München (agrar-PR) - „Die Getreideernte ist derzeit eine Lotterie ohne Chancen auf Gewinn“,
erklärt Leonhard Keller, Vorsitzender der Landesvereinigung der bayerischen
Erzeugergemeinschaften. Denn die bayerischen Landwirte würden sich mit gleich
zwei Unwägbarkeiten konfrontiert sehen: Zum einen sorgten gestern und heute die
regionalen Niederschläge für ein schleppendes Vorankommen der Getreide- und
Rapsernte. Zum Anderen seien die aktuellen Getreidepreise blanker Hohn und Spott für jeden Erzeuger.
„Die Erzeugerpreise decken nicht einmal Aufwendungen für Saatgut, Düngung, Pflanzenschutz und
Maschineneinsatz in der Anbauperiode. An eine Entlohnung für die geleistete
Arbeit ist bei diesen Preisen gar nicht mehr zu denken,“ so Keller über die
Lage der Ackerbauern.
Keller warnt die bayerischen Genossenschaften, Handel, Mühlen, Mälzer
und Brauereien die Situation schamlos auszunutzen und die Preise noch mehr zu
drücken. Besonders die Situation der Landwirte, die keine Möglichkeit zur
Lagerung auf dem eigenen Betrieb hätten, würden von der aufnehmenden Seite
teilweise rigoros ausgenutzt werden.
Für
Wintergerste, deren Ernte in Bayern nahezu abgeschlossen ist, erhalten die
Landwirte derzeit um die acht Euro je Dezitonne und damit fast die Hälfte weniger
als im Vorjahr. Bei
Raps zeigen die Ertragsmeldungen enorme Schwankungen. Unwetter verursachten
teilweise Totalausfälle. Bei Braugerste, deren Ernte angelaufen ist, wird derzeit ein
Erzeugerpreise von elf bis zwölf Euro je Dezitonne diskutiert, vor 18 Monaten
lag der Preis noch bei 30 Euro je Dezitonne. Bei der Weizenernte zeichnen sich
ähnlich dramatische Preisentwicklungen ab.
Der Preisdruck wurde ausgelöst durch die Erwartungen an eine weltweit
gute Ernte und einen geringen Anstieg der weltweiten Nachfrage an
Getreideerzeugnisse infolge der Finanz- und Wirtschaftkrise. Dies hat zur
Folge, dass die Kurse für Getreide und Ölsaaten an den Warenterminbörsen
deutlich gesunken sind. Nach Schätzungen des International Grain Council (IGC)
wird mit 1733 Mio. Tonnen (t) Getreide (ohne Reis) die zweithöchste jemals
geerntete Menge an Getreide weltweit erwartet. Nur im Vorjahr wurde mit 1790
Mio. t mehr geerntet. Auch in Europa schätzen die Marktanalysten, dass die
erwartete Produktionsmenge von 281 bis 285 Mio. t den Verbrauch deutlich deckt.
In Deutschland wird die Getreideernte derzeit auf ca. 47 Mio.t (2008: 50
Mio.t) taxiert. In Bayern liegen die Ernteerwartungen über den sieben Mio.
Tonnen des Vorjahres. In Südbayern liegt dabei das Gros der Erntemeldungen
bisher deutlich unter den Vorjahreswerten. In Nordbayern übertreffen die ersten
Meldungen deutlich die schlechten Vorjahreserträge.
Für Keller steht fest, dass die
Alternative Bioenergie somit zwangsläufig weiter von Seiten der Landwirte
ausgebaut wird. „Mit der thermischen Verwertung von Getreide hat die
Bundesregierung im Sommer dieses Jahres einen interessanten Verwertungspfad für
Getreide geschaffen,“ so Keller. In Heizöläquivalent betrachtet würde man bei
der thermischen Verwertung von Getreide beim derzeitigen Heizölpreis von 55
Cent je Liter ca. 22 Euro je Dezitonne erlösen. Auch die Verwertung über Biogasanlagen
verspräche derzeit deutlich bessere Erlöse, welche zumindest die Kosten
deckten. „Ob das sinnvoll und mit dem Gewissen zu vereinbaren ist, hochwertiges
Getreide derart zu verramschen, werden viele Bauern dann dahingestellt sein lassen“, sagt Keller.