15.02.2011 | 12:00:00 | ID: 8178 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarwirtschaft

Weizenpreis in Österreich durchbricht 300-Euro-Schallmauer - FAO und China beruhigen: Unsummen für Subventionen niedriger Brotpreise in Nordafrika

Wien (agrar-PR) - Die Notierungen für Premium- und für Qualitätsweizen an der Wiener Produktenbörse durchbrachen am Mittwoch dieser Woche mit Preisen von EUR 307,- bis 315,- pro t respektive EUR 298,- bis 304,- pro t die 300-Euro-Schallmauer.

Die Notierungen für Premium- und für Qualitätsweizen an der Wiener Produktenbörse durchbrachen am Mittwoch dieser Woche mit Preisen von EUR 307,- bis 315,- pro t respektive EUR 298,- bis 304,- pro t die 300-Euro-Schallmauer. Damit wird zurzeit Weizen am österreichischen Kassamarkt so teuer gehandelt wie seit der Zeit der alten Marktordnung vor dem EU-Beitritt 1995 nicht mehr.

Starke Nachfrage am Weltmarkt, eine Dürre in China, die schon 7,73 Mio. ha Weizenfläche betreffen soll, sowie ein bullisher WASDE-Report des US-Landwirtschaftsministeriums USDA mit weiter reduzierten Aussichten für die globalen Endlagerbestände von Weizen und Mais sandten Mitte der Woche die Futureskurse an der Chicagoer Leitbörse CBOT für Weizen und Sojabohnen auf ein 30-Monate-Hoch sowie allen voran die für Mais auf ein 31-Monate-Hoch.

Der europäische Weizenfutures an der Euronext in Paris für den Liefertermin März 2011 schnellte ebenso wie der Maisfutures im Sog der CBOT auf ein neues Kontrakthoch. Die Unruhen in Ägypten zeigen weiterhin keine Auswirkungen auf die Getreidemärkte. Im Gegenteil, sowohl der weltgrößte Weizenimporteur mit 9,8 Mio. t Einfuhrbedarf als auch Algerien setzten ihre Einkaufstouren mit Abschlüssen über 170.000 t beziehungsweise 200.000 t Weizen fort.


WASDE-Report des USDA: Aussichten für Maisendbestände der USA dramatisch

Bei Weizen revidierte das USDA die globalen Endlager 2010/11 im Monatsabstand um 200.000 t auf 177,77 Mio. t nach unten. Damit ist immer noch ein relativ komfortabler Polster von 26,72% des globalen Verbrauchs von 665,23 Mio. t gegeben. Sehr eng sieht es dagegen beim Mais aus: Hier verringern sich die Aussichten für die weltweiten Endbestände nach 2010/11 laut US-Agrarressort im Monatsabstand um 4,5 Mio. t auf 122,51 Mio. t oder auf beängstigende 14,64% des Verbrauchs von 836,90 Mio. t.

Drastisch - um 9% gegenüber dem Vormonat - reduzierte das USDA die Schätzung der Maisendbestände für die USA auf ein 15-Jahre-Tief von 17,1 Mio. t - das sind weniger als 5% des jährlichen US-Verbrauchs oder in anderen Worten eine Reserve für ganze 18 Tage. Da der Maispreis in den USA aber noch deutlich höher steigen müsse, um die Nachfrage zügeln zu können, werden nun Rufe nach Markteingriffen laut - unter anderem hat man die Ethanolindustrie im Visier, die bereits rund 40% der US-Maisernte verarbeitet.


Österreich: Mahlweizen-Kassapreis hält Abstand zu europäischem Weizenfutures

 
Auch Mahlweizen zog diese Woche an der Wiener Produktenbörse neuerlich an. Mit EUR 289,- bis 293,- pro t konnte der heimische Mahlweizen weiterhin seinen positiven Abstand - etwa im Gegensatz zu den Hamburger Notierungen von B-Weizen - zum europäischen Weizenfutures an der Euronext in Paris verteidigen. Hier lag das Kontrakthoch diese Woche kurzfristig bei EUR 281,- pro t.

Der Markt spricht von einer Art "Qualitätsprämie" für die heimischen Weizen. Spezifisch für Österreich sei auch, dass die verregnete Ernte 2010 in Tschechien und Bayern die Nachfrage nach österreichischem Weizen zusätzlich angeheizt habe, hieß es an der Wiener Börse. Laut Marktteilnehmern laufen die Weizenumsätze zurzeit aber nur auf Sparflamme, weil kein Verarbeiter entlang der gesamten Wertschöpfungskette angesichts der hohen Preise long-Positionen bei der Rohstoffbevorratung eingehen will.


