29.06.2016 | 22:05:00 | ID: 22544 | Ressort: Verbraucher | Verbraucherschutz

Durchwachsen: Bilanz der Weinüberwachung 2015

Mainz (agrar-PR) - Weinbauminister Dr. Volker Wissing und der Präsident des Landesuntersuchungsamtes (LUA) Dr. Stefan Bent haben heute in Mainz die Jahresbilanz der Weinüberwachung 2015 vorgestellt.
Viele kleine Beanstandungen, aber auch einige schwere Verstöße – so lautet das Resümee der Jahresbilanz 2015 zur Weinüberwachung, die Weinbauminister Dr. Volker Wissing gemeinsam mit dem Präsidenten des Landesuntersuchungsamtes (LUA), Dr. Stefan Bent, in Mainz vorgestellt hat.

Die Spezialisten des LUA haben im vergangenen Jahr knapp 5.750 Kontrollen vor Ort durchgeführt und gut 4.300 Proben im Weinlabor untersucht. „Die Betriebskontrollen und die Laboruntersuchungen schützen die Verbraucher und die redlich arbeitenden Winzer vor den schwarzen Schafen der Branche“, betonte Minister Wissing.

Ergebnis für das Jahr 2015: Insgesamt wurden 451 Proben (10,5 Prozent) beanstandet, weil die Weine nicht den rechtlichen Vorgaben entsprachen. 108 Proben (2,5 Prozent) mussten wegen Grenzwertverstößen oder unzulässiger Weinbehandlung aus dem Verkehr genommen werden. „Hinter diesen vergleichsweise geringen Zahlen stehen mitunter zig tausende Liter illegal behandelter Wein, die vernichtet werden müssen“, erläuterte LUA-Präsident Dr. Stefan Bent. Gemeinsam mit Minister Dr. Wissing präsentierte er ausgewählte Schlaglichter aus der Arbeit der Weinkontrolleure und Weinchemiker.

Eiswein-Lese: Kurze Frostperiode genutzt

Eisige Handarbeit: Von den 205 rheinland-pfälzischen Winzern, die ihre Absicht bekundet hatten, Eisweintrauben des Jahrgangs 2015 zu ernten, haben letztlich 67 diesen Plan während der kurzen Frostperiode Mitte Januar 2016 in die Tat umgesetzt. Allerdings mussten die Lesehelfer die Weinberge von Hand auslesen, um verfaulte und damit für die Eisweinherstellung ungeeignete Trauben zu entfernen. Gekeltert wurden insgesamt schätzungsweise 40.000 Liter Eisweinmost.

„Für die Winzer und die Weinüberwachung bedeutete die Eisweinlese einen enormen Aufwand“, berichtete Wissing. Winzer, die Eiswein herstellen wollen, müssen die dafür vorgesehenen Rebflächen bei der Landwirtschaftskammer anmelden. Die Weinkontrolle des LUA überprüft in der Folge regelmäßig vor Ort, ob sich die Trauben noch für Eiswein eignen. Hintergrund dieses hohen Aufwandes ist der Streit um den Eiswein-Jahrgang 2011. Obwohl der Winter zu warm gewesen war, hatten viele Winzer in einer kurzen Frostperiode Eiswein geerntet. Die Landwirtschaftskammer lehnte bei der anschließenden Qualitätsweinprüfung fast alle Eisweine ab und berief sich dabei auf die Kontroll- und Analysenergebnisse des LUA.

Bei den darauf folgenden Gerichtsprozessen bekamen die Weinüberwachung und die Landwirtschaftskammer Recht. Zuletzt hat das Oberverwaltungsgericht Koblenz entschieden, dass das Lesegut für Eiswein gesund und vollständig durchgefroren sein muss. „Die Gerichte haben klargestellt, dass Eiswein ein Qualitätsprodukt mit sehr hohen Anforderungen ist“, bilanzierte der Weinbauminister.

