Berlin (agrar-PR) - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
(BUND) und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) haben die
Chefunterhändler des schwarz-gelben Koalitionsvertrages aufgefordert,
den Landschaftsschutz und den Verlust der Artenvielfalt nicht aus dem
Blick zu verlieren. Das bisherige Ziel, bis 2010 den Verlust der
Artenvielfalt weltweit zu stoppen, werde klar verfehlt. Für
Deutschland, das im kommenden Jahr den Vorsitz in den internationalen
Verhandlungen zum Artenschutz inne habe, müsse jetzt festgelegt werden,
welche konkreten Vorschläge es auf den Tisch lege. Erforderlich seien
ein Maßnahmenkatalog zur Rettung bedrohter Biotope und Arten sowie
entsprechende Finanzierungskonzepte.
Olaf Tschimpke, NABU-Präsident: "Wir fordern Union
und FDP auf, ein mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattetes
'Bundesprogramm biologische Vielfalt' in ihr Regierungsprogramm
aufzunehmen. Angesichts des dramatischen Artensterbens darf sich die
künftige Koalition nicht aus ihrer Verantwortung stehlen.“
Hubert Weiger, BUND-Vorsitzender: "Vor allem die
Unionsparteien CDU und CSU haben in ihren Wahlprogrammen die Umwelt
besser schützende Agrarreformen sowie den Natur- und Gewässerschutz als
zentrale Ziele bezeichnet. Davon findet sich im bisherigen Entwurf des
Koalitionsvertrages viel zu wenig wieder."
Die Koalitionsverhandlungsführer der CDU mahnte
Weiger: "Wenn wir Forderungen nach Öffnung für die Grüne Gentechnik,
nach verstärkten Futtermittelimporten, nach Weltmarktorientierung
sehen, sind diese letztlich ein Programm für die Industrialisierung
unseres ländlichen Raumes und damit unserer Heimat, die derzeit noch
oft von bäuerlichen mittelständischen Betrieben geprägt ist." Der BUND
sehe in einer solchen Ausrichtung eine Abkehr vom Regierungsprogramm
der CDU/CSU, in dem sich beide ausdrücklich für die Stärkung des
ländlichen Raumes eingesetzt hätten. Zentrales Element einer arten- und
tiergerechten Landwirtschaftspolitik müsse die Förderung jener Betriebe
sein, die besondere Beiträge zum Erhalt der Kulturlandschaft leisteten.
Rückschritte befürchten die Umweltorganisationen
auch beim Schutz naturnaher Flüsse. BUND und NABU erwarten von der
neuen Koalition eine eindeutige Absage an den Ausbau von Elbe, Donau,
Saale, Main, Oder, Havel und Spree. Erforderlich sei außerdem ein
Programm zur Vergrößerung der Hochwasser-Ausweichflächen um mindestens
ein Fünftel bis 2015. Keine Antworten habe Schwarz-Gelb außerdem auf
den nach wie vor exorbitanten Flächenverbrauch in Deutschland. Die
Versiegelung von täglich mehr als 100 Hektar Fläche durch Straßen,
Siedlungen und Gewerbegebiete müsse gestoppt werden.
Tschimpke: "Deutschlands Straßennetz gehört zu den
dichtesten und am besten ausgebauten der Welt. Der Bau weiterer
Autobahnen würde die letzten Rückzugs- und Erholungsräume von Menschen
und Tieren zerstören und die Ziele der Flächenverbrauchsreduzierung ad
absurdum führen." Eine klare Absage erteilte der NABU-Präsident daher
auch allen Diskussionen über eine Aufweichung der Eingriffsregelung.
Mit jeder Lockerung werde die Neuausweisung von Baugebieten und die
Versiegelung weiterer Flächen einfacher – und dies bei insgesamt
rückläufigen Bevölkerungszahlen.
BUND und NABU fordern Union und FDP auf, sich für
die Artenvielfalt und die Entschneidung und Wiedervernetzung der
Landschaft durch Rückbau von Straßen bzw. den Bau von Grünbrücken
einzusetzen. "Das dichte Verkehrsnetz in Deutschland verhindert die
Ausbreitung von Luchs, Wildkatze, Wolf und anderen Wildtieren und ist
für viele Arten zum Teil bestandsbedrohend. Die Koalitionsparteien und
der neue Bundesverkehrsminister müssten sich dieser alarmierenden
Situation stellen", so die Verbände.