FAO beruhigt Angst vor Hamsterkäufen - Unsummen für Subventionen niedriger Brotpreise

Die Unruhen in Ägypten haben bisher kaum Spuren im Getreidehandel hinterlassen, bestätigte die EU-Kommission am Donnerstag im Verwaltungsausschuss in Brüssel. Ägypten habe in dieser Woche 170.000 t Mahlweizen in Australien und den USA gekauft. Die Kommission nannte Preise von USD 346,- bis 355,- (EUR 254,34 bis 260,95) pro t cif. In Algerien summierten sich die Weizeneinkäufe 2010/11 bis Jänner auf 2,3 Mio. t und der Maghreb-Staat kaufte diese Woche weitere 200.000 t unbekannter Herkunft ein.

Indes versucht die UN-Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation FAO die Angst zu beruhigen, "Hamsterkäufe" zur Abkühlung der angeheizten Stimmung in den nordafrikanischen Staaten könnten eine Wiederholung der Preisspitzen und der Nahrungsmittelkrise von 2007/08 heraufbeschwören. Dies seien keine "außerordentlichen", sondern lediglich vorgezogene Weizenkäufe im Rahmen des Üblichen.

Die stark importabhängigen und damit vom Anstieg der Weltmarktpreise betroffenen Länder von Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten bis hin zu Jordanien und dem Irak pumpen allesamt Unsummen von Geld in die Stützung der Nahrungsmittelpreise für ihre Bevölkerungen, um ein Durchschlagen der hohen Preise für Agrarrohstoffe auf die lokalen Verbraucherpreise für Grundnahrungsmittel zu dämpfen und keine zusätzlichen Unruheherde anzufachen. Ägypten etwa subventioniert mit einem Aufwand von jährlich USD 4 Mrd. (EUR 2,94 Mrd.) oder 1,8% seines Bruttoinlandsproduktes Brot für mehr als 60 Millionen seiner insgesamt 80 Mio. Einwohner. Der Irak kaufte kürzlich 300.000 t Weizen für sein Lebensmittelprogramm und schrieb gleich darauf weitere 100.000 t aus. Jordanien gab ein USD 125 Mio. (EUR 91,89 Mio.) schweres Preisstützungspaket für Treibstoff und Grundnahrungsmittel an und die Regierung in Marokko, das sich die Sättigung und Beruhigung seiner Bevölkerung ebenfalls erhebliche Summen kosten lässt, kündigte an, Lebensmittel "um jeden Preis" leistbar zu halten.


Schwächere Exportzahlen in EU und USA - Reges Interesse an Interventionsgerste

Dabei fielen die Weizenexportzahlen der EU und auch der USA diese Woche eher schwach aus. Die EU-Kommission vergab Ausfuhrlizenzen für lediglich 128.000 t Weizen und die USA brachten es auch nur auf als vom Markt "enttäuschend" aufgenommene 391.000 t. Das ist weniger als in den Vorwochen.

Aus der Intervention verkaufte die EU-Kommission im Verwaltungsausschuss 381.000 t Gerste. In Deutschland gab sie 123.401 t Gerste den Zuschlag zu Preisen von EUR 198,86 bis 208,61 pro t. Das starke Interesse und die hohen Preise werden am Markt auch damit begründet, dass diese Interventionsgerste sogar bis nach Spanien verschifft werden soll. Nach umfangreichen Verkäufen verbleiben in der Intervention der EU nur noch 346.000 t Gerste.


EU liebäugelt mit Futtergetreideimporten aus Australien

Australien rechnet sich Chancen aus, Futtergetreide in die Europäische Union zu exportieren. Nach eigenen Angaben erhält der ehemalige australische Weizenexportmonopolist AWB Nachfragen nach Futterweizen aus der EU, aus Südkorea und von den Philippinen. Saudi-Arabien und Jordanien fragen angesichts niedriger Bestände in Europa und eines kleinen Angebots aus der Schwarzmeerregion australische Futtergerste nach. Zwar verzeichnen Lieferungen von Australien in den Nahen Osten aufgrund der großen Entfernung einen Kostennachteil.

Das derzeit hohe Weltmarktpreisniveau und niedrige Frachtraten kommen AWB aber entgegen. Außerdem suchen einige Importländer offenbar nach Alternativen zum knappen Mais. Am Markt wird über eine Senkung der EU-Einfuhrzölle für Futtergetreide spekuliert. Das AWB erhöhte angesichts der günstigen Absatzsituation die voraussichtlichen Erzeugererlöse für den Export von Weizen und Gerste. Das größte Hindernis für die australischen Ausfuhren sind die durch Naturkatastrophen beschädigten Lager- und Transportkapazitäten der Überseehäfen an der Ostküste. Ware in Futterqualität ist nach einer außergewöhnlich großen Ernte ausreichend vorhanden.
 
