18.11.2014 | 18:55:00 | ID: 19155 | Ressort: Umwelt | Umweltschutz

Belastungen des Grundwassers mit Nitrat seit über 20 Jahren nicht gesunken

Düsseldorf (agrar-PR) - Eindeutiger Zusammenhang zwischen intensiver Landwirtschaft und Nitratbelastungen im Grundwasser. Minister Remmel: Trinkwassergewinnung teilweise nur mit Aufbereitung möglich

Das Grundwasser in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Der Bericht „Nitrat im Grundwasser“ zeigt, dass in den landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten im Norden und Westen von NRW die Nitratkonzentrationen seit über 20 Jahren gleichbleibend hoch oder steigend sind. Davon betroffen sind rund 40 Prozent der Grundwasserkörper, aus denen ohne entsprechende Aufbereitung keine Gewinnung von Trinkwasser mehr möglich ist. „Nordrhein-Westfalen ist ein wasserreiches Land mit vielen Bächen, Flüssen, Seen und großen Grundwasservorkommen“, sagte Umweltminister Johannes Remmel jetzt in Düsseldorf bei der Vorstellung der Ergebnisse des NRW-Nitratberichtes in Verbindung mit dem erstmals erstellten NRW-Nährstoffbericht. „Wir müssen dafür sorgen, dass sowohl das Grundwasser als auch Bäche, Flüsse und Seen ihre Funktionen als Ressource und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen erfüllen können. Das kann nicht geschehen, wenn das Grundwasser in einigen Teilen des Landes durch Nitrat aus Düngemitteln stark belastet wird.“

 

Ein Grund für die hohe Belastung sei ein zu großer Eintrag von Nährstoffen auf landwirtschaftlichen Flächen, erklärte Remmel, insbesondere durch erhebliche Mengen von Gülle aus Schweine-, Rinder- oder Hühnerhaltung und Gärresten aus Biogasanlagen: „Ich halte es grundsätzlich für erstrebenswert, dass auf einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr Gülle anfällt, als auf eigenen Flächen ausgebracht werden kann. Damit ist es ja häufig nicht getan. Hinzu kommt Mineraldünger, der im aktuellen Nährstoffbericht noch gar nicht berücksichtigt wurde, sowie Biogasanlagen, die die Situation vor allem in den viehintensiven Regionen zusätzlich verschärfen. Eines unserer Hauptziele wird dementsprechend sein, in Zukunft wieder eine stärkere Flächenbindung in der Tierhaltung zu erreichen. Dies wird nur gelingen, wenn wir in den Regionen mit einer intensiven Nutztierhaltung die Strukturen überdenken und anpassen,“ sagte Remmel. Zudem hat das Umweltministerium bereits angekündigt, die Biomasse-Strategie anzupassen und stärker an Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit auszurichten.

 

Der Nährstoffbericht zeigt, dass in einigen Kreisen im Münsterland und am Niederrhein so viel Gülle anfällt, dass diese dort nicht umweltverträglich wieder in den Nährstoffkreislauf eingebracht werden können und daher in andere Regionen verbracht werden müssen. Viele landwirtschaftliche Betriebe halten dort mehr Schweine, Geflügel oder Rinder, als betriebseigene Flächen zur Ausbringung der erzeugten Gülle zur Verfügung stehen. „Es gibt eine eindeutige Verbindung zwischen den Nitratbelastungen und einer zu intensiven Landwirtschaft, etwa durch eine immer stärkere Konzentration der Tierhaltung, aber auch des Gemüseanbaues“, betonte Minister Remmel. „Gerade unsere Böden haben aber ein langes Gedächtnis. Das Ergebnis der Fehlentwicklungen in der Vergangenheit lässt sich heute an den hohen Belastungen unserer Grundwässer ablesen.“

 

So fällt zum Beispiel im Kreis Borken alleine aus Gülle soviel Stickstoff an, dass dieser auf den zur Verfügung stehenden Flächen im Kreis nicht ausgebracht werden kann.. Als weiteres Beispiel nannte der Minister den Kreis Kleve. Auch hier liegt der Anteil an Nährstoffen bereits über den Grenzwerten. Verursacht unter anderem durch den Import von Champignonsubstraten aus den Niederlanden. Würde auf diese Importe verzichtet, wären die Nährstoffgrenzen voraussichtlich knapp zu erreichen.

