Frankfurt (agrar-PR) -
Globale Märkte verlangen deutliches Bekenntnis zum Unternehmertum – Eckpunkte für ein nachhaltiges Agrarmodell – DLG-Präsident Carl-Albrecht Bartmer vor der Presse in Berlin „Landwirtschaft ist eine Zukunftsbranche, weil sie unternehmerisch,
innovativ und verantwortungsvoll ist“. Dieses Fazit zieht der Präsident
der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft), Carl-Albrecht Bartmer,
hinsichtlich der zukünftigen Perspektiven im Agrarsektor. Im Vorfeld
der DLG-Wintertagung wies er vor der Presse in Berlin darauf hin, dass
die Landwirtschaft durchaus in der Lage ist, die globalen
Herausforderungen Nahrungsmittelproduktion und Biomasseerzeugung zu
bewältigen. Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO
erfordere das rasche Wachstum der Weltbevölkerung eine Verdoppelung der
weltweiten Lebensmittelproduktion bis 2050. Gleichzeitig schrumpfe die
pro Kopf verfügbare Ackerfläche weltweit, zudem seien die Auswirkungen
des Klimawandels zu berücksichtigen. Der Landwirtschaft komme daher
weltweit zunehmende Bedeutung und Verantwortung zu. „Sie ist die
Schlüsselbranche zur Lösung der Probleme. Sie braucht allerdings
verlässliche Rahmenbedingungen und unternehmerische Freiräume“, betonte
der DLG-Präsident.
Im Vorfeld der 2013 anstehenden
Neujustierung der EU-Agrarpolitik würden derzeit die Diskussionen um
ein weiterentwickeltes „Europäisches Agrarmodell“ intensiviert – nach
Bartmers Ansicht ebenso legitim wie strategisch notwendig. Allerdings
gebe es wichtige Grundpfeiler, die in einem „Nachhaltigen Agrarmodell“
Berücksichtigung finden müssen. Der DLG-Präsident fasste diese in fünf
Eckpunkte zusammen:
1. Bekenntnis zu Unternehmertum, Sicherung der globalen Wettbewerbsfähigkeit Die
Zukunft der ländlichen Räume liegt in landwirtschaftlichen Unternehmen,
häufig eigentümergeführte Familienbetriebe, deren Vernetzung mit
regionalen Wirtschaftskreisläufen den ländlichen Raum stärkt – wie
umgekehrt dieser den Betrieb. Diese Unternehmer sichern die wichtigsten
Funktionen der ländlichen Räume: Versorgungssicherheit, flächendeckende
Bewirtschaftung und wettbewerbsfähige Arbeitsplätze. Landwirte brauchen
allerdings Freiräume für ihre unternehmerischen Entscheidungen – wie
sie umgekehrt die Konsequenzen ihrer Entscheidungen tragen müssen, ohne
Eingriffe von außen einzufordern. „Ist es nicht ein Abgeben von
Eigenverantwortung, wenn wir als landwirtschaftliche Unternehmer den
Staat und seine bürokratischen Institutionen beauftragen, die Kriterien
unseres Wirtschaftens gegen entsprechende Zuwendungen zu definieren?“
fragte Bartmer.
2. Aufgaben des Staates neu definieren Für
Bartmer geht es dabei keineswegs um die Forderung „Agrar ohne Staat“:
Wie in allen Wirtschaftssektoren fallen dem Staat auch im Agrarbereich
fundamentale Aufgaben zu. Als Beispiele nannte er die Gewährleistung
einer leistungsfähigen Infrastruktur, die Schaffung der Voraussetzungen
für internationale Wettbewerbsfähigkeit sowie flankierende Maßnahmen
zur Anpassung an veränderte agrarpolitische Rahmenbedingungen.
Unverzichtbar sei deshalb die Kompensation von Kosten durch höhere
Standards, die durch besondere Nachhaltigkeit des Wirtschaftens und
ausgeprägte Qualitätsansprüche von der EU-Landwirtschaft gefordert
werden.
3. Existenzgrundlage ländlicher Räume sichern„Die
Existenzgrundlage ländlicher Räume muss eine wirtschaftliche sein“,
forderte Bartmer: „Die Zukunft der ländlichen Räume liegt in den Händen
der dort lebenden Menschen, in engagierten Unternehmern, die nachhaltig
bereit sind, sich in Strukturen und Technologie immer wieder flexibel
weiterzuentwickeln und so das Kulturgut ländlicher Raum in seiner
Vielfalt auch durch Veränderung erhalten.“ Dabei verlangte Bartmer eine
offene Diskussion darüber, ob die immer wieder aufgeführten
„multifunktionalen Aufgaben der Landwirtschaft“ öffentliche Güter sind,
die erst durch staatliche Nachfrage und damit durch öffentliche Mittel
flächendeckend produziert werden. Das Dilemma, dass gesellschaftlich
gewünschte Bewirtschaftungskonzepte nicht nach dem Stand des Wissens
und der Technik ausgerichtet sind, weil man die Kosten des Verzichts
auf Fortschritt nicht kennt, müsse gelöst werden.
4. Innovationen fördernTechnischer
Fortschritt sei ein unverzichtbares Werkzeug für landwirtschaftliche
Unternehmer, so Bartmer. Daher müsse er gefördert werden: Eine
nachhaltige, artgerechte und ökologisch verantwortliche
Produktivitätssteigerung sei nur über moderne und standortangepasste
Technologien zu erreichen. „Die Agrarwelt von morgen muss sich
fundamentalen Herausforderungen stellen“, sagte Bartmer. „Technologie
und Innovation sind die Kernbestandteile für eine nachhaltige
Entwicklung im ländlichen Raum.“
5. Forschung in Freiheit und VerantwortungUm
die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens dauerhaft zu sichern, sind für
Bartmer vermehrte Investitionen in die angewandte Agrarforschung
unabdingbar. In den letzten Jahren sei dieser Bereich faktisch
„abgeschmolzen“, mit der Folge unbesetzter Lehrstühle und
eingeschränkter oder praxisferner Forschungen. „Der Erfolg unserer
Systeme ist auch ein Erfolg der Köpfe und Innovationen, die aus einer
unabhängigen Forschung kommen“, erinnerte Bartmer: „Der einzige,
wirklich zu vermehrende Faktor, mit dem wir die Knappheit der endlichen
Ressourcen kompensieren können, ist Wissen und Können.“