03.09.2009 | 00:00:00 | ID: 2007 | Ressort: Landwirtschaft | Unternehmen

Wirtschaftlicher Erfolg entsteht in den Köpfen

Frankfurt (agrar-PR) - Landwirtschaft: Es gibt keine fertigen Lösungen, wie in krisenhaften Zeiten zu navigieren ist - Auf Unternehmerkraft setzen - Sehr gut besuchte DLG-Unternehmertage in Würzburg
Die Land- und Agrarwirtschaft ist endgültig angekommen in einer Welt globalisierter Märkte, die aktuell um Auswirkungen einer taumelnden Wertwirtschaft verstärkt wird, mit allen Chancen,
aber auch nicht zu unterschätzenden Risiken für den Einzelbetrieb. Es gibt keine fertigen Lösungen, wie in diesen krisenhaften Zeiten zu navigieren ist. Allerdings muss vielfach auch das Rad nicht neu erfunden werden. Dies war Tenor der mit nahezu 600 Teilnehmern sehr gut besuchten Unternehmertage der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) am 2. und 3. September in Würzburg.  

Für DLG-Präsident Carl-Albrecht Bartmer stellt die gegenwärtige Krise eine Herausforderung dar, die Mut, Klarheit und Verantwortung für das eigene Handeln verlangt, um den Blick aus dem Jammertal werfen zu können. Gleichwohl könne der Blick auf die gegenwärtigen Preis-Kosten-Verhältnisse alles andere als Optimismus verbreiten. „Auch gut strukturierte Betriebe haben unter diesen Bedingungen große Schwierigkeiten.“ Sich in Krisen mit verfallenden Produktpreisen und steigenden Kosten zu behaupten,
sei nicht zuerst eine Frage an das Umfeld, sondern eine spezifische Herausforderung für jeden einzelnen Unternehmer, der die Führung eines Betriebes verantwortet. Nach Ansicht des DLG-Präsidenten entsteht der wirtschaftliche Erfolg in den Köpfen, sei es durch niedrige Kosten oder hohe Naturalerträge und in der produktionstechnischen Finesse eines eng in die Prozesse involvierten Unternehmers. „In seinem Kopf,
in seiner Einschätzung über Wohl und Wehe seiner Pflanzen und/oder seiner Tiere vermag er erst die
vielen kleinen Stellschrauben des Erfolges zu identifizieren“, betonte Bartmer. Im Austausch mit Berufskollegen, in innovativer Neugier und Adaptionsfähigkeit an die eigenen Rahmenbedingungen sieht
er Schlüsselfähigkeiten.  

Auch der Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Jakob Opperer, sieht in der Betriebsleiterqualität einen entscheidenden Faktor. In seiner Grußansprache wies er darauf hin, dass es heute unerlässlich ist, Herausforderungen anzunehmen und nicht überholten Vorstellungen nachzuhängen. Gute Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen würden sich durch große Fachkompetenz auszeichnen, sich Rat von Profis holen, Dienstleistungen gezielt einkaufen und Arbeiten auslagern. Darüber hält er die Wahrung der sozialen Kompetenz für besonders wichtig.  

Wachstumsimpulse aus Schwellenländern - Stabilisatoren der Weltwirtschaft
Den allgemein bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der weiteren Wirtschaftsentwicklung hielt der Chefanalyst der Bremer Landesbank, Folker Hellmeyer, klar nach oben gerichtete Frühindikatoren entgegen. Das Ende der virulenten Phase der Krise bedinge ab Sommer 2009 eine sukzessiv einsetzende Verbesserung der Finanzmarktfunktionalität mit Potenzial für eine verbesserte Kreditvergabe. Darüber hinaus sieht er Wachstumsimpulse aus den Schwellenländern. Diese würden sich mehr und mehr zu Stabilisatoren für die Weltwirtschaft entwickeln. Die weltweite Nachfrage nach Agrarrohstoffen nehme daher alsbald wieder Fahrt auf. Auch erwartet er, dass der anstehende Konjunkturverlauf besser ausfällt, als derzeit noch prognostiziert. Die jetzt zu erfolgende Anpassung der Wirtschaftsinstitute und der Großbanken sei lediglich der erste Schritt. Die Herausforderungen an die internationale Agrar- und Ernährungswirtschaft sind nach Ansicht des Chefanalysten der Bremer Landesbank durch die positive konjunkturelle Entwicklung der Schwellenländer mit verändertem Verbraucherverhalten einerseits und dem Thema „Biofuels“ andererseits extrem hoch. Unter den gegebenen Voraussetzungen biete sich mittel- und langfristig ein Szenario, das von erhöhten Absatzmengen und Preisüberwälzungsspielräumen geprägt sei. Hellmeyer sieht insgesamt mittelfristig gute Perspektiven für die Landwirtschaft.  

