Berlin/Nagoya (Japan) (agrar-PR) - Knapp eine Woche vor Beginn der zehnten
Weltnaturschutzkonferenz in Nagoya (18. bis 29. Oktober) hat der Bund
für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Bundesregierung
aufgefordert, sich für wirksame Maßnahmen und deren ausreichende
Finanzierung zum Stopp des weltweiten Biodiversitätsverlustes
einzusetzen. Das Ziel der Weltgemeinschaft, den Schwund der biologischen
Vielfalt bis 2010 signifikant zu verlangsamen, wurde verfehlt.
"Bundesumweltminister Norbert Röttgen muss jetzt dafür sorgen, dass die
europäische Delegation die Verhandlungen vorantreibt", sagte der
BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. "Die Weltnaturschutzkonferenz in Nagoya
darf kein zweites Kopenhagen werden. Zuviel steht auf dem Spiel. Der
Schutz der biologischen Vielfalt ist der Schutz unserer
Lebensgrundlagen."
Um als glaubwürdiger Verhandlungspartner auftreten
zu können, müsse Deutschland jedoch auch seine eigenen "Hausaufgaben"
machen. Unter Kanzlerin Angela Merkel sei zwar die Nationale
Biodiversitätsstrategie zum Schutz der biologischen Vielfalt
verabschiedet worden. Viele Ressorts weigerten sich jedoch, die
Strategie umzusetzen. Mit Stuttgart 21, dem Elbe- und Donauausbau sowie
der Planung überflüssiger Straßen- und Autobahnabschnitte behindere vor
allem Verkehrsminister Peter Ramsauer den Biodiversitätsschutz. Auch der
von Agrarministerin Ilse Aigner befürwortete Ausbau der industriellen
Landwirtschaft sei "tödlich" für den Natur- und Artenschutz.
Weiger: "Statt sich für Stuttgart 21 stark zu
machen, muss Kanzlerin Merkel endlich ein Machtwort für die Umsetzung
des Biodiversitätsschutzes in Deutschland sprechen und die Minister
Ramsauer und Aigner in die Pflicht nehmen." Aigner dürfe nicht länger
das Ziel blockieren, mindestens fünf Prozent der Waldfläche in Form von
großen Schutzgebieten dauerhaft der natürlichen Entwicklung zu
überlassen. Weitere fünf Prozent müssten in Form von Trittsteinbiotopen
hinzukommen.
Der BUND forderte von der Bundesregierung die
umgehende Veröffentlichung des Indikatorenberichts, der die Gefährdung
der biologischen Vielfalt in Deutschland dokumentiere. Für bundeseigene
Flächen müsse ein sofortiger Verkaufsstopp dafür sorgen, dass ein
Flächenpool für den Biodiversitätsschutz geschaffen werden kann. Um
Tiere und Pflanzen zu schützen, sei eine extensive Bewirtschaftung von
Wäldern und Agrarflächen wichtig, ebenso wie Biotopverbünde und
Rückzugsräume in Form von strengen Schutzgebieten. Außerdem müssten in
allen NATURA-2000-Meeresschutzgebieten den Meeresgrund schädigende
Fischereitechniken umgehend verboten werden.
Um den weltweiten Biodiversitätsverlust zu stoppen,
müssen die 193 Vertragsstaaten der Konvention über die biologische
Vielfalt (CBD, Convention on Biological Diversity) in Nagoya einen neuen
Strategischen Plan mit ambitionierten und konkreten Zielvorgaben
verabschieden. Ihre Zustimmung dazu wollen die Länder des globalen
Südens abhängig machen von einer fairen Einigung über einen gerechten
Vorteilsausgleich bei der Nutzung genetischer Ressourcen und einer
ausreichenden Finanzierung des Biodiversitätsschutzes.
Nicola Uhde, BUND-Naturschutzexpertin: "Damit
die Weltnaturschutzkonferenz ein Erfolg wird, müssen sich Deutschland
und die anderen europäischen Staaten auf die Länder des Südens
zubewegen. Die Industrienationen profitieren von der stabilisierenden
Wirkung der Regenwälder auf das Weltklima und dürfen die Kosten für
ihren Erhalt nicht den Ländern des Südens allein überlassen.
Pharmakonzerne und andere Industrien bei uns nutzen zum Beispiel die
enorme Artenvielfalt dieser Länder für die Entwicklung von Medikamenten
und anderen Produkten. Es ist überfällig, dass die Gewinne gerecht
verteilt werden."
Pressekontakt in Nagoya
Der BUND und sein internationales Netzwerk Friends
of the Earth (FoE) werden die Weltnaturschutzkonferenz in Nagoya
begleiten. Sie erreichen vor Ort:
Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender
Kai Frobel, Sprecher BUND-Bundesarbeitskreis Naturschutz
Nicola Uhde, BUND-Naturschutzexpertin
bund.nagoya@gmx.net
Die Mobilnummern in Japan erhalten Sie über die Pressestelle in Berlin.