05.08.2009 | 00:00:00 | ID: 1557 | Ressort: Umwelt | Umweltpolitik

Bund nimmt Länder an die kurze Leine

Hannover (agrar-PR) - Umweltgesetze  Mit der Verabschiedung eines neuen Bundesnaturschutz- und Wasserhaushaltsgesetzes beginnt für einen Teil des deutschen Umweltrechts 2010 ein formaler Neustart. Inhaltliche Veränderungen verlangen den Praktikern im kommenden Jahr die Berücksichtigung einiger Neuerungen ab. Aber die Länder können zuvor noch einige Anpassungen vornehmen.

Der folgende Beitrag gibt zunächst einen Überblick über die grundlegenden systematischen Änderungen und einige Bereiche, in denen im neuen Bundesrecht inhaltliche Änderungen mit besonderer Bedeutung für die landwirtschaftliche Praxis vorgenommen wurden. In den folgenden Ausgaben der LAND & Forst folgen nähere Erläuterungen zu speziellen Regelungen im Natur- und Wasserschutz.

Nachdem im Frühjahr 2009 Bundesumweltminister Sigmar Gabriel das Scheitern des von der großen Koalition geplanten Umweltgesetzbuches (UGB) erklärt hatte, musste die Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Entscheidung treffen. Ohne Neufassung eines Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) und Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) hätten die Bundesländer ab 1. Januar 2010 völlig freie Gestaltungsmöglichkeit bei ihren Landesnaturschutz- und Landeswassergesetzen gehabt, ohne den bisherigen bundesrechtlichen Rahmen berücksichtigen zu müssen.

Befürchtet wurde ein Wettbewerb um niedrigere Standards und eine deutliche Zunahme der bereits heute bestehenden Differenzen zwischen den Ländern, z. B. bei den Gewässerrandstreifen oder bei Kompensationsmaßnahmen. CDU und SPD bemühten sich um einen Kompromiss, mit dem der Bund die Bundesländer im Umweltschutzrecht jetzt an die kurze Leine nimmt. Für einige Bestimmungen, wie z. B. das Artenschutzrecht oder auch die Sicherheitsvorkehrungen bei der Lagerung Wasser gefährdender Stoffe, gilt mit der Verabschiedung des neuen BNatSchG und WHG zukünftig allein das Bundesrecht. Landesrechtliche Vorschriften dürfen hier nur noch zum Zweck der verwaltungsmäßigen Umsetzung erlassen werden.

Ein gewisses Mitspracherecht bei den abweichungsfesten Vorschriften bleibt den Bundesländern jedoch bei den zahlreichen Detailverordnungen, für die das Bundesumweltministerium jetzt die Ermächtigung erhalten hat. Allerdings müssen für Änderungswünsche dann die erforderlichen Mehrheiten im Bundesrat organisiert werden, z. B. wenn es um die zukünftigen Vorschriften für den Bau von Güllebehältern geht. Hier befürchtet das Landvolk Niedersachsen mit Blick auf die völlig unterschiedlichen Länderregelungen große Probleme bei der Suche nach einem praxisgerechten Konsens.

Abweichungsrecht der Länder

Anders als bisher besteht dagegen in einigen Bereichen für die Länder ab sofort ein klares Abweichungsrecht von den Bundesgesetzen, so z. B. bei den in der Vergangenheit sehr umstrittenen Regelungen des BNatSchG zur guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft, den jetzt im Bundesrecht aufgenommen Regelungen zum Betreten der freien Landschaft oder auch bei den Vorschriften zur Gewässerunterhaltung. Nimmt ein Land bis zum Inkrafttreten des neuen Bundesrechts im Frühjahr 2010 keine Anpassungen an seinem bisherigen Landesnaturschutz- oder Landeswassergesetz vor, gilt in der Regel ausschließlich das Bundesrecht.

Randstreifen auf 5 Metern

Für die wasserrechtliche Gewässerrandstreifenregelung in Niedersachsen hätte dies beispielsweise zur Folge, dass sich an Gewässern erster Ordnung der bisherige Randstreifen von zehn auf fünf Meter halbiert. Im Gegenzug würde an allen Gewässern dritter Ordnung dieser Randstreifen von fünf Metern neu eingeführt, bestehendes Grünland dürfte dort nicht mehr umgebrochen werden. Für die Bewirtschaftung von Moorstandorten ergeben sich damit ebenfalls neue Probleme. Nach BNatSchG ist bei einer Umwandlung von Grünland zu Ackerland oder Dauerkulturen auf Moorböden und auf „Standorten mit hohem Grundwasserstand“ die gute fachliche Praxis zukünftig eindeutig nicht mehr gegeben.

Alle Bundesländer sollten sich jetzt darum bemühen, kurzfristig zumindest ein „Bestätigungsgesetz“ über diejenigen Landesregelungen auf den Weg zu bringen, an denen abweichend oder auch ergänzend zum Bundesgesetz festgehalten werden soll. Andernfalls droht selbst über derzeit landesrechtliche Spezialregelungen wie den niedersächsischen Wallheckenschutz der Streit, ob diese nach dem Willen des Bundesgesetzgebers fortbestehen oder mangels ausdrücklicher Vorschrift im BNatSchG oder WHG offenbar ersatzlos weggefallen. Diese Situation enthält aus landwirtschaftlicher Sicht auch die Chance, das landesrechtliche Dickicht der Vorschriften gründlich durchzuforsten, um es von überflüssigen oder weitergehenden Regelungen, wie z. B. den besonderen niedersächsischen Beteiligungsvorschriften, zu entschlacken.

In der kommenden Ausgabe der LAND & Forst werden wir zu dem Thema „Neues Naturschutzrecht“ informieren.
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