Die niederländische Rabobank schätzt, dass 12 Mio., also die Hälfte entgegen sonst üblich 30%, der heurigen Weizenernte von 24 Mio. t nur Futterqualität aufweisen.


EU-Kommission will Futtergetreide zollfrei importieren - Versorgungslücke auch bei Mais

Futtergerste und Weizen einfacher und mittlerer Qualität soll zollfrei in die EU kommen. Die EU-Kommission hat entsprechende Absichten am Donnerstag im Verwaltungsausschuss in Brüssel erläutert. Ein offizieller Vorschlag und eine Abstimmung könnten im kommenden Ausschuss in zwei Wochen folgen. Innerhalb von Einfuhrkontingenten gilt zurzeit für Gerste ein Einfuhrzoll von EUR 16,- pro t und für Futterweizen von EUR 12,- pro t. Im Handel ist von Futterweizenlieferungen von Australien nach Spanien und Portugal die Rede. Für Hartweizen, Qualitätsweizen, Roggen und Sorghum wurden die Einfuhrzölle bereits auf null gesetzt.

Vor dem Hintergrund der Debatte um einen Grenzwert von 0,1% für noch nicht zugelassene GVO in Futtermittelimporten heißt es im europäischen Handel, wenn dieser Grenzwert nicht zustande komme, seien davon etwa 1,5 Mio. t Maislieferungen aus Brasilien betroffen, die in der EU dringend benötigt werden, um die tiefrote Versorgungsbilanz bei Mais etwas auszugleichen. Auch Österreich ist 2010/11 Nettoimporteur beim Mais - wie übrigens ebenso auch beim Mahlroggen.


Auch China beschwichtigt Sorgen über drohende Inflation

Auch der chinesische Premierminister Wen Jiabao versucht derzeit, die wachsende internationale Besorgnis über die schwere Dürre in Chinas Getreideanbaugebieten und eine mögliche Inflation zu beschwichtigen. Laut Agenturberichten sei die betroffene Fläche im Wochenabstand von 6,4 Mio. ha auf 7,73 Mio. ha angewachsen. Damit litten 42% der gesamten Weizenanbaufläche im Reich der Mitte unter der Trockenheit, wobei allerdings nur 1,7 Mio. ha Winterweizen bisher ernsthaft geschädigt seien.

Die Getreidebestände seines Landes würden im Wesentlichen den Bedarf decken, sagte Wen Jiabao und drückte erneut das Vertrauen seiner Regierung darin aus, dass man die Lebensmittelpreise unter Kontrolle halten könne. China erntete 2010 auf einer Fläche von 22,7 Mio. ha 115 Mio. t Weizen. Eine stabile Produktion von Getreide und anderen Feldfrüchten sei der Schlüssel für Preisstabilität und sogar fürr den sozialen Frieden in China, wurde Wen zitiert. Die derzeitige Dürre trägt lediglich zu den bereits ernsten Inflationsproblemen in China bei, die vor allem von steigenden Lebensmittelpreisen in den vergangenen Monaten ausgelöst worden sind. Die Regierung in Peking hatte kürzlich CNY 12,9 Mrd. (EUR 1,4 Mrd.) aus Regierungsfonds bereitgestellt, um die Dürre zu bekämpfen und die Getreideerzeugung zu unterstützen, berichtet Dow Jones News.


Russland: Medwedew droht mit Aussetzen von Getreide-Interventionsverkäufen

In Russland sorgte diese Woche die Drohung von Staatspräsident Dmitrij Medwedew, die erst kürzlich angelaufenen Auktionsverkäufe von Getreide aus nationalen Interventionsbeständen wieder einzustellen, für Aufregung. Ein derartiger Markteingriff könne nicht wirksam sein, solange die Regierung Interventionsgetreide parallel dazu an die von Marktdefiziten betroffenen Regionen verteile, behauptete Medwedew bei einer von ihm einberufenen Beratung zur Bekämpfung der Inflation.

Laut dem Moskauer Consulting- und Forschungszentrum für Agrarökonomie (Sovecon) hätte dies zur Folge gehabt, dass die Preise sprunghaft um bis zu ein Fünftel gestiegen seien. Ein persönlicher Berater Medwedews relativierte dessen Äußerung aber später. Ihm zufolge sollte es doch keine sofortige Aussetzung der Auktionen geben; Medwedew habe die Regierung aber damit beauftragt, zwei Wochen lang die Effizienz beider Formen des Markteingriffs zu prüfen und erst dann über die Zweckmäßigkeit jeder Maßnahme zu entscheiden.

