Wiesbaden (agrar-PR) - Sie sind ein Jahr im Amt als Umweltministerin. Wie sieht ihre
persönliche Energie-Bilanz aus?
Die Ziele für die nächsten zehn Jahre sind gesteckt: zwanzig Prozent
Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch ohne Verkehr,
gleichzeitig zwanzig Prozent Energieeinsparung. Mir war es wichtig,
sowohl Verfechter der erneuerbaren Energien einzubinden als auch
Vertreter der Wirtschaft. Wir haben eine gute und differenzierte
Grundlage geschaffen. Beifall bekommt in der Energiedebatte leider oft
nur derjenige, der einfache Antworten liefert. Ich bin aber dafür, dicke
Bretter zu bohren.
Welche Rolle spielt die Windkraft künftig in Hessen?
Wir werden die Windenergie auch in unserem Land ausbauen. Aber wir
wollen keine Verspargelung der Landschaft. Die Standorte sollen deshalb
in den Regionalversammlungen bestimmt werden. Auch ‚außerhessische’
Standorte sind möglich. Die Landesregierung wird nicht den Fehler der
SPD aus den Wahlkämpfen wiederholen und durch strikte Vorgaben zu einem
aufgeheizten Klima beitragen.
Wie geht es mit der Förderung der Solarenergie weiter? Eine
Kürzung ist ja beschlossen.
Alle Umweltminister der Länder waren sich darüber einig, dass der
Bund die Einspeisevergütung für Solarstrom überprüfen muss wegen der
Gefahr einer Überförderung. Weil die Produktionskosten in dieser Technik
sinken, ist es richtig, auch die Einspeisevergütung abzusenken.
Allerdings muss das für alle Beteiligten verlässlich und berechenbar
sein.
Was sagen Sie zur aktuellen Forderung der hessischen
Unternehmer, die Förderung ganz einzustellen, um den Strom billiger zu
machen?
Ich bekenne mich ausdrücklich zum Ausbau der Solarenergie.
Deutschland ist Weltmarktführer und hat einen Technologievorsprung, den
es zu sichern gilt. Deswegen sollten wir auch keineswegs die Förderung
ganz abschaffen oder in Hessen nicht mehr für Sonnenstrom werben. Ich
möchte dass die Wertschöpfung auch hier im Lande stattfindet und dass
hessische Handwerker davon profitieren. Denn zahlen müssen hessische
Verbraucher auch, wenn die Technik auf bayerischen Dächern angebracht
wird.
Sie halten an der Kernkraft als notwendiger
Brückentechnologie fest. Kommt die im Berliner Koalitionsvertrag
vereinbarte Verlängerung der Reaktorlaufzeiten noch rechtzeitig um das
Abschalten von Biblis A zu vermeiden oder muss sich die Stromwirtschaft
selbst helfen?
Die Stromwirtschaft wird sich zunächst selbst helfen durch
Übertragung von Restmengen auf Biblis. Aber sie kann sich auch auf die
Zusage der Bundesregierung verlassen, dass im Herbst das Energiekonzept
vorliegt, das längere Laufzeiten und Sicherheitsanforderungen regelt.
Die Umsetzung muss dann rasch erfolgen.
Ist in dieser Sache nach ihrem Eindruck Zeit vertan worden?
Ich hätte mir ein zügigeres Herangehen an die Verlängerung der
Laufzeiten durch Bundesumweltminister Röttgen gewünscht. Wichtig ist,
dass es jetzt zügig voran geht. Dabei muss aus sichergestellt sein, dass
durch eine Abschöpfung von Gewinnen verstärkt Geld für die Erforschung
erneuerbarer Energien zur Verfügung steht.
Wie ist es eigentlich mit dem persönlichen Vorbild der
Ministerin beim Klimaschutz und beim Energiesparen? Stichwort
Dienstwagen.
Ich achte bei meinem Dienstwagen auf die Erfüllung der neuesten
Schadstoffnorm, also EU 6. Außerdem erstellen wir gerade ein Konzept,
bei dem es um den Einsatz von Elektrofahrzeugen geht. Viel wichtiger ist
aber der Bereich Raumheizung und Warmwasserbereitung. Das machen wir zu
Hause klimaneutral mit Holz.
Haben Sie als Umweltministerin inzwischen mehr Verständnis
für grüne Thesen?
Dass wir in der CDU mehr Sensibilität für die Bewahrung der Schöpfung
zeigen, ist sicher richtig. Und natürlich hat auch die Union einen
Prozess mitgemacht, der zu einer stärken Öffnung für erneuerbare
Energien geführt hat. Wir werden es uns aber nicht so leicht machen mit
Antworten wie die Grünen, die immer das eine fordern und das andere
ausschließen. Wir setzen auf eine pragmatische und vernünftige Umwelt-
und Energiepolitik, die auch die wirtschaftlichen Folgen bedenkt.
Können Sie sich eine engere Zusammenarbeit mit den Grünen bis
hin zur Koalition vorstellen?
Für den Bund und die hessische Landespolitik stellt sich die Frage
derzeit sicher nicht. Anders sieht das auf kommunaler Ebene aus, wo es
ja vernünftige Modelle der Zusammenarbeit etwa in Frankfurt oder hier in
Wiesbaden gibt. Politik hängt stark davon ab, wie man zusammenarbeiten
kann wie der Umgangston untereinander ist – und in Hessen klappt das am
besten mit der FDP.