Bad Kreuznach (agrar-PR) - Im Zuge der Diversifizierung landwirtschaftlicher
Unternehmen, aber auch im Hinblick auf die Nutzung und Pflege von
Grenzstandorten, haben sich in den letzten zehn Jahren auch verschiedene
Arten der landwirtschaftlichen Wildtierhaltung etabliert, die sowohl
nach dem steuerlichen Bewertungsrecht, der Einkommenssteuerpflicht, aber
auch baurechtlich der Landwirtschaft zuzuordnen sind. Dennoch gibt es
einige Grenzfälle der landwirtschaftlichen Wildtierhaltung, die als
Hobby oder Liebhaberei angesehen werden und somit nicht der
Landwirtschaft zuzuordnen sind. Im Folgenden sollen die Kriterien zur
Abgrenzung zwischen Landwirtschaft und Liebhaberei bezüglich der Haltung
sonst wildlebender Tiere dargestellt werden.
Grundlage des Kriteriums "Landwirtschaft"
nach dem Baugesetzbuch ist § 201. Danach ist Landwirtschaft insbesondere
der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich
Tierhaltung. Bei der Tierhaltung ist Voraussetzung, dass das Futter
überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden
landwirtschaftlichen genutzten Flächen erzeugt werden kann. Der
Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch die gartenbauliche
Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und
die berufsmäßige Binnenfischerei unter den Begriff Landwirtschaft
fallen. Ein in § 201 nicht genannter Begriff, der für die Auslegung aber
wesentliche Bedeutung hat, ist die Definition der "unmittelbaren
Bodenertragsnutzung". Es ist daraus ableitend erforderlich, dass die mit
der Tierhaltung erzeugten landwirtschaftlichen Produkte (Fleisch,
Milch, Felle, Zuchttiere) immer eine Bodennutzung voraussetzen. Nur bei
der bodengebenden Tierhaltung ist daher der Begriff "Landwirtschaft"
nach § 201 BauGB gesetzlich gesichert festzustellen. Eine Tierhaltung
ohne eigene betriebliche Futtergrundlage, also ohne unmittelbare
Bodenertragsnutzung, fällt daher nicht unter den Begriff Landwirtschaft.
Alles was unter den Begriff Landwirtschaft fällt,
ist jedoch noch nicht gleichzusetzen mit dem Begriff des
"landwirtschaftlichen Betriebes" nach § 35 BauGB. § 35 BauGB formuliert
im Absatz 1 die Anforderungen, die erfüllt sein müssen, wenn im
Außenbereich bauliche Anlagen errichtet werden sollen. Der
landwirtschaftliche Betrieb ist immer dann nicht als Liebhaberei oder
Hobby anzusehen, wenn die Tätigkeit einen erheblichen Umfang hat,
ernsthaft betrieben wird und beständig ist. Als wichtigstes Indiz muss
allerdings die Gewinnerzielungsabsicht nachgewiesen werden. Nur wenn die
landwirtschaftliche Tätigkeit auf Dauer angelegt ist und die
wirtschaftliche Lebensfähigkeit bestätigt werden kann, ist eine
landwirtschaftliche Tätigkeit nach § 201 BauGB gleichzeitig auch als
landwirtschaftlicher Betrieb nach § 35 (1) 1 BauGB anzusehen.
Bei Bauvorhaben der landwirtschaftlichen
Wildtierhaltung sind also zwei Dinge zu prüfen. Zum Einen muss es sich
um eine unmittelbare Bodenertragsnutzung handeln, die zur Erzeugung
tierischer Produkte beiträgt. Gleichzeitig müssen die für das
Unternehmen erforderlichen Aufwendungen und Kosten (Investition,
Abschreibung, laufende Kosten) durch Erlöse der Veräußerung der
erzeugten Produkte gedeckt werden können und es muss darüber hinaus noch
ein Gewinn erzielt werden.
So kann zum Beispiel die Haltung von Wildschweinen
kaum als Landwirtschaft angesehen werden, weil hier das Kriterium der
Bodenertragsnutzung nicht gegeben ist. Ob Rotwild als
landwirtschaftliche Tierhaltung angesehen werden kann, ist sehr stark
abhängig davon, ob es sich um wirkliche "Wildtiere" handelt, oder
"domestizierte Arten", die unter voller Verfügungsgewalt des Halters
stehen. Losgelöst von tierschutzrechtlichen Aspekten ist es
erforderlich, dass Rotwild auf den zur Verfügung stehenden Flächen des
Halters ernährt werden können. Soweit es sich bei einer Rotwildhaltung
nicht um gezielte Weidehaltung handelt, sondern die Tiere sich über das
natürliche Futtervorkommen eines Geheges selbst ernähren müssen, also
die Tiere sich das Futter selbst suchen müssen und darüber hinaus der
Bedarf an Futter durch Zukauf gedeckt wird, handelt es sich nicht um
Landwirtschaft. Reichen die Weideflächen für eine Rotwildhaltung nicht
aus und muss grundsätzlich Futter zugekauft werden, weil keine eigenen
betriebszugehörigen Flächen zur Verfügung stehen, so ist auch dies nicht
dem Bereich der Landwirtschaft zuzuordnen. Ebenfalls keine herkömmliche
Weidewirtschaft liegt vor, wenn ein Wildtierbestand großflächig
eingefriedet wird und die dort lebenden Wildtiere sich allein auf Grund
der Größe des Geheges im Wesentlichen selbst versorgen können. Hier ist
auch das Kriterium, das die Tiere der Verfügungsgewalt des Eigentümers
und des Tierhalters unterliegen, nicht erfüllt.
Auch ist die Jagd nicht als landwirtschaftliche
Tätigkeit anzusehen, wenn im Mittelpunkt der Tätigkeit das Nachstellen,
Fangen, Erlegen und Aneignen der Tiere steht. Soweit dies nicht auf
einer gezielten Haltung beruht und die Vermarktung der Produkte nur
"unter anderem" auch vermarktet werden sollen, handelt es sich nicht um
einen landwirtschaftliche Tätigkeit.
Bei der Definition des landwirtschaftlichen
Betriebes kommt es neben der Gewinnerzielungsabsicht und der dauerhaften
Lebensfähigkeit auch darauf an, dass der Betriebsinhaber fachlich
geeignet ist und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens
darauf schließen lassen, dass es sich um eine erwerbsorientierte Haltung
handelt.
Zusammenfassend ergeben sich somit recht hohe
Hürden, um die Haltung von sonst wild lebenden Tieren als
landwirtschaftlich privilegierte Haltung einzustufen. Auch bei der
Haltung von Damwild, Alpakas und Bisons ist daher die nachhaltige
Wirtschaftlichkeit immer nachzuweisen.
Zuletzt muss bei Bauvorhaben immer auch noch
geprüft werden, ob die baulichen Anlagen ausschließlich dem
landwirtschaftlichen Betrieb dienen. Die funktional-räumliche Zuordnung
zum Betrieb muss gegeben sein und objektiv muss man nachweisen können,
dass jeder vernünftige Landwirt unter Berücksichtigung des Gebots der
größtmöglichen Schonung des Außenbereichs ein Vorhaben mit gleicher
Gestaltung und Ausstattung ebenso an diesem Standort errichten würde.