten Jahren der Studie lag der Anteil des erlegten Rotwildes deutlich höher und der Prozentsatz der Rehe war dafür niedriger, als in den folgenden fünf Jahren. „Wir haben uns gefragt, ob die Wölfe ihr Verhalten oder ob sich die Ausgangsbedingungen geändert haben", fährt der Görlitzer Zoologe fort.

Im Vergleich zu den polnischen Wäldern sind die der Lausitz eher kleinräumig und von Wegen und Feldern durchzogen. Sie bieten Rehen und Wildschweinen ein ideales, weitflächiges Lebensumfeld, während sich das Rotwild eher in die wenigen großräumigen Waldgebiete zurückzieht. Rehe sind folglich aus der Sicht der Wölfe einfache und überall anzutreffende Beutetiere.

Der Wandel in den Fressgewohnheiten ergab sich demnach durch eine Veränderung der Umweltbedingungen. Dabei passten sich die Wölfe schnell an - sie brauchten weniger als zwei Generationen, um sich an die neuen Verhältnisse in der Kulturlandschaft im Osten Deutschlands zu gewöhnen.

Seit der Einführung des gesetzlichen Wolfschutzes 1990 hat es über zehn Jahre gedauert, bis die Wölfe in Deutschland ihr Lager aufschlugen und Welpen in der Muskauer Heide geboren wurden. Aktuell leben in der Lausitz neun Wolfsfamilien mit etwa 34 Jungtieren.

„Das Konfliktpotential zwischen Mensch und Wolf ist sehr gering", resümiert Ansorge die Ergebnisse der Studie. „Einer Wiederbesiedlung durch die Wölfe sollte nichts im Wege stehen." (senckenberg)
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