10.03.2017 | 17:30:00 | ID: 23797 | Ressort: Verbraucher | Verbraucherschutz

Hessen kritisiert geplantes Datenschutzgesetz

Wiesbaden (agrar-PR) - Ministerin Priska Hinz will im Bundesrat Verbrauchrechte stärken / Einsatz gegen unseriöse Geschäfte am Telefon

„Die Bundesregierung hat die EU-Datenschutzgrundverordnung verwässert. Das Gesetz lässt Hintertüren für Unternehmen zum Nachteil von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Es ist eher ein Erleichterungsgesetz für die Datenverarbeitung als ein wirklicher Beitrag zum Datenschutz“, sagte die hessische Verbraucherschutzministerin Priska Hinz am Freitag im Bundesrat. Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland wären mit dem Gesetz künftig datenschutzrechtlich schlechter gestellt als die Bürgerinnen und Bürger anderer EU-Mitgliedsstaaten. Das Gesetz stelle bewährte datenschutzrechtliche Errungenschaften in Frage statt sie zu stärken. Hessen hat daher eine Vielzahl von Änderungsanliegen in die Beratungen des Bundesrates eingebracht, denen der Bundesrat heute in den wesentlichen Punkten gefolgt ist.

„Es besteht dringend Handlungsbedarf, denn der Gesetzentwurf schränkt die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher unzumutbar ein“, so Ministerin Hinz. Dies sei zum Beispiel bei der Informationspflicht im Hinblick auf die Weiterverwendung personenbezogener Daten für einen Zweck, für den die Daten nicht erhoben wurden, der Fall. Auch beim Thema Gesundheitsdaten sehe sie noch erheblichen Nachbesserungsbedarf. „Geht es nach dem Entwurf des Bundes, könnten Versicherungen bald auch Gesundheitsdaten verwenden, ohne vorher das Einverständnis der Patienten einzuholen. Damit würde der Schutzstandard massiv abgesenkt. Die Verarbeitung von Daten aus Wearables, wie beispielsweise Fitnessarmbändern, oder Gesundheits-Apps durch die Versicherungen muss weiter beschränkt werden“, forderte die Ministerin.

„Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht darauf, zu wissen was mit ihren Daten geschieht und an wen die Daten gehen. Sie müssen das Recht haben, dem Verfahren zu widersprechen“, betonte Priska Hinz. Das gelte auch für die Forderung nach einer besseren Auskunftsregelung beim sogenannten Scoring. Dahinter steckt ein Verfahren zur Einschätzung der Kreditwürdigkeit von Verbraucherinnen und Verbrauchern. „In diesem Bereich war der Datenschutz bereits im alten Gesetz schlecht geregelt. Und im neuen Entwurf wird es auch nicht besser. Wir möchten eine Auskunftsregelung, damit die Bürgerinnen und Bürger nicht nur ihren Score-Wert erfahren, sondern auch wie dieser zustande kommt“, so die Ministerin.

Ein weiterer Punkt im Gesetzentwurf, der gegenüber dem harmonisierten europäischen Datenschutzrechts aufgeweicht werden soll, ist das „Recht auf Vergessen werden“ – ein Kernelement der EU-Datenschutzgrundverordnung. Abweichungen hiervon sind nur unter strengsten Voraussetzungen und nur aus Gründen von überragender Bedeutung im Rahmen einer Öffnungsklausel zulässig. „Unverhältnismäßiger Aufwand“ und „Wirtschaftlichkeit“, wie im Regierungsentwurf vorgesehen, sind keine Gründe dafür.

Hessen setzt sich im Bundesrat gegen unseriöse Geschäfte am Telefon ein

Die hessische Landesregierung setzt sich im Bundesrat zudem für einen besseren Schutz bei unerwünschter Telefonwerbung ein. Der Grund dafür ist, dass Beschwerden über untergeschobene Verträge ständig zunehmen. „Ich bin es leid, jede Woche von einer neuen Abzockmasche zu lesen. Verbraucherinnen und Verbraucher benötigen endlich einen umfassenden Schutz bei allen Verträgen, die am Telefon geschlossen werden“, erklärte Hinz. Mit einem gemeinsamen Gesetzesantrag mit Baden-Württemberg soll dieses Ziel erreicht werden.

„Unerwünschte Anrufe und dabei untergeschobene Verträge stellen nach wie vor eine unzumutbare Belästigung für viele Menschen dar. Wir brauchen eine gesetzliche Nachbesserung, nach der Vertragsabschlüsse aufgrund eines unerlaubten Telefonanrufs nur wirksam sind, wenn der Verbraucher diese in Textform bestätigt. Reagiert der Verbraucher nicht, kommt kein Vertrag zustande“, erklärt die Ministerin. Nur so lasse sich dauerhaft die wirtschaftliche Attraktivität der unerwünschten Telefonwerbung effektiv bekämpfen. „Damit schaffen wir Sicherheit für die Bürger und senden ein starkes Signal gegen den Betrug bei der Werbung am Telefon“, sagte die Verbraucherschutzministerin. Die aktuelle Gesetzeslage sieht vor, dass unerlaubte Telefonwerbung nur im Bereich der Gewinnspieldienste einer textlichen Bestätigung bedarf. Diese Bestätigungslösung hat zu einem deutlichen Rückgang in dem Bereich geführt. Eine generelle Ausweitung erscheint daher sinnvoll.

Hintergrund:

Datenschutz-Novelle: Die aktuelle Datenschutz-Novelle ist durch europäische Vorgaben notwendig geworden. Am 14. April 2016 wurde die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) durch das Europäische Parlament beschlossen und trat am 24. Mai 2016 in Kraft. Ihre unmittelbare Anwendung in den Mitgliedstaaten beginnt ab dem 25. Mai 2018. In der Zwischenzeit muss der nationale Rechtsrahmen an die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung angepasst werden. Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung ein „Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Kabinett beschlossen. Das bisherige Bundesdatenschutzgesetz soll durch ein neues Bundesdatenschutzgesetz abgelöst werden.

Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken: Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken ist am 9.10.2013 in Kraft getreten. Die seitdem geltenden Regelungen sollen auch der wirksameren Bekämpfung unerlaubter Werbeanrufe dienen. Damit Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor „untergeschobenen“ Gewinnspieldiensteverträgen geschützt werden, gilt für diese Verträge seit dem 9.10.2013 ein Textformerfordernis, sodass sie insbesondere nicht mehr am Telefon abgeschlossen werden können. Die Zahlen der Bundesnetzagentur und der Verbraucherzentrale zeigen, dass es eines weitergehenden Schutzes, insbesondere in der Form der sogenannten Bestätigungslösung, bedarf. Nach den Umfrageergebnissen des Bundesverbandes Verbraucherzentrale von 2014 geht die Belästigung bei den Telefonanrufen nicht nur von Gewinnspielen aus. Auch der Vertrieb von Produkten der Telefon- oder Internetdiensteanbieter, der Energieversorger, der Banken, der Versicherungen und der Zeitschriftenverlage haben hohe Anteile bei den Nennungen.

 

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