Glycerinzusatz: Manche Winzer unbelehrbar

Es hat sich offensichtlich noch immer nicht überall herumgesprochen: Die unzulässige Zugabe von Glycerin macht Weine zwar vollmundiger, ist aber im Labor nachweisbar. Auch 2015 verfingen sich osteuropäische Weinerzeugnisse im Untersuchungsnetz des LUA. Bei vier Krimsekten eines Herstellers aus der Ukraine sowie bei zwei Erzeugnissen aus der Republik Moldau (ein Weißwein und ein roter Schaumwein) wurde ein illegaler Glycerinzusatz festgestellt. Bei zwei der vier Krimsekte wurde obendrein nachgewiesen, dass sie gewässert wurden – auch das ist nicht zulässig. Weinbauminister Wissing: „Auffällig ist, dass der illegale Zusatz von Glycerin in den vergangenen Jahren ausschließlich bei Weinen aus dem Ausland vorgekommen ist.“

Aromatisierung: Weine, die es in sich haben

Qualität mit Geschmäckle: Auch 2015 versuchten Winzer im In- und Ausland, ihren Weinen mit künstlichen Aromen geschmacklich auf die Sprünge zu helfen. „Der Zusatz von weinfremden oder künstlichen Aromastoffen ist nach geltendem Recht verboten“, erklärte Minister Wissing. Einige besonders dreiste Täuschungsversuche habe es mit Vanillearomen gegeben.

Bei einem Rotwein aus Rheinland-Pfalz wurde schon in der Landwirtschaftskammer bei der Verkostung der Qualitätsweinprüfung ein intensiver Vanillegeschmack festgestellt. Der Wein wurde auf dem Etikett als „im Barrique gereift“ beworben. Die Weinchemiker des LUA fanden heraus, dass dieser Wein weder im Barriquefass gelagert noch mit Holzchips behandelt worden war. Mit diesem Ergebnis konfrontiert, gab der betroffene Winzer schließlich zu, Spirituosen mit Vanillegeschmack zugesetzt zu haben. Verkaufen durfte er seinen „Verschnitt“ nicht mehr.

In einem Roséwein aus Südmoldawien wiederum wurde Ethylvanillin festgestellt, ein im Wein verbotener künstlicher Aromastoff, der minderwertigen Wein aufpeppen soll. Ein italienischer Rotwein mit geschützter Ursprungsbezeichnung zeigte bei der Verkostung untypische sensorische Eindrücke. Das Ergebnis der Untersuchung im Labor: Die Aromatik dieses Chiantis wurde entgegen der Beschreibung auf dem Etikett nicht durch eine Reifung im Holzfass hervorgerufen, sondern durch den unzulässigen Zusatz von gleich drei Aromastoffen. Wissing: „Dieser Chianti durfte natürlich so nicht mehr verkauft werden“.

Süße Versuchung: Zucker soll Qualität erhöhen

Es waren zwar mehrere Winzer, die 2015 versuchten, ihre Weine mit Hilfe von Zucker qualitativ aufzuwerten. Einer ging dabei allerdings besonders dreist vor: Obwohl die Weinkontrolle des LUA während der Ernte im Herbst 2014 vor Ort zu der Einschätzung gekommen war, dass höhere Prädikatsstufen nur in geringem Umfang zu erreichen waren, hatten er und einige andere rheinland-pfälzische Betriebe überproportional hohe Erntemengen mit einem großen Anteil an Prädikatsweinen eingebracht. LUA-Präsident Dr. Stefan Bent: „Weil normalerweise die geerntete Menge bei steigender Güte eher abnimmt, haben unsere Weinkontrolleure in diesen Betrieben ganz gezielt Proben entnommen.

Ergebnis aus dem Labor: Besagter Winzer, der schon mehrfach wegen Weinverfälschungen aufgefallen war und dieses Mal etwa 30 Prozent der Erntemenge an Beerenauslese und Trockenbeerenauslese als sein Betriebsergebnis gemeldet hatte, wurde erneut überführt: Sämtliche Prädikatsweine bis hin zur Trockenbeerenauslese waren mit Zucker versetzt. Diese so genannte Anreicherung ist bei Prädikatsweinen jedoch unzulässig. Eine „Süßung“ ist nur durch Zugabe von Traubenmost erlaubt. Verwendet werden darf Zucker zur Erhöhung des Alkoholgehaltes bei Land- und Qualitätsweinen. Er muss dabei allerdings zu Alkohol vergären.

