Frankfurt (agrar-PR) -
Gelegenheiten erkennen und nutzen - Auf die Kraft von Unternehmern setzen - DLG-Präsident Carl-Albrecht Bartmer eröffnet die Unternehmertage in Würzburg „Die Wirtschafts- und
Finanzkrise hat auch die Landwirtschaft im Griff. Fakten wie der
globale Rückgang des Bruttosozialproduktes, der Einbruch des
Welthandels um zehn Prozent und eine Halbierung des Ölpreises sind an
der Landwirtschaft nicht spurlos vorübergegangen. Und wir sollten
realistisch nach vorn sehen, denn verdüsterte Arbeitsmarktdaten im
Herbst können weitere kritische Fragen nach der Kaufkraft auslösen und
die Nachfrage bei Agrarprodukten beeinflussen. Dennoch, Krisen bergen
Gefahren, aber auch Gelegenheiten. Und auf die Gelegenheiten sollten
wir unsere Kräfte konzentrieren, ohne allerdings die Gefahren zu
übersehen“. Mit diesen Worten eröffnete der Präsident der DLG (Deutsche
Landwirtschafts-Gesellschaft), Carl-Albrecht Bartmer, die
DLG-Unternehmertage am 2. September 2009 in Würzburg. Für den
DLG-Präsidenten stellt die Krise eine Herausforderung dar, mit Mut,
Klarheit und Verantwortung für das eigene Handeln den Blick aus dem
Jammertal zu werfen. Gleichwohl der Blick auf die gegenwärtigen
Preis-Kosten-Verhältnisse alles andere als Optimismus verbreiten
könnte. „Auch gut strukturierte Betriebe haben unter diesen Bedingungen
große Schwierigkeiten.“
Gleichzeitig
warnte Bartmer davor, zu sehr auf die Kräfte der Politik zu setzen. Für
ihn steht fest, dass die Politik keine Instrumente zur Verfügung hat,
um die Folgen von Marktanpassungen für die Landwirtschaft abzuwenden.
Gerade die Beobachtungen auf dem Milchmarkt machten deutlich, dass
Kosten des Ausstiegs aus einer aktiven Marktpolitik voll auf die
Produzenten durchschlagen, während die Politik selber durch
jahrzehntelange Strukturkonservierung den Betrieben ihre
Entwicklungsmöglichkeiten genommen hat. „Milchviehhalter haben die
Quote also zweimal bezahlt.“
Wirtschaftlicher Erfolg entsteht in den Köpfen
Sich
in Krisen mit verfallenden Produktpreisen und steigenden Kosten zu
behaupten, sei nicht zuerst eine Frage an das Umfeld, sondern eine
spezifische Herausforderung für jeden einzelnen Unternehmer, der die
Führung eines Betriebes verantwortet. Nach Ansicht des DLG-Präsidenten
entsteht der wirtschaftliche Erfolg in den Köpfen, sei es durch
niedrige Kosten oder hohe Naturalerträge und in der
produktionstechnischen Finesse eines eng in die Prozesse involvierten
Unternehmers. „In seinem Kopf, in seiner Einschätzung über Wohl und
Wehe seiner Pflanzen und/oder seiner Tiere vermag er erst die vielen
kleinen Stellschrauben des Erfolges zu identifizieren“, betonte
Bartmer. Im Austausch mit Berufskollegen, in innovativer Neugier und
Adaptionsfähigkeit an die eigenen Rahmenbedingungen sieht er
Schlüsselfähigkeiten.
Wachstumsnotwendigkeit und Kooperationsfähigkeit
Technologisch
erlebten die Produktionsverfahren zurzeit einen qualitativen Sprung.
Gerade im Pflanzenbau könnten durch Elektronik und ungekannte
Maschinenleistungen große Effizienzschritte verzeichnet werden.
„Precision Farming, bis vor kurzem ein Instrument für ‚Schrauberseelen’
und ‚Technikfreaks’ ermöglicht heute in der Breite erhebliche
Veränderungen in Betriebsorganisation und in der Produktionstechnik“,
stellte der DLG-Präsident fest. Seiner Meinung nach besteht heute die
Möglichkeit, quasi individualisiert an den Ansprüchen und dem Verhalten
von Pflanzen die Bewirtschaftung zu orientieren. Als Beispiele nannte
er Steuersysteme, die Sensorik, die Bodenanalytik sowie die Präzision
bis zur Einzelpflanze. Kosten und Potenziale der Systeme hätten aber
Konsequenzen: „Sie sind mit größeren Investitionen verbunden und
benötigen als wirtschaftliche Grundlage Größeneffekte.“ Diese lösten
entweder eine Wachstumsnotwendigkeit von Betrieben aus oder stellten
besondere Anforderungen an die Kooperationsfähigkeit bei kleineren
Einheiten.
Fläche nicht vermehrbar - Wir brauchen den Fortschritt
Der
DLG-Präsident bezeichnete Lebensmittel als essenziell, die weder zu
ersetzen, noch im Konsum wesentlich einzuschränken oder aufzuschieben
sind. Mit Blick auf die ständig wachsende Weltbevölkerung glaubt er,
dass auch eine saturierte Industrienation Deutschland das Thema
Ernährung ganz oben auf die Agenda setzen wird. Dabei werde schnell
festzustellen sein, dass neue Flächen kaum gewonnen und vorhandene
ohnehin durch Faktorbeschränktheit und Nutzungskonkurrenz nur
eingeschränkt zur Verfügung stünden. „Wir brauchen Fortschritt auf der
Fläche, wir brauchen Faktoreffizienz von der Energie über Dünger und
Pflanzenschutz bis zum Futter in Veredelung und Milchproduktion.“ Dabei
gehe es nicht nur um wirtschaftliche Erfolge, sondern auch um einen
Teil wahrgenommener globaler Verantwortung in einer nachhaltigeren
Welt. „Deshalb müssen wir unsere durch hohe Qualifikation, durch hohe
wirtschaftliche wie technische Leistungsfähigkeit, durch klimatische
Vorzüglichkeit vorhandenen Potenziale nutzen“, forderte der
DLG-Präsident.
Technische Entwicklungen fördern und initiieren
Fortschritt
in der Landwirtschaft ist für Bartmer keine Frage, die im Fall der
Fälle gelöst werden kann. „Weil Innovationsprozesse von der Züchtung
bis zur Konstruktion einer leistungsfähigeren Maschine oder eines
effizienteren Stallbausystems nicht auf Zuruf entstehen, sondern häufig
mit Innovationszyklen verbunden sind, die in Jahren und Jahrzehnten zu
bemessen sind, müssen wir schon heute technische Entwicklungen fördern
und initiieren“, erklärte der DLG-Präsident. Deshalb sei eine
Landtechnikausstellung wie die Agritechnica im November in Hannover
nicht eine Verkaufsausstellung, sondern ein Innovationsmotor, eine
Herausforderung an Konstrukteure und Ingenieure, sich dem Wettbewerb
der Ideen in einer weltweit einmaligen Dichte zu stellen. „Hier ist
Fortschritt mit Händen zu greifen, die Agritechnica ist einer der
wichtigsten Impulsgeber, die Branche fit für die Aufgaben der Zukunft
zu machen.“
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DLG-Präsident Carl-Albrecht Bartmer
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