Hannover (agrar-PR) - Umweltgesetze Mit der Verabschiedung eines neuen
Bundesnaturschutz- und Wasserhaushaltsgesetzes beginnt für einen Teil
des deutschen Umweltrechts 2010 ein formaler Neustart. Inhaltliche
Veränderungen verlangen den Praktikern im kommenden Jahr die
Berücksichtigung einiger Neuerungen ab. Aber die Länder können zuvor
noch einige Anpassungen vornehmen.
Der folgende Beitrag gibt zunächst einen Überblick über die
grundlegenden systematischen Änderungen und einige Bereiche, in denen
im neuen Bundesrecht inhaltliche Änderungen mit besonderer Bedeutung
für die landwirtschaftliche Praxis vorgenommen wurden. In den folgenden
Ausgaben der LAND & Forst folgen nähere Erläuterungen zu speziellen
Regelungen im Natur- und Wasserschutz.
Nachdem im Frühjahr 2009 Bundesumweltminister Sigmar Gabriel das
Scheitern des von der großen Koalition geplanten Umweltgesetzbuches
(UGB) erklärt hatte, musste die Bundesregierung aus
verfassungsrechtlichen Gründen eine Entscheidung treffen. Ohne
Neufassung eines Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) und
Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) hätten die Bundesländer ab 1. Januar 2010
völlig freie Gestaltungsmöglichkeit bei ihren Landesnaturschutz- und
Landeswassergesetzen gehabt, ohne den bisherigen bundesrechtlichen
Rahmen berücksichtigen zu müssen.
Befürchtet wurde ein Wettbewerb um niedrigere Standards und eine
deutliche Zunahme der bereits heute bestehenden Differenzen zwischen
den Ländern, z. B. bei den Gewässerrandstreifen oder bei
Kompensationsmaßnahmen. CDU und SPD bemühten sich um einen Kompromiss,
mit dem der Bund die Bundesländer im Umweltschutzrecht jetzt an die
kurze Leine nimmt. Für einige Bestimmungen, wie z. B. das
Artenschutzrecht oder auch die Sicherheitsvorkehrungen bei der Lagerung
Wasser gefährdender Stoffe, gilt mit der Verabschiedung des neuen
BNatSchG und WHG zukünftig allein das Bundesrecht. Landesrechtliche
Vorschriften dürfen hier nur noch zum Zweck der verwaltungsmäßigen
Umsetzung erlassen werden.
Ein gewisses Mitspracherecht bei den abweichungsfesten Vorschriften
bleibt den Bundesländern jedoch bei den zahlreichen Detailverordnungen,
für die das Bundesumweltministerium jetzt die Ermächtigung erhalten
hat. Allerdings müssen für Änderungswünsche dann die erforderlichen
Mehrheiten im Bundesrat organisiert werden, z. B. wenn es um die
zukünftigen Vorschriften für den Bau von Güllebehältern geht. Hier
befürchtet das Landvolk Niedersachsen mit Blick auf die völlig
unterschiedlichen Länderregelungen große Probleme bei der Suche nach
einem praxisgerechten Konsens.
Abweichungsrecht der Länder
Anders als bisher besteht dagegen in einigen Bereichen für die
Länder ab sofort ein klares Abweichungsrecht von den Bundesgesetzen, so
z. B. bei den in der Vergangenheit sehr umstrittenen Regelungen des
BNatSchG zur guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft, den jetzt
im Bundesrecht aufgenommen Regelungen zum Betreten der freien
Landschaft oder auch bei den Vorschriften zur Gewässerunterhaltung.
Nimmt ein Land bis zum Inkrafttreten des neuen Bundesrechts im Frühjahr
2010 keine Anpassungen an seinem bisherigen Landesnaturschutz- oder
Landeswassergesetz vor, gilt in der Regel ausschließlich das
Bundesrecht.
Randstreifen auf 5 Metern
Für die wasserrechtliche Gewässerrandstreifenregelung in
Niedersachsen hätte dies beispielsweise zur Folge, dass sich an
Gewässern erster Ordnung der bisherige Randstreifen von zehn auf fünf
Meter halbiert. Im Gegenzug würde an allen Gewässern dritter Ordnung
dieser Randstreifen von fünf Metern neu eingeführt, bestehendes
Grünland dürfte dort nicht mehr umgebrochen werden. Für die
Bewirtschaftung von Moorstandorten ergeben sich damit ebenfalls neue
Probleme. Nach BNatSchG ist bei einer Umwandlung von Grünland zu
Ackerland oder Dauerkulturen auf Moorböden und auf „Standorten mit
hohem Grundwasserstand“ die gute fachliche Praxis zukünftig eindeutig
nicht mehr gegeben.
Alle Bundesländer sollten sich jetzt darum bemühen, kurzfristig
zumindest ein „Bestätigungsgesetz“ über diejenigen Landesregelungen auf
den Weg zu bringen, an denen abweichend oder auch ergänzend zum
Bundesgesetz festgehalten werden soll. Andernfalls droht selbst über
derzeit landesrechtliche Spezialregelungen wie den niedersächsischen
Wallheckenschutz der Streit, ob diese nach dem Willen des
Bundesgesetzgebers fortbestehen oder mangels ausdrücklicher Vorschrift
im BNatSchG oder WHG offenbar ersatzlos weggefallen. Diese Situation
enthält aus landwirtschaftlicher Sicht auch die Chance, das
landesrechtliche Dickicht der Vorschriften gründlich durchzuforsten, um
es von überflüssigen oder weitergehenden Regelungen, wie z. B. den
besonderen niedersächsischen Beteiligungsvorschriften, zu entschlacken.
In der kommenden Ausgabe der LAND & Forst werden wir zu dem Thema „Neues Naturschutzrecht“ informieren.