18.01.2011 | 20:18:00 | ID: 7857 | Ressort: Umwelt | Klima

Hochwasser: Nach erster Zwischenbilanz erwartet Baden-Württemberg Millionenschäden und verspricht Landeshilfe

Heilbronn (agrar-PR) - Ministerpräsident Stefan Mappus: Wir lassen die besonders betroffenen Städte und Gemeinden jetzt nicht im Regen stehen.
Das Land will den besonders vom jüngsten Hochwasser betroffenen Städten und Gemeinden im Land helfen. Der Ministerrat habe dazu heute (18. Januar 2011) bei einer auswärtigen Sitzung in Heilbronn beschlossen, nach einer Schadensbilanz notwendige Landeshilfen zu gewähren. Ministerpräsident Stefan Mappus und Umweltministerin Tanja Gönner machten sich in Wertheim ein eigenes Bild von der Lage. "Wertheim befindet sich in einer Sondersituation. Das wird schnell deutlich, wenn man sich die seit Tagen unter Wasser stehenden Gebäude anschaut."

Bereits am vergangenen Montag vor einer Woche wurde Wertheims Altstadt erstmals überflutet. Seither stehen über 1.000 Gebäude unter Wasser. In der gestrigen Nacht ist die zweite Hochwasserwelle mit einem Pegelhöchststand von 5,95 Metern über die teils historischen Gemäuer herein geschwappt. Bis der Wasserstand unter die für Wertheim kritische Marke von unter 5,20 Metern absinkt, dürfte es nach den Prognosen der Experten noch mindestens bis Mittwoch dauern. Wenn keine neuen größeren Regenfälle hinzukommen, könnte sich zum Ende der Woche das Hochwasser zurückgezogen haben und sich die Situation weiter entspannen. "Die Schäden werden zwar erst vollständig sichtbar, wenn das Wasser weg ist. Es lässt sich aber jetzt schon erahnen, dass die Folgen doch größere Ausmaße annehmen und die Stadt und ihre Bürger noch etliche Zeit mit den Aufräumarbeiten und der Beseitigung der Schäden beschäftigt sein werden."

Die Landeshilfen sollen vorrangig Schäden im privaten Bereich mildern und vom Hochwasser der vergangenen Tage betroffenen Menschen helfen, die keine anderweitigen Ansprüche auf Entschädigung haben, so der Regierungschef. "Im Zuge der Aufräumarbeiten müssen nun die Schäden erhoben werden. Auf dieser Grundlage werden wir dann ein Paket schnüren. Das gilt auch für die vom Hochwasser an den Neckarzuflüssen Rems, Murr und Wieslauf betroffenen Gebiete." Ein Ende 2010 für Wertheim ausgelaufenes Programm, über das Schutzmaßnahmen an privaten Häusern gefördert wurden, werde außerdem bis 2013 verlängert. Die Finanzbehörden werden darüber hinaus alle zulässigen steuerlichen Erleichterungen ausschöpfen, um die Belastungen für die Bevölkerung zu mindern. "Bei solchen Ereignissen ist Solidarität gefragt."

Der Ministerpräsident dankte den Einsatz- und Hilfskräften für ihren in den vergangenen Tagen unermüdlichen Einsatz. "Durch die sehr schnell und besonnen getroffenen Vorkehrungen konnte Schlimmeres verhindert werden. Die Zusammenarbeit der Einsatz- und Hilfskräfte hat weitgehend reibungslos funktioniert. In einer solchen sich stündlich zuspitzenden und über Tage anhaltend angespannten Situation, die notwendige Ruhe und Umsicht zu behalten, verdient große Anerkennung." Man spüre allerdings förmlich wie das lang anhaltende Hochwasser zusehends an den Nerven der betroffenen Menschen zehre. "Wenn man tagelang in den unteren Geschossen Wasser hat, ist es irgendwann einmal zu Ende mit der Gelassenheit. Dafür habe ich großes Verständnis."

Doch auch die in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiter perfektionierte Hochwasservorhersage und die zur Hochwasserbekämpfung gebauten technischen Einrichtungen hätten dazu beigetragen, die Folgen des Hochwassers zu mindern. Dies gelte auch für die übrigen Teile des Landes, die in der vergangenen Woche von starken Regenfällen und Schneeschmelze heimgesucht wurden wie an den Neckarzuflüssen Rems, Murr und Wieslauf. So erreichte die Rems bei Schorndorf am vergangenen Donnerstag mit einem Pegelstand von 5,22 Metern ein statistisch nur alle 50 bis 100 Jahre vorkommendes Hochwasser.