Qualitätswein: Ohne Nummer geht es nicht

Der Weinüberwachung fallen immer wieder Qualitäts- und Prädikatsweine auf, die keine oder eine gefälschte Amtliche Prüfungsnummer haben. „2015 war da leider keine Ausnahme“, so LUA-Präsident Bent. Die AP-Nummer ist für diese Weinkategorien aber ein absolutes Muss. Bent nannte verschiedene Varianten der Täuschung: Variante 1: 2015 fielen fünf Betriebe auf, die zum Teil über mehrere Jahre Qualitätsweine und Prädikatsweine ohne Amtliche Prüfungsnummer in Verkehr gebracht haben. Betroffen war eine Gesamtmenge von rund 224.000 Liter. Einer der fünf Winzer hatte es darüber hinaus versäumt, für zwei Weine mit einer Gesamtmenge von 55.000 Liter nach erteilter Fass-AP-Nummer „Abfüllanzeige“ zu erstatten. Die abgefüllten Flaschen brachte er damit ohne Amtliche Prüfungsnummer in Verkehr.

Variante 2: Aufgrund einer anonymen Anzeige wurde ein Betrieb überprüft, der zwei Weine mit AP-Nummern in Verkehr gebracht hat, obwohl die Weine zuvor bei der Qualitätsweinprüfung durchgefallen waren und keine Nummer bekommen hatten. Zwei weitere Weine hat der Winzer gar nicht erst zur Qualitätsweinprüfung angestellt, sie aber dennoch als Qualitätsweine mit fiktiven AP-Nummern in Verkehr gebracht.

Variante 3: Ein Betrieb, der bereits wiederholt wegen Zuckerung von Prädikatsweinen aufgefallen war, vermarktete einfach einen anderen als den bei der Qualitätsweinprüfung angestellten Wein mit dessen AP-Nummer. Er nutzte diese Variante, um sich eine AP-Nummer für das Prädikat Eiswein zu erschleichen, indem er eine Beerenauslese, die bereits eine AP-Nummer hatte, als „Eiswein“ erneut zur Qualitätsweinprüfung anstellte.

Weinfestkontrollen: Wenig getrübte Freude

2015 haben die Mitarbeiter der Weinüberwachung bei 37 Kontrollen große und kleine Weinfeste in Rheinland-Pfalz überprüft. Zwar war die Beanstandungsquote der bei den Kontrollen entnommenen Stichproben erfreulich gering – doch die dabei aufgedeckten Verstöße hatten es in sich.

Bei einem Weinfest wurden zwei Weine als Qualitätswein angeboten, denen keine amtliche Prüfungsnummer zugeteilt worden war. Kein Ausrutscher, wie die anschließende Kontrolle im Erzeugerbetrieb ergab: Insgesamt waren von dort rund 15.400 Liter Wein mit fiktiven Prüfungsnummern als Qualitätswein bzw. Prädikatswein in Verkehr gebracht worden.

Auf einem Weinfest an der Mosel wurde die 2014er Riesling Beerenauslese eines Betriebes beprobt, der schon seit einigen Jahren auffällig viele Prädikatsweine in Verkehr bringt. Die Weinkontrolleure hatten den richtigen Riecher: Bei der Laboranalyse stellte sich heraus, dass der Wein unzulässig mit Saccharose - also weinfremdem Zucker - gesüßt worden war.

„Uns geht es mit diesen Kontrollen auch darum, die hohe Qualität der auf diesen Festen angebotenen Weine sicherzustellen, die auch unter touristischen Gesichtspunkten ein Aushängeschild für unsere Weinbauregionen sind“, erläutert Minister Dr. Volker Wissing. (mwvlw-rlp)
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