Gesetzlich verordneter Wahnsinn
Wenn europäische Fischer andere Fische fangen als
auf ihrer Lizenz vermerkt, dann dürfen sie diese nach dem EU-Gesetz
nicht mit nach Hause bringen, sondern müssen sie zurückwerfen. Dieser
Fang ist somit „Discard“, das bedeutet Rückwurf, und geht wieder über
Bord. Die meisten Fische überleben diese Tortur nicht.
So wird beim Fang auf Scholle, Seezunge oder Krabben
mehr als die Hälfte der gefangenen Lebewesen wieder ins Meer geworfen –
selbst dann, wenn Fische darunter sind, die wiederum auf der
Wunschliste anderer Fischer stehen.
Doch im Dezember 2008 machte
Brüssel einen Schritt in die richtige Richtung: Die EU-Fischereiminister
verabschiedeten ein so genanntes „High-Grading“-Verbot für die Nordsee.
Damit ist der Rückwurf von marktfähigen Fischen, die legal gefangen
wurden und die der Fischer anlanden darf, untersagt. Diese Maßnahme hat
zur Folge, dass nicht mehr nur die größten und wertvollsten Exemplare an
Bord zurückbehalten werden.
Ohne Rücksicht auf Verluste
Doch Schuld sind nicht nur schlechte Gesetze,
sondern auch die zerstörerischen Fangtechniken, mit denen noch immer die
Mehrheit der Schiffe auf Beutezug gehen. Zu den verheerendsten Geräten
gehören die Baumkurren-Schleppnetze, die in der Fischerei auf Scholle,
Krabben und Seezunge eingesetzt werden. Die Kufen und Scheuchketten der
Baumkurren pflügen durch den Meeresboden. In den Netzen landen daher
unzählige Krebse, Seesterne, Muscheln und Jungfische, die der Fischer
anschließend „entsorgen“ muss.
In anderen Meeresgebieten verfangen sich auch
Seevögel, Meeresschildkröten und Meeressäuger in den Fischereinetzen
oder an den Haken der Langleinen, die eigentlich Tunfisch fangen sollen.
In den meisten Fällen gelingt es diesen Tieren nicht, sich aus eigener
Kraft zu befreien – sie ertrinken. Wale sind zwar oft kräftig genug, um
sich loszureißen. Allerdings können sich Netzreste um Flossen, Fluke und
Kopf wickeln und tiefe Verletzungen verursachen.
Beifang kann verhindert werden
Etwa 300.000 Wale, Delfine und Tümmler ertrinken
jährlich als ungewollter Beifang in Netzen. Damit sterben durch Beifang
mehr Wale als zur Blütezeit des Walfangs vor einigen Jahrzehnten. Auch
zigtausende
Haie, Seevögel und Meeresschildkröten kommen unnötig um.
Dabei liegen die
Lösungen schon bereit: Durch den Einsatz von so genannten
„Schlauen Netzen“,
speziellen Haken oder akustischen Signalen kann der Beifang deutlich
verringert werden. Politik und Fischerei sollten nicht länger fackeln,
sondern schnell auf solche Techniken umrüsten. Dann gibt es wieder
Hoffnung für die Meeresbewohner.
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