Erfolgreiche Unternehmer bleiben in Tiefpreisphasen liquide
„Die Kunst erfolgreicher Unternehmer besteht nicht darin, bei Spitzenpreisen Gewinn zu machen, sondern in Tiefpreisphasen liquide genug zu bleiben, um das Unternehmen erfolgreich durch die Krise führen zu können.“ Dies erklärte Christian Stockinger von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL/München). Für den bayerischen Agrarökonomen ist es zudem ein Irrglaube, die Politik könnte die Märkte bestimmen und für kostendeckende Preise sorgen. Wenn die Europäische Union (EU) den bisher eingeschlagenen Weg des weiteren Rückzugs aus Marktbeeinflussung und Preisbildung beschreite, müssen sich nach Stockinger die Landwirte einschließlich der Milcherzeuger auf sich ständig verändernde Preis-Kosten-Verhältnisse einstellen. Die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen hängt seiner Meinung nach insbesondere auch von der Anwendung technischer Fortschritte ab. Der laufende Produktivitätsfortschritt werde bei begrenzt aufnahmefähigen Märkten zwangsläufig zu einer weiteren Verringerung der Produzentenzahl führen. „Der strukturelle Rückstand ist mittlerweile so groß, dass einzelbetriebliches Größenwachstum in den Grenzen der individuellen Bauernhoflösungen für viele Betriebe nicht mehr Ziel führend ist“, betonte Stockinger. Je nach betrieblicher Situation sei zu analysieren, ob Investitionen in nicht-landwirtschaftliche Bereiche sinnvoll sind. So empfiehlt er, außerlandwirtschaftliche Bereiche dringend bei der Einkommenssicherung und dem Erhalt des Vermögens und der Gesundheit an Leib und Seele in die Überlegungen mit einzubeziehen.  

Getreide und Betriebsmittel muss man heutzutage einlagern können

Für den Landwirt Thomas Tiedemann aus Katzenow in Mecklenburg-Vorpommern sind angepasste hohe Naturalerträge auch bei volatilen Märkten Grundpfeiler für hohe Reinerträge. Auch gelte es, Ein- und Verkaufszeitpunkte möglichst weitgehend selber zu bestimmen. „Getreide und Betriebsmittel muss man heutzutage einlagern können“, betonte er. Darüber hinaus reiche die Kenntnis über die eigenen Schwächen und Stärken nicht aus. Erst die konsequente Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis führe zum gewünschten Ergebnis. „Daran mangelt es manchmal.“ Auch die Liquiditätsplanung erhalte unter den derzeitigen Gegebenheiten eine noch größere Bedeutung. Nach Ansicht des Ackerbauern müsse sie beim Ein- und Verkauf stärker einbezogen werden. Geldvoranschläge seien monatlich anzupassen,
die Kontostände stets im Blick zu haben, und die goldenen Finanzregeln müssten unbedingt beachtet werden. Insgesamt sieht er die Managementaufgaben grundsätzlich in der Hand des Betriebsleiters,
„diese dürfen nicht delegiert werden.“  

Krisen sind gute Möglichkeiten zur Veränderung

„Krisen zwingen zum Überdenken eingefahrener Wege, sie sind eine gute Möglichkeit zur Veränderung.“
Dies erklärte die Landwirtin Claudia Müller aus dem hessischen Wächtersbach. Für die Unternehmerin,
die gemeinsam mit ihrem Mann einen 140 ha großen Milchviehbetrieb mit 100 Milchkühen, eine Direktvermarktung und eine Biogasanlage betreibt, ist das ständige Überdenken von Arbeitsabläufen und Produktionsverfahren die Voraussetzung für notwendige betriebliche Entscheidungen. Es sei oft schmerzlich und unangenehm, sich mit diesen Dingen auseinander zu setzen. Doch ein zu langes Verharren am Bestehenden bzw. das sich selbst Bedauern führe nicht in eine positive Zukunft für den Betrieb und die Familie. „Rechtzeitig die Schwächen erkennen, diese ausmerzen, und wenn dies nicht geht, dann etwas Neues anpacken“, lautet die Maxime von Claudia Müller. Ansatzpunkte sieht die hessische Unternehmerin,
die seit 2006 dem DLG-Vorstand angehört, unter anderem in der Überprüfung persönlicher Neigungen,
der Standortfrage, der finanziellen Möglichkeiten und von Kooperationsmöglichkeiten. „Es geht viel mehr, als man denkt“, betonte sie.  

Krise in der Sauenhaltung überwunden

Dass Schweinehaltung auch abseits der Veredelungsgebiete erfolgreich sein kann, zeigte Peter Seeger aus dem südhessischen Otzberg auf. Unter der konsequenten Ausnutzung seiner Standortvorteile, wie zum Beispiel die geringe Viehdichte in seiner Region, geringe Futterkosten oder auch die Möglichkeit, Gülle günstig auszubringen, hat er kräftig in die Ferkelerzeugung investiert. Seiner Meinung nach habe man die Krise in der Sauenhaltung überwunden. Langfristige Kredite mit günstigen Zinsen und Rabatte der Stalleinrichter hätten ein Übriges dazu beigetragen. Ziel sei es jetzt, die Leistungen zu steigern,
die Arbeitswirtschaft weiter zu optimieren und Fremdkapital abzubauen. Weiterhin sieht er in der Optimierung energetischer Prozesse auf seinem Hof noch Rationalisierungsmöglichkeiten. Seeger sieht allerdings auch die Gefahren, „wenn man nur auf einen Betriebszweig setzt. Daher hat der hessische Landwirt diversifiziert und mit dem Ackerbau und dem Landhandel weitere Standbeine geschaffen.

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