Berlin (agrar-PR) - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
(BUND) hat den Kurs der Landesumweltminister Silke Lautenschläger
(Hessen), Tanja Gönner (Baden-Württemberg) und Markus Söder (Bayern) in
der Atomfrage kritisiert. Wer für verlängerte AKW-Laufzeiten eintrete,
dürfe den Titel Umweltminister eigentlich nicht mehr für sich
beanspruchen, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. "Längere
Atomkraftwerkslaufzeiten blockieren den Ausbau erneuerbarer Energien
und damit den Klima- und Umweltschutz. Wenn die Atommanager alte
Reaktoren am Netz lassen wollen, um damit pro Jahr und Meiler 300
Millionen Euro zusätzlich zu verdienen, so scheint das aus deren Sicht
profitabel. Aber allein die ungelöste Atommüllentsorgung muss
Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Kanzlerin Angela Merkel dazu
bewegen, ihr Veto gegen eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten
einzulegen", sagte Weiger.
Die baden-württembergische BUND-Landesvorsitzende
Brigitte Dahlbender wies darauf hin, dass das zur Abschaltung
anstehende AKW Neckarwestheim 1 mit 420 meldepflichtigen Ereignissen zu
den störanfälligsten Atomkraftwerken in Deutschland gehöre. "Für diesen
Schrottreaktor, der schon längst hätte abgeschaltet werden müssen, darf
es keine Laufzeitverlängerung geben", erklärte Dahlbender. "Eine
Strommengenübertragung auf Alt-Reaktoren geht immer auf Kosten der
Sicherheit. Umweltministerin Gönner dient mit ihrer Pro-Atompolitik den
Klientelinteressen der großen Energiekonzerne, die mit ihrer
aussterbenden Dinosauriertechnologie weiter Profit machen wollen."
Herwig Winter, Landesvorstandssprecher des BUND in
Hessen: "Obwohl das hessische Atomkraftwerk Biblis A weder gegen
Flugzeugabstürze noch gegen Terroranschläge geschützt ist, setzt sich
Umweltministerin Lautenschläger für eine Verlängerung der Laufzeit des
Reaktors ein. Die Atomgläubigkeit der CDU ist ein Relikt aus der
Vergangenheit. Damit blockiert die Landesregierung in Hessen die
Entwicklung der erneuerbaren Energien."
Den großen deutschen Energiekonzernen warf der BUND
vor, einen "illegalen Ringtausch" von Strommengen vorzubereiten.
Demnach sollen noch vorhandene Reststrommengen des 2003 im
niedersächsischen Stade abgeschalteten Eon-Meilers auf Neckarwestheim 1
und auf Biblis A übertragen werden. Im Gegenzug wolle RWE fiktive
Strommengen des nie ans Netz gegangenen AKW Mülheim-Kärlich zunächst
auf den eigenen Reaktor Biblis B und dann von dort auf das Eon-AKW Isar
1 in Bayern übertragen. Letzteres habe nur noch eigene Reststrommengen
bis 2011. Ein solches Vorgehen verstoße jedoch gegen das Atomgesetz.
Strommengen des AKW Mülheim-Kärlich dürften über den Umweg Biblis B
nicht beim AKW Isar 1 landen. Auch die Übertragung von Reststrommengen
des AKW Stade auf Biblis A verbiete das Atomgesetz. Eine
Laufzeitverlängerung sei in diesem Fall unmöglich, weil RWE dringend
erforderliche Nachrüstungen beim AKW Biblis A erlassen worden seien.
Bereits in den zurückliegenden Jahren hätten die
Stromkonzerne bei einigen von der Abschaltung bedrohten Reaktoren die
Auslastung gedrosselt und zugleich die Übertragung von Strommengen von
jüngeren auf ältere Atomkraftwerke vorbereitet. Jetzt kämpfe die
Atombranche mit Unterstützung ihrer politischen Freunde in CDU, CSU und
FDP um das Überleben ihrer Alt-Meiler. Die Bundesregierung dürfe dem
Geschacher mit Stromengen zu Lasten der Sicherheit der Bevölkerung
nicht tatenlos zusehen, so der Umweltverband.