Berlin/Frankfurt(Oder) (agrar-PR) - In den Vorgängereinrichtungen des Landeslabors
Berlin-Brandenburg wurden 2008 mehr als 2.000 Proben aus der amtlichen
Lebensmittelüberwachung auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln
untersucht, davon 1.541 Proben pflanzlicher Herkunft. Von diesen waren
1.087 Proben frisches Obst, Gemüse und Kartoffeln. Lediglich bei 3,6
Prozent aller risikoorientiert entnommenen Proben waren
Überschreitungen der gesetzlich geregelten Höchstmengen zu verzeichnen.
Weltweit werden zur Zeit etwa 1.400 verschiedene Pestizid-Wirkstoffe
eingesetzt. In Europa sind es immerhin noch rund 800, davon sind in
Deutschland etwa 260 Pestizid-Wirkstoffe zugelassen. Das Landeslabor
Berlin-Brandenburg verfügt mit seinem personellen und technischen
Know-how über die akkreditierte Fachkompetenz für die
Rückstandsuntersuchung von etwa 780 verschiedenen Pestizid-Wirkstoffen.
Die wissenschaftliche Herausforderung besteht darin, eine Probe
gleichzeitig auf mehrere hundert verschiedene Einzelwirkstoffe (bei
pflanzlichen Lebensmitteln mehr als 500 Pestizide) zu untersuchen. Bei
den Analysen werden deshalb neben ausgewählten Einzelmethoden vor allem
sogenannte Multikomponentenmethoden eingesetzt. Mit effizienten, z.T.
eigenentwickelten Techniken der Probenvorbereitung kann in kürzester
Zeit eine große Anzahl von Analysenproben sicher und einwandfrei für
die Messungen aufarbeitet werden. Die Anforderungen an die Messgeräte
sind in den letzten Jahren stetig gewachsen. Das Landeslabor
Berlin-Brandenburg verfügt über hochmoderne, spezielle Messgeräte
(Flugzeitmassenspektrometer/GC-MS-TOF,
Flüssigkeitsmassenspektrometer/LC-MS-MS), mit denen schnell eine
Vielzahl von Wirkstoffen nachgewiesen und deren Gehalt empfindlich
bestimmt werden kann. Diese Geräte sind aufgrund der speziellen
Bauweise in der Lage, auch auf unbekannte Stoffe zu untersuchen.
Von den mehr als 2.000 analysierten Lebensmittelproben kamen etwa 5
Prozent aus dem Bio-Anbau. Für Obst- und Gemüseerzeugnisse, die nach
der EG-Öko-Verordnung hergestellt worden sind, ist die Palette der
zugelassenen Pflanzenschutzmittel stark eingeschränkt. Bei den
Untersuchungen der Bioprodukte waren keine Auffälligkeiten und
Höchstmengenüberschreitungen an Pestizid-Rückständen feststellbar. Die
Kontrollen zeigen, dass diese Erzeugnisse signifikant weniger
Rückstände enthalten, als Obst und Gemüse aus konventioneller
Landwirtschaft.
Insgesamt waren im vergangenen Jahr 76 Höchstmengenüberschreitungen
nach EU- bzw. deutsche Rechtsvorschriften zu verzeichnen. Zu
berücksichtigen ist, dass ab dem 1. September 2008 für die Beurteilung
in weiten Teilen die EU-Verordnung Nr. 396/2005 gilt, die eine
vollständige Harmonisierung der Pestizid-Gehalte in Lebensmitteln
innerhalb der Europäischen Union bedeutet.
Bezogen auf die Herkunft der Proben mit Höchstmengenüberschreitungen
ergab sich folgendes Bild: Der größte Anteil (fast 50 Prozent) kam aus
Nicht-EU-Ländern, etwa 20 Prozent kamen aus Deutschland und etwa ein
Drittel aus anderen EU-Staaten. Pestizide, die häufiger zu
Höchstmengenüberschreitungen führten, waren z.B. Buprofezin,
Carbendazim, Ethion Dimethoat / Omethoat, Acetamiprid, Chlorfenvinphos,
Difenoconazole, Fenpropathrin, Fipronil, Fluazifop, Imazalil,
Imidacloprid, Monocrotophos und Spiromesifen.
Eine analytische Besonderheit war der Nachweis des
Pflanzenschutzwirkstoffs Ethephon (Höchstmengenüberschreitung) in
Tomaten gewesen. Ethephon wird als Halmstabilisator im Getreideanbau
eingesetzt, aber auch zur Ernteerleichterung und Reifebeschleunigung im
Obst- und Gemüseanbau. Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, die
besonders zu Pestizid-Überschreitungen führten, waren bei Gemüse
Tomaten, Paprika und Mangold und bei Obst Erdbeeren, Zitrusfrüchte,
Tafeltrauben und Äpfel.
Besonders auffällig war auch die Belastung mit Pflanzenschutzmitteln
bei exotischen Früchten. Im vergangenen Jahr wurden im Rahmen eines
Monitoring-Programms Passionsfrüchte – auch bekannt als Maracuja oder
Granadilla - auf Rückstände untersucht. In ca. der Hälfte der
untersuchten Proben wurden Gehalte nachgewiesen, die oberhalb der
gesetzlichen Höchstmengen lagen. Insgesamt waren bei den Untersuchungen
die Mehrfachrückstände auffällig – es waren bis zu 5 verschiedene
Pflanzenschutzmittel nachzuweisen. Passionsfrüchte sind rund bis
eiförmig und besitzen eine gelbe oder violett-rote Schale. Im reifen
Zustand sind die Früchte schrumpelig. Das farblose bis gelbliche
Fruchtfleisch hat einen süßen/säuerlichen Geschmack. Die zahlreichen
schwarzen Kerne sind essbar. Die Früchte sind vor allem in Mittel- und
Südamerika beheimatet, werden aber auch in Australien, Kenia, Südafrika
und Sri Lanka kultiviert. Die importierten Passionsfrüchte stammen
meist aus Kolumbien, Kenia und Südafrika.
Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass auch andere Exoten, wie z. B. die
Longan-Früchte mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wurden. 2 Proben
waren aufgrund von Höchstmengenüberschreitungen zu beanstanden. Die
Longan ist mit der Litschi verwandt, besitzt eine braune glatte Schale,
die das glasige, aromatische Fruchtfleisch umschließt.
Einige Pflanzenschutzmittel befinden sich nur oberflächlich auf den
Pflanzen. Diese lassen sich – abhängig von ihrer Wasserlöslichkeit -
mehr oder weniger gut abwaschen. Systemische Pestizide dringen in die
Pflanze ein, diese lassen sich durch Abwaschen nicht reduzieren. Es
empfiehlt sich jedoch grundsätzlich, das Obst oder Gemüse vor dem
Verzehr möglichst mit lauwarmem Wasser abzuwaschen.