Berlin (agrar-PR) - Nach Recherchen des Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland (BUND) verstoßen zahlreiche große deutsche Handelsketten
gegen die europäische Chemikalienverordnung REACH (Registrierung,
Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien). Laut der Verordnung sind
Händler verpflichtet, Verbrauchern auf Anfrage in einem Produkt
enthaltene Schadstoffe zu nennen. Der BUND stellte entsprechende
Anfragen bei 24 bekannten Handelsketten und ließ die Produkte zugleich
von einem Labor prüfen. Acht Unternehmen gaben meldepflichtige
Schadstoffe nicht wahrheitsgemäß an, darunter Neckermann, Medimax sowie
die Drogeriemarktketten dm und Rossmann. Neun weitere Händler reagierten
auf entsprechende Anfragen gar nicht, machten unzulängliche Angaben
oder antworteten erst nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist von 45
Tagen. Lediglich sieben der 24 angefragten Unternehmen kamen ihren
gesetzlichen Pflichten korrekt nach.
Jurek Vengels, BUND-Experte für Chemikalienpolitik:
"Es ist inakzeptabel, dass sehr viele Händler nicht pflichtgemäß über
Schadstoffe in ihren Waren informieren. Damit verstoßen sie gegen die im
europäischen Recht festgelegten Auskunftsrechte der Verbraucher. Unsere
Recherche belegt aber auch, dass Schadstoffe in Alltagsprodukten immer
noch weit verbreitet sind. Die Händler müssen solche Artikel
unverzüglich durch schadstofffreie Produkte ersetzen."
In 14 der getesteten Artikel fand das Labor
Weichmacher (Phthalate) und in zweien bromierte Flammschutzmittel. Die
gefundenen Weichmacher gelten als schädlich für die
Fortpflanzungsfähigkeit. Die giftigen Flammschutzmittel beziehungsweise
deren Abbauprodukte reichern sich im Organismus und der Umwelt an. Fünf
Produkte, darunter ein Massageschwamm von dm und eine Federmappe für
Schulkinder der Handelskette Jako-o, enthielten gleich mehrere
Schadstoffe. Am höchsten belastet waren Regenstiefel, die beim
Versandhaus Schwab gekauft worden waren. Diese bestanden zu mehr als 36
Prozent aus dem Weichmacher DEHP (Diethylhexylphthalat).
Martin Führ, Professor für Öffentliches Recht an der
Hochschule Darmstadt und Mitglied des Verwaltungsrats der Europäischen
Chemikalienagentur ECHA: "Das europäische Chemikalienrecht garantiert
Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Auskunftsrecht, damit sie die
Chance haben, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen. Verbraucher
sollten diese Möglichkeit nutzen, um dem Handel zu signalisieren, dass
sie keine Produkte mit problematischen Stoffen kaufen wollen. Dadurch
steigt der Druck auf Hersteller und Händler, belastete Ware
auszulisten."
Hintergrundpapier mit vollständigen Testergebnissen
Weitere Informationen und ein Musterbrief für Verbraucheranfragen nach Schadstoffen unter
www.bund.net/gift-stoppen