 

Insgesamt wurden laut NRW-Nährstoffbericht 2014 in NRW etwa 140.000 Tonnen Stickstoff durch Gülle oder Festmist auf die Felder aufgebracht. Hinzu kommen Importe und weitere organische Dünger wie Gärreste und Klärschlamm in Höhe von insgesamt rund 30.000 Tonnen sowie etwa 205.000 Tonnen Stickstoff aus mineralischen Düngemitteln.

Nach Berechnungen des Landesamtes für Natur Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) müssten die Stickstoffeinträge um rund 27.300 Tonnen pro Jahr reduziert werden, um eine nachhaltige Entlastung der Grundwässer mit Nitraten zu erreichen. In den Gemeinden mit Minderungsbedarf müssten im Mittel rund 30 kg Stickstoff pro Hektar landwirtschaftliche Fläche reduziert werden, in den viehintensiven Gemeinden mit Minderungsbedarf im Münsterland und am Niederrhein sogar mehr als 50 kg pro Hektar. Um Nährstoffüberschüsse durch organischen Dünger zu verhindern, hat NRW der Bundesregierung vorgeschlagen, die Zeiten, in denen keine Gülle ausgebracht werden darf, zu verlängern, die zulässigen Nährstoffbilanzüberschüsse zu reduzieren und den Stickstoffeinsatz aus Gülle und Gärresten stärker zu begrenzen. Außerdem soll eine sogenannte Hoftorbilanz in der Düngeverordnung verankert werden.

Damit könnten der Nährstoffanfall, der Nährstoffeinsatz und ebenso die Nährstoffverluste für jeden einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb ermittelt und dokumentiert werden.

 

Eine zentrale Forderung von Minister Remmel ist, vom Bund die Möglichkeit zu erhalten, in den Gebieten mit belastetem Grundwasser strengere Anforderungen ausweisen zu können. Bisher ist dies laut geltender Düngeverordnung nicht möglich, eine Unterscheidung zwischen belasteten und unbelasteten Gebieten ist dort nicht vorgesehen. Für dringend hält Minister Remmel daher die Novellierung der Düngeverordnung: „Die derzeitigen Regeln vernachlässigen den Schutz unseres Grundwassers und damit unserer wertvollen Trinkwasserressourcen. Hier ist die Bundesregierung gefragt, endlich unsere Vorschläge zu einer neuen Düngeverordnung anzunehmen und die Möglichkeit zu schaffen, Stickstoffeinträge effektiv zu verringern. Das Ziel muss sein, einen umweltverträglichen Nährstoffkreislauf herzustellen, der individuell für jeden einzelnen Betrieb nachvollziehbar dokumentiert wird“, betonte Remmel.

 

Weshalb in Kreisen mit relativ wenig intensiver Tierhaltung kritische Grundwasserwerte gemessen werden, wie zum Beispiel in den Kreisen Viersen, Düren oder dem Rhein-Kreis-Neuss, muss noch ermittelt werden. Neben der Viehhaltung und Gülle-Importen aus den Niederlanden könnte die Hauptbelastung im hohen Einsatz von Mineraldünger im Acker- und insbesondere im Gemüsebau liegen. Hier will die Landesregierung einen Dialogprozess zum nachhaltigen Gemüsebau starten, mit dem Ziel, die Düngung der Flächen zu optimieren bei gleichzeitiger Einhaltung der hohen Qualitätsstandards, die vom Handel gefordert werden.

 

Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, Telefon 0211 4566-719 (Wilhelm Deitermann).

 

Dieser Pressetext ist auch über das Internet verfügbar unter der Internet-Adresse der Landesregierung http://www.nrw.de

 

 

Hintergrundinformationen:

 

Der NRW-Nährstoffbericht 2014 wurde in diesem Jahr erstmals erstellt. Dafür wurde der Nährstoffanfall von Stickstoff und Phosphat aus der Tierhaltung, aus Gärresten von Biogasanlagen und Klärschlamm auf Kreisebene ermittelt.

