14.12.2010 | 13:41:00 | ID: 7343 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Schweiz stellt agrarisches Direktzahlungssystem ab 2014 um

Wien (agrar-PR) - Weg von Flächenzahlungen - hin zum Leistungsentgelt
Das Schweizer Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat vor Kurzem das neue Direktzahlungssystem vorgestellt. Wie zuvor werden rund 2,8 Mrd. Franken (EUR 2,1 Mrd.) an die Landwirte fließen. Anstatt der bisherigen allgemeinen Direktzahlungen (Flächenbeiträge) soll es künftig Geld für bestimmte definierte Leistungen geben. Die Bauernverbände sind skeptisch, sie rechnen mit einer geringeren Planungssicherheit, teilt der Landwirtschaftliche Informationsdienst (LID) in Bern mit.


Allgemeine Flächenbeiträge verschwinden 
 
Ein wichtiges Element der Weiterentwicklung der Direktzahlungen ist das Wegfallen der allgemeinen Flächenbeiträge, die jeder Landwirt bisher aufgrund der Größe der bewirtschafteten Fläche erhalten hat. An ihre Stelle sollen die sogenannten Anpassungsbeiträge treten und im Jahr 2014 rund 900 Mio. Franken ausmachen. Diese Gelder werden als einziges Beitragsinstrument personenbezogen überwiesen. Dazu werden die Zahlungen vor der Systemumstellung mit der neuen Situation eines Betriebes verglichen und die Differenz entsprechend ausbezahlt. Die Höhe dieser Direktzahlungen für einen Betrieb wird sich deshalb nicht unmittelbar nach dem Systemwechsel ändern. 
 
Die Anpassungsbeiträge werden aber nach und nach auf leistungsbezogene Beitragsinstrumente umgelagert, je nachdem wie stark diese beansprucht werden. Im Jahr 2017 werden sich im Anpassungstopf nach Schätzungen des BLW nur noch 500 Mio. Franken befinden. Letztendlich wird also ein Betrieb weniger Geld erhalten, wenn er auf dem Status quo verharrt und nicht bei freiwilligen Programmen mitmacht. 

 
Fünf grundsätzliche Ziele 
 
Mit den verschiedenen Leistungsentgelten sollen fünf Ziele erreicht werden: Versorgungssicherheit, Einkommenssicherung, Erhalt der Kulturlandschaft, Tierwohl und Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Für jedes dieser Ziele werden Programme geschaffen und zweckgerichtete Beiträge definiert. Wie die Anpassungsbeiträge auf diese Instrumente verteilt werden, ist aber noch nicht festgelegt. Das System soll nämlich flexibel auf allfällige Änderungen wie ein WTO-Abkommen oder den Agrarfreihandel mit der EU reagieren können, indem zum Beispiel mehr Geld in die Versorgungssicherheitsbeiträge fließt, dafür weniger in Biodiversitätsbeiträge und andere ökologische Bereiche. 

 
Sieben Instrumente des neuen Direktzahlungssystems 
 
Die Weiterentwicklung des Schweizer Direktzahlungssystems kennt sieben Instrumente, sechs davon sind leistungsbezogen: "Versorgungssicherheitsbeiträge" sollen die Produktionskapazitäten erhalten. Dabei sollen der Ackerbau und wichtige Einzelkulturen gefördert werden. "Kulturlandschaftsprämien" dienen der Offenhaltung von agrarisch genutzten Flächen. Darin sind Hang- und Sömmerungsbeiträge enthalten. Die Sömmerungsbeiträge werden massiv erhöht und sollen die Alpwirtschaft wieder attraktiver werden lassen. "Landschaftsqualitätsbeiträge" dienen der Erhaltung, Förderung und Weiterentwicklung der Vielfalt von Schweizer Landschaften. "Biodiversitätsprogramme" zielen auf die Förderung der Artenvielfalt ab. Dabei wird ein großes Augenmerk auf die Qualität der Maßnahmen gelegt. 
 
"Produktionssystembeiträge" sollen die besonders naturnahe, umwelt- und tierfreundliche Erzeugung unterstützen. Auf der anderen Seite werden "Ressourceneffizienzbeiträge" gewährt, um die nachhaltigen Nutzung von natürlichen Rohstoffen zu forcieren. Schließlich sollen die Anpassungsbeiträge eine sozialverträgliche Entwicklung gewährleisten und die Einkommenssicherheit der Betriebe garantieren. Die Mittel dafür werden dann nach und nach auf die leistungsorientierten Instrumente umgelagert. 

 
Keine Obergrenzen bei leistungsbezogenen Beiträgen 
 
Für alle leistungsbezogenen Beiträge wird es laut LID keinerlei Vermögens- oder Einkommensobergrenzen geben, weil aus Sicht des Bundesamtes die Qualität der Leistung zählt und diese unabhängig von der Betriebsgröße erbracht wird. Keinen Anspruch auf Direktzahlungen sollen Kleinstbetriebe in Talgebieten mehr haben: Die minimale Zahl der Standardarbeitskräfte wird von 0,25 auf 0,4 erhöht. Dadurch soll der administrative Aufwand für Kleinstbeträge minimiert werden. 

 
Getreideanbau wird gestärkt - Verlierer sind die Rindermäster 
 
Die Systemumstellung wird die einzelnen Betriebsarten verschieden stark betreffen. So geht das Bundesamt davon aus, dass die Getreideproduktion deutlich ansteigen wird, weil durch die Versorgungssicherheitsbeiträge der Ackerbau stärker unterstützt wird. Dem gegenüber wird beim Rindfleisch ein Rückgang erwartet, weil die Tierbeiträge gestrichen werden. Andere Bereiche wie die Schweine- oder Geflügelproduktion dürften kaum von den neuen Maßnahmen tangiert werden, weil sie bereits jetzt wenig von den Zahlungen profitieren konnten. Auch bei der Milchproduktion erwartet das BLW keine wesentlichen Änderungen. 

 
Besseres Verständnis für Direktzahlungen erwartet 
 
Das Bundesamt erhofft sich durch das neue System auch mehr Akzeptanz für die agrarischen Direktzahlungen in der Bevölkerung. Bisher sei es schwierig gewesen, jemandem zu erklären, wieso ein Landwirt Flächenbeiträge erhält. Die neuen, selbsterklärenden Begriffe würden die Kommunikation deutlich vereinfachen, meinte BLW-Direktor Manfred Bötsch bei der Präsentation. Der Schweizerische Bauernverband (SBV) übt dennoch Kritik an dem neuen Modell. Er befürchtet, dass die Planungssicherheit für die Betriebe dadurch geringer wird und vermisst in dem Papier auch Anreize für die unternehmerisch-produktive Landwirtschaft.

Das Konzept soll nun von den Betroffenen und in der Öffentlichkeit diskutiert werden, bevor es im zweiten Quartal 2011 in die Vernehmlassung (Stellungnahme der Interessengruppen und Parteien) geht. Bis Ende 2011 wird eine Botschaft dazu ausgearbeitet und anschließend vom Parlament behandelt. Läuft alles nach Plan, tritt das neue System 2014 in Kraft. (BMLFUW)
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