22.03.2010 | 00:00:00 | ID: 5139 | Ressort: Umwelt | Veranstaltungen

„Es muss jetzt zügig vorangehen“ Umweltministerin Silke Lautenschläger im Interview mit dem „Wiesbadener Kurier“

Wiesbaden (agrar-PR) - Sie sind ein Jahr im Amt als Umweltministerin. Wie sieht ihre persönliche Energie-Bilanz aus?

Die Ziele für die nächsten zehn Jahre sind gesteckt: zwanzig Prozent Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch ohne Verkehr, gleichzeitig zwanzig Prozent Energieeinsparung. Mir war es wichtig, sowohl Verfechter der erneuerbaren Energien einzubinden als auch Vertreter der Wirtschaft. Wir haben eine gute und differenzierte Grundlage geschaffen. Beifall bekommt in der Energiedebatte leider oft nur derjenige, der einfache Antworten liefert. Ich bin aber dafür, dicke Bretter zu bohren.

Welche Rolle spielt die Windkraft künftig in Hessen?

Wir werden die Windenergie auch in unserem Land ausbauen. Aber wir wollen keine Verspargelung der Landschaft. Die Standorte sollen deshalb in den Regionalversammlungen bestimmt werden. Auch ‚außerhessische’ Standorte sind möglich. Die Landesregierung wird nicht den Fehler der SPD aus den Wahlkämpfen wiederholen und durch strikte Vorgaben zu einem aufgeheizten Klima beitragen.

Wie geht es mit der Förderung der Solarenergie weiter? Eine Kürzung ist ja beschlossen.

Alle Umweltminister der Länder waren sich darüber einig, dass der Bund die Einspeisevergütung für Solarstrom überprüfen muss wegen der Gefahr einer Überförderung. Weil die Produktionskosten in dieser Technik sinken, ist es richtig, auch die Einspeisevergütung abzusenken. Allerdings muss das für alle Beteiligten verlässlich und berechenbar sein.

Was sagen Sie zur aktuellen Forderung der hessischen Unternehmer, die Förderung ganz einzustellen, um den Strom billiger zu machen?

Ich bekenne mich ausdrücklich zum Ausbau der Solarenergie. Deutschland ist Weltmarktführer und hat einen Technologievorsprung, den es zu sichern gilt. Deswegen sollten wir auch keineswegs die Förderung ganz abschaffen oder in Hessen nicht mehr für Sonnenstrom werben. Ich möchte dass die Wertschöpfung auch hier im Lande stattfindet und dass hessische Handwerker davon profitieren. Denn zahlen müssen hessische Verbraucher auch, wenn die Technik auf bayerischen Dächern angebracht wird.

Sie halten an der Kernkraft als notwendiger Brückentechnologie fest. Kommt die im Berliner Koalitionsvertrag vereinbarte Verlängerung der Reaktorlaufzeiten noch rechtzeitig um das Abschalten von Biblis A zu vermeiden oder muss sich die Stromwirtschaft selbst helfen?

Die Stromwirtschaft wird sich zunächst selbst helfen durch Übertragung von Restmengen auf Biblis. Aber sie kann sich auch auf die Zusage der Bundesregierung verlassen, dass im Herbst das Energiekonzept vorliegt, das längere Laufzeiten und Sicherheitsanforderungen regelt. Die Umsetzung muss dann rasch erfolgen.

Ist in dieser Sache nach ihrem Eindruck Zeit vertan worden?

Ich hätte mir ein zügigeres Herangehen an die Verlängerung der Laufzeiten durch Bundesumweltminister Röttgen gewünscht. Wichtig ist, dass es jetzt zügig voran geht. Dabei muss aus sichergestellt sein, dass durch eine Abschöpfung von Gewinnen verstärkt Geld für die Erforschung erneuerbarer Energien zur Verfügung steht.

Wie ist es eigentlich mit dem persönlichen Vorbild der Ministerin beim Klimaschutz und beim Energiesparen? Stichwort Dienstwagen.

Ich achte bei meinem Dienstwagen auf die Erfüllung der neuesten Schadstoffnorm, also EU 6. Außerdem erstellen wir gerade ein Konzept, bei dem es um den Einsatz von Elektrofahrzeugen geht. Viel wichtiger ist aber der Bereich Raumheizung und Warmwasserbereitung. Das machen wir zu Hause klimaneutral mit Holz.

Haben Sie als Umweltministerin inzwischen mehr Verständnis für grüne Thesen?

Dass wir in der CDU mehr Sensibilität für die Bewahrung der Schöpfung zeigen, ist sicher richtig. Und natürlich hat auch die Union einen Prozess mitgemacht, der zu einer stärken Öffnung für erneuerbare Energien geführt hat. Wir werden es uns aber nicht so leicht machen mit Antworten wie die Grünen, die immer das eine fordern und das andere ausschließen. Wir setzen auf eine pragmatische und vernünftige Umwelt- und Energiepolitik, die auch die wirtschaftlichen Folgen bedenkt.

Können Sie sich eine engere Zusammenarbeit mit den Grünen bis hin zur Koalition vorstellen?

Für den Bund und die hessische Landespolitik stellt sich die Frage derzeit sicher nicht. Anders sieht das auf kommunaler Ebene aus, wo es ja vernünftige Modelle der Zusammenarbeit etwa in Frankfurt oder hier in Wiesbaden gibt. Politik hängt stark davon ab, wie man zusammenarbeiten kann wie der Umgangston untereinander ist – und in Hessen klappt das am besten mit der FDP.
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