Dabei wurden auch erstmals Daten der sogenannten Wirtschaftsdünger-Datenbank genutzt: Seit 2013 muss jeder, der organische Düngemittel wie Gülle, Mist oder Gärreste in Verkehr bringt, die abgegebene Menge sowie alle Abnehmer dieser Düngemittel an die Wirtschaftsdünger-Datenbank der NRW-Landwirtschaftskammer melden. Mit Hilfe dieser Daten konnte kreisscharf die in Gülle enthaltene Menge der beiden Nährstoffe Stickstoff und Phosphat ermittelt werden, die durchschnittlich auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht wird. Diesen Mengen an Nährstoffen wurde der Nährstoffentzug durch den Anbau von Pflanzen gegenüber gestellt. Das Ergebnis waren Nährstoffbilanzen auf Kreisebene.

 

Das Ziel der Erhebung war, den regionalen Nährstoffanfall unter Berücksichtigung der Nährstoffströme zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben nachvollziehbar und transparent zu machen. Demnach wurden mit Wirtschaftsdüngern aus der Tierhaltung, Gärresten aus Biogasanlagen und Klärschlamm rund 170.000 Tonnen Stickstoff und fast 88.000 Tonnen Phosphat auf landwirtschaftliche Flächen in NRW ausgebracht.

 

Für die Belastung des Grundwassers mit Nitraten sind auch hohe Nährstoffverluste bei der Düngung mit Stickstoff verantwortlich. Der Grund liegt darin, dass der in den Boden eingebrachte Stickstoff erst im Boden umgesetzt und durch eine Pflanze genutzt werden muss. Da dies über den gesamten Zeitraum der Bodennutzung geschieht, entstehen Nährstoffverluste und Teile des Stickstoffs sickern bis ins Grundwasser durch oder werden aus den Böden ausgewaschen und gelangen so in die Umwelt. Aus Sicht des Landes NRW sollte deshalb der Eintrag von Stickstoff organischer Herkunft (Gülle, Gärreste, Mist, usw.) auf landwirtschaftliche Flächen auf 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar gedeckelt werden. Derzeit gilt dieser Wert nur für die Ausbringung von Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft (Gülle). Gärreste pflanzlicher Herkunft aus Biogasanlagen fallen bisher nicht darunter. Aus Sicht der NRW-Landesregierung sollten alle organischen Düngemittel in die Begrenzung von 170 kg Stickstoff pro Hektar einbezogen werden, um mögliche Verluste zu minimieren.

 

Parallel zum Nährstoffbericht wurde ein neuer NRW-Nitratbericht 2014 erstellt, der die Belastung der Grundwasserkörper ausführlich dokumentiert.

Ausgewertet wurde die Nitratbelastung im Zeitraum 2010 bis 2013 anhand von mehr als 3700 Grund- und Rohwassermessstellen sowie die Entwicklung der Nitratkonzentrationen ab 1992. Verteilt über das gesamte Land NRW stellt sich die Nitratbelastung des Grundwassers (Ist-Situation und Entwicklung) differenziert dar. Gebiete im Norden und Westen des Landes weisen gleichbleibend hohe und teilweise steigende Nitratkonzentrationen über dem Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter Grundwasser auf. Demgegenüber stehen Gebiete, in denen keine oder zum Teil fallende Nitratwerte gemessen werden.

 

In Gebieten mit Ackernutzung erreichen die aktuellen Nitratkonzentrationen im oberflächennahen Grundwasser Spitzenwerte bis über 300 Milligramm pro Liter. Grundwassermessstellen in Gebieten mit überwiegend intensiver Landwirtschaft und einer Nitratkonzentration über 150 Milligramm pro Liter Grundwasser finden sich in der Städteregion Aachen sowie den Landkreisen, Kleve, Neuss, Mettmann, Viersen, Wesel, Düren, Heinsberg, Rhein-Sieg-Kreis, Borken, Coesfeld, Steinfurt, Warendorf, Bielefeld, Gütersloh, Minden-Lübbecke und Paderborn. Zum Teil werden hier in über 50 Prozent der Grundwassermessstellen die Grenzwerte überschritten.

 

Beide Berichte sind zu finden unter

www.umwelt.nrw.de

 

Informationen zur Belastung des Grundwassers in NRW sind dokumentiert im NRW-Umweltbericht unter https://www.umwelt.nrw.de/extern/epaper/2013/umweltbericht_nrw_2013/#/94/

 


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