Für das Experiment hatten die Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums
für Umweltforschung (UFZ) und der Französischen CNRS-Station für
Experimentale Ökologie 90 brütende Weibchen der Kragentrappe (
Chlamydotis undulata undulata) unterschiedlichen Artgenossen
gegenübergestellt. Je 30 Weibchen wurden im Emirates Center for
Wildlife Propagation (ECWP) im Marokkanischen Missour visuell mit
attraktiven Männchen, unattraktiven Männchen oder Weibchen
konfrontiert. Bei dem Experiment wurden die untersuchten Weibchen
künstlich befruchtet und einzeln in Volieren gehalten, die je fünf
Meter von denen ihrer Artgenossen entfernt waren. Auf diese Weise
konnten die Wissenschaftler ausschließen, dass andere Faktoren außer
den optischen Reizen eine Rolle spielten. "Meines Wissens ist unsere
Studie das erste Beispiel im Artenschutz für eine erfolgreiche
Manipulation der mütterlichen Ressourcen durch sensorische Reize",
erläutert die Verhaltensbiologin Adeline Loyau vom UFZ. "Unsere
Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist, die Verteilung der Ressourcen
der Weibchen unabhängig von der Qualität der männlichen Gene zu
steuern." Männliche Balzsignale erzeugen ein effektives Signal und
bieten damit Naturschützern ein einfaches und preiswertes Mittel. Die
Ergebnisse könnten also auch große Bedeutung für Nachzuchtprogramme von
anderen bedrohten Vogelarten haben.
Die Kragentrappe ist ein sandfarbener Wüstenvogel, der von
Nordafrika bis zur Mongolei verbreitet ist. In der Arabischen Welt ist
die Vogelart als Beute für die Falken-Jagd beliebt. Die Jagd und der
Verlust an Lebensräumen haben dafür gesorgt, dass die Populationen der
Kragentrappe stark zurückgegangen sind. Inzwischen wird die Art als
gefährdet eingestuft und in Artenschutzprogrammen gezüchtet, um die
natürlichen Populationen zu unterstützen. Dazu wurde im Marokkanischen
Missour das Emirates Center for Wildlife Propagation (ECWP) vom
damaligen Emir Abu Dhabis, Scheich Zayid bin Sultan Al Nahyan,
gegründet.
Bereits 2007 hatten Forscher um Adeline Loyau gezeigt, dass Weibchen des Blauen Pfaus (
Pavo cristatus),
die sich mit attraktiven Männchen gepaart hatten, mehr Ressourcen in
ihre Eier investierten als Weibchen, die sich mit unattraktiven
Männchen paarten. Bei attraktiven Partnern legten sie größere Eier und
erhöhten den Testosterongehalt im Eigelb, was einen direkten Einfluss
auf die Entwicklung des Nachwuchses hat. Auch andere Forscher hatten
zuvor gezeigt, dass verschiedene Faktoren wie die Qualität der Gene der
Väter oder das Nahrungsangebot Einfluss auf die Vogelweibchen und deren
Nachwuchs haben. Unter ungünstigen Bedingungen kann es effektiver sein,
in den aktuellen Nachwuchs weniger zu investieren und es in der
nächsten Saison wieder zu probieren. Mit den neuen Experimenten konnten
Loyau und Lacroix nun zeigen, dass auch optische Reize Einfluss auf die
Entwicklung des Nachwuchses haben können. Die Daten wurden von Loyau
während ihres Gastaufhaltes am UFZ in den Laboren in Leipzig
ausgewertet. Inzwischen arbeitet die französische Biologin in der
Station für Experimentale Ökologie (SEEM) des französischen
Forschungszentrums CNRS in Moulis in den Pyrenäen.
Tilo Arnhold
Die Vereinten Nationen haben 2010 zum internationalen Jahr der
biologischen Vielfalt erklärt. Ziel ist es, dass Thema biologische
Vielfalt mit seinen vielen Facetten stärker in das öffentliche
Bewusstsein zu rücken. Mit seiner Expertise trägt das UFZ dazu bei, die
Folgen und Ursachen des Biodiversitätsverlustes zu erforschen sowie
Handlungsoptionen zu entwickeln. Mehr dazu erfahren Sie unter:
http://www.ufz.de/index.php?de=16034
UFZ-Spezial "Biodiversität"
Die Biodiversitätsforschung in Deutschland ist auf zahlreiche
Institutionen wie Hochschulen, außeruniversitäre Einrichtungen und
Ressortforschung bis hin zu Naturschutzverbänden und Firmen verteilt.
Das Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung,
ein Projekt im Rahmen von DIVERSITAS-Deutschland, möchte der
Forschungs-Community deshalb eine gemeinsame institutionsunabhängige
Kommunikationsstruktur und -kultur anbieten. Mehr dazu erfahren Sie
unter:
http://www.biodiversity.de