Einzelne Kommunen wurden davon zwar hart getroffen. Seit dem letzten großen Hochwasserereignis an den Neckarzuflüssen im Jahr 2002 seien alleine im Rems-Murr-Kreis rund 50 Millionen in den Hochwasserschutz investiert worden. So seien beispielsweise drei von insgesamt sieben Hochwasserrückhaltebecken des Wasserverbandes fertig gestellt. "Die Becken haben ihre Feuertaufe bestanden. Jetzt ist es wichtig, die weiteren Planungen möglichst rasch voranzutreiben", so Mappus. Zahlreiche Gemeinden blieben trotz hoher Pegelstände von Hochwasser weitgehend verschont. "Die in den vergangenen Jahren eingeleiteten Hochwasserschutzmaßnahmen greifen", so Umweltministerin Gönner. In den ebenfalls von Hochwasser betroffenen Landkreisen wie dem Rhein-Neckar-Kreis, Neckar-Odenwald, Heilbronn, Ludwigsburg, Schwäbisch Hall und Ostalbkreis hätten drohende Überflutungen von bebauten Gebiete durch Hochwasserschutzeinrichtungen gänzlich verhindert werden können.

Das Land sieht sich nach den jüngsten Hochwasserereignissen in seiner Schutzstrategie bestätigt. "Ohne die in den vergangenen Jahren getroffenen Vorkehrungen wäre es weit schlimmer gekommen. Wir sind allerdings auch noch nicht am Ziel." Der Hochwasserschutz bleibe deshalb weiterhin oben auf der politischen Agenda. "Es wird nicht das letzte Hochwasser sein, das die jetzt betroffenen Städte und Gemeinden heimgesucht hat." Angesichts des Klimawandels müsse vielmehr damit gerechnet werden, dass sich extreme Wetterereignisse häuften und in zunehmend intensiver Ausprägung auftreten. "Die Hochwassergefahren werden mit der Klimaerwärmung tendenziell weiter steigen." Die Ereignisse verdeutlichten einmal mehr, dass sich die Investitionen in den Hochwasserschutz auszahlen. Allein das Land habe in den vergangenen zehn Jahren rund 600 Millionen Euro in den Bau von Dämmen, Deichen, Poldern und Hochwasserrückhalteräumen investiert. "Einen hundertprozentigen Schutz gibt es zwar nicht. Darüber darf man sich keine falschen Illusionen machen. Der Kampf gegen solche Naturgewalten stößt an natürliche Grenzen. Dennoch können durch Vorsorge und frühzeitig eingeleitete Vorkehrungen drohende Gefahren abgewehrt oder zumindest deren Folgen vermindert werden." In diesem Jahr will das Land trotz Sparzwängen erneut rund 60 Millionen Euro in den Hochwasserschutz investieren. "Das Land investiert damit in die Vorsorge. Das ist gut angelegtes Geld."


Hochwasserschutzstrategie des Landes - Kurzinformation

Die Hochwasserschutzstrategie des Landes stützt sich auf drei Säulen:

- Durch die Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes wie Dämme und Deiche sowie Hochwasserrückhaltebecken und Retentionsräume sollen durch Hochwasser verursachte Schäden vermieden bzw. vermindert werden. Insgesamt stellte das Land in den vergangenen zehn Jahren rund 600 Millionen Euro für Hochwasserschutzmaßnahmen an Gewässern I. Ordnung und für die Förderung von kommunalen Hochwasserschutzprojekten an den Gewässern II. Ordnung zur Verfügung.

- Die Hochwasservorsorge: Als Grundlage für die Hochwasservorhersage werden mit einem engmaschigen Messnetz entlang der Flüsse des Landes regelmäßig Wasserstände erhoben und zentral bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) ausgewertet und veröffentlicht: www.hvz.baden-wuerttemberg.de.

- Das Umweltministerium wirbt außerdem für Hochwasserpartnerschaften zwischen Gemeinden in Flusseinzugsgebieten. Ziel dieser Partnerschaften ist es, das Risikobewusstsein zu stärken und einen gegenseitigen Erfahrungsaustausch zu unterstützen. Erfahrungen und Know-how auf dem Gebiet der Hochwasservorsorge können über diese Plattform ausgetauscht werden und Netzwerke zwischen Ober- und Unterlieger entstehen.

- Das Hochwasser-Flächenmanagement: Derzeit werden in einem Gemeinschaftsprojekt zwischen Land und Kommunen an ca. 12.500 km Fließgewässer Hochwassergefahrenkarten erarbeitet, aus denen die Ausbreitung möglicher Hochwasserereignisse ersichtlich wird. Sie sollen insbesondere Grundlage für die angepasste Nutzung von hochwassergefährdeten Gebieten sein und das Hochwasserflächenmanagement verbessern helfen. Auf ihrer Basis können die Kommunen und die unteren Katastrophenschutzbehörden außerdem ihre Hochwasseralarm- und Einsatzpläne optimieren: www.hochwasser.baden-wuerttemberg.de. (PD)
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