11.01.2023 | 16:20:00 | ID: 35140 | Ressort: Umwelt | Tier

Vögel: Zugunruhe durch Hormonrausch

Wien (agrar-PR) - Die weiten saisonalen Reisen von Zugvögeln sind ein bekanntes Phänomen. Doch welche hormonellen Vorgänge stecken dahinter? Eine aktuelle Studie des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung der Veterinärmedizinischen Universität Wien identifiziert stark steigende Spiegel des Hormons Ghrelin als wesentlichen, auslösenden Faktor. Den bisher vermuteten und in anderen Studien nachgewiesenen Zusammenhang mit dem Hormon Corticosteron konnte die soeben veröffentlichte Forschungsarbeit jedoch nicht bestätigen.
Zugvögel zeigen spektakuläre physiologische Anpassungen, um die Langstreckenflüge zwischen ihren Brut- und Überwinterungsgebieten zu bewältigen. Als Hauptenergiequelle verwenden sie vor ihren Zugflügen aufgebaute Fettreserven. Sowohl bei in Gefangenschaft gehaltenen als auch bei frei lebenden Vögeln zeigt sich der Zugphänotyp – also das veränderte körperliche Erscheinungsbild – durch eine schnelle und deutliche Zunahme der Nahrungsaufnahme und Energiezufuhr sowie durch Änderungen der Nachtaktivität und ein unruhigeres Verhalten. Zu den dafür verantwortlichen hormonellen Mechanismen gibt es bislang jedoch nur wenig gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse.

Hormon Ghrelin macht Wachteln fit für weite Flüge
Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni prüfte deshalb nun anhand von Wachteln (Coturnix coturnix) die Hypothese, inwieweit das Hormon Corticosteron und das im Darm produzierte Hormon Ghrelin beim Vogelzug eine Rolle spielen. Für ihren Versuch setzten die Forscher:innen Wachteln einer kontrollierten Änderung der Tageslänge aus, um einen Herbstzug gefolgt von einer Überwinterungsphase zu simulieren. Danach verglich das Forschungsteam die Corticosteron- und Ghrelin-Konzentrationen und bewertete, ob diese beiden metabolischen Hormone zwischen den Migrationszuständen variieren.

„In Übereinstimmung mit unseren Annahmen fanden wir heraus, dass das Auftreten des Zugphänotyps mit höheren Konzentrationen von Ghrelin verbunden ist. Außerdem korrelierte Ghrelin mit Veränderungen der Körpermasse der Vögel, und zwar sowohl bei der Vorbereitung auf ihren herbstlichen Zug als auch beim Eintreten in die Überwinterungsphase“, erklärt Studien-Erstautorin Valeria Marasco vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni.

Keine Korrelation von Corticosteron und Zugunruhe
Entgegen ihren Vorhersagen beobachteten die Forscher:innen allerdings keine Korrelation zwischen den im Blutkreislauf zirkulierenden Spiegeln von Ghrelin und Corticosteron. Zudem konnten die Wissenschafter:innen beim Zugphänotyp keine erhöhten Corticosteron-Spiegel nachweisen. „Auch mit Veränderungen der Körpermasse, der Nahrungsaufnahme oder der damit einhergehenden Zugunruhe – also dem unruhigen Verhalten der Vögel vor ihrem Herbstzug – zeigte Corticosteron keine statistisch relevante Korrelation“, so Studien-Letztautor Leonida Fusani, Leiter der Abteilung für Ornithologie am Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni.

Service:
Der Artikel „Ghrelin, not corticosterone, is associated with transitioning of phenotypic states in a migratory Galliform“ von Valeria Marasco, Hiroyuki Kaiya, Gianni Pola und Leonida Fusani wurde in „frontiers“ veröffentlicht.

https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fendo.2022.1058298/full?&utm_source=Email_to_authors_&utm_medium=Email&utm_content=
T1_11.5e1_author&utm_campaign=Email_publication&field=&journalName
=Frontiers_in_Endocrinology&id=1058298

Rückfragehinweise:
Dr. Valeria Marasco
Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV)
Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni)
Valeria.Marasco@Vetmeduni.ac.at

Univ.-Prof. PhD. Leonida Fusani
Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV)
Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni)
Leonida.Fusani@Vetmeduni.ac.at

Über die Veterinärmedizinische Universität Wien:
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni beschäftigt 1.500 Mitarbeiter:innen und bildet zurzeit 2.500 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Lehr- und Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich und eine Außenstelle in Tirol gehören ebenfalls zur Vetmeduni. Die Vetmeduni spielt in der globalen Top-Liga mit: Im weltweiten Shanghai-Hochschulranking 2022 belegte sie abermals einen Platz unter den ersten Zehn im Fach „Veterinary Science". www.vetmeduni.ac.at
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