Aus der Sicht von Medwedew habe das Feilschen um Interventionsgetreide an der Warenbörse bei den Auktionsrunden keinen Sinn, wenn die Möglichkeit bestehe, sich gleichzeitig mit einem Regierungsbeamten über direkte Zuteilung einer Quote von Getreide aus dem Interventionsfonds zu einigen. Aber auch über diese Art der Intervention sei er nicht gerade glücklich. Sie stelle keine marktwirtschaftliche Maßnahme dar und berge auch Korruptionsgefahr in sich.

Der erste stellvertretende Ministerpräsident Russlands, Viktor Subkow, erläuterte, die Regierung habe ursprünglich nur eine direkte Verteilung von Getreide aus den Interventionsbeständen an bedürftige Regionen vorgesehen. Später sei die Idee gekommen, dieses probeweise auch an der Warenbörse anzubieten. Nach drei Handelstagen sei aber noch immer nicht die erhoffte Wirkung auf die Preise zu erkennen, räumte Subkow ein. Wirtschaftsministerin Elvira Nabiullina beteuerte ihrerseits, die bis Juni 2011 in Höhe von 2,5 Mio. t geplanten Getreideverkäufe mittels Auktionen sollten schließlich für einen positiven Einfluss auf den Markt ausreichen. Bislang seien laut Nabiullina insgesamt rund 180.000 t auf diese Weise veräußert worden.


DLG: Vermarktung der Ernte 2010 weit voran - Vorverkäufe aus Ernte 2011

Laut einer Umfrage der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft DLG ist die Vermarktung der Ernte 2010 durch die Landwirte weit fortgeschritten und verstärkt sich zur Ernte 2011 der Trend zu Vorverkäufen, wie sie in Österreich auch von den Lagerhäusern mit einer Preissicherung durch die Ableitung von den Euronext-Notierungen angeboten werden.

Laut DLG sei Raps aus der Ernte 2010 bei den Teilnehmern der Umfrage zu 90% vermarktet. Vorverträge für die Ernte 2011 wurden von nahezu allen Panelteilnehmern abgeschlossen - zum Stichtag 09.02.2011 für nahezu 30% der Rapsernte 2011. Jeweils ein Drittel der Landwirte habe bis zu 15%, bis zu 40% und über 50% der erwarteten Ernte 2011 vorkontrahiert. In der Regel handelt es sich um Festpreiskontrakte, wobei die Preisableitung zu einem Stichtag über die Warenterminbörse Euronext erfolgt. 

Wie die Ergebnisse der aktuellen DLG-Agrarticker-Umfrage weiters zeigen, habe der Abschluss von Vorverträgen auch in der Weizenvermarktung gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Demnach seien bereits rund 20% der Weizenernte 2011 vertraglich gebunden. Der Vermarktungsanteil beträgt im Gros bis zu 15% der erwarteten Weizenernte. Es wurden aber auch Vermarktungsanteile von bis zu 30% und in der Spitze bis zu 50% genannt. Bei den Weizenvorkontrakten herrschte ebenfalls der Abschluss von Festpreiskontrakten mit Ableitung von der Euronext vor.

Nach Angaben der Befragten war die Vermarktung der Weizenernte 2010 Mitte der 6. Kalenderwoche 2011 zu 75% abgeschlossen. Ein Drittel der Befragten hatte seinen Weizen bereits komplett vermarktet.

Die DLG-Umfrage deckt sich mit einer Meldung von agrarzeitung.de, wonach in Niedersachsen die Getreidebestände auf den Höfen ungewöhnlich niedrig seien. Die Landwirte hätten zum Jahreswechsel schon einen wesentlich höheren Anteil der Ernte verkauft als im Vorjahr. Die Ernte sei Ende Dezember zu etwa 70 bis 90% vermarktet gewesen. Laut dem Statistischen Landesamt in Hannover hätten sich zum Jahreswechsel 2010/11 auf den niedersächsischen Höfen etwa 40 bis 50% weniger Weizen, Roggen und Wintergerste befunden als 2009/10. Noch größer sei im Jahresvergleich der Rückgang der Sommergerstenbestände.

Heimische Marktteilnehmer warnen allerdings, Deutschland als ausverkauft anzusehen, da man nicht wisse, wie lang der Handel mit Getreide eingedeckt sei. (BMLFUW/AIZ)

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