Leipzig (agrar-PR) -
Auch in China, Australien und Israel werden jetzt Schmetterlinge gezählt. Künftig sollen auch in der Volksrepublik China Schmetterlinge nach europäischem Vorbild
erfasst werden. Eine entsprechende Kooperation haben am Freitag Ökologen mehrerer chinesischer Forschungseinrichtungen und des
Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in die Wege geleitet. Vom 10. bis 14. August 2009 tagten Experten aus China und
Deutschland, sowie Australien und Israel in Leipzig, um Erfahrungen beim Schutz von Schmetterlingen auszutauschen und bereits
vorhandene Forschungskooperationen zu intensivieren. Der Workshop war Teil des vom Bundesforschungsministerium (BMBF)
ausgerufenen Deutsch-Chinesischen Jahres der Wissenschaft und Bildung 2009/10.
Know-how, das am UFZ entwickelt wurde, findet bereits in Australien
und Israel Anwendung, wo Beobachtungsnetzwerke aufgebaut werden. In
Deutschland begann das UFZ gemeinsam mit der Gesellschaft für
Schmetterlingsschutz (GfS) bereits vor fünf Jahren das sogenannte
Tagfalter-Monitoring (TMD).
Über 500 Freiwillige zählen und
dokumentieren seither bundesweit mit einer standardisierten Methode
Schmetterlinge. Die Forscher erhalten so wichtige Informationen zur
Situation und weiteren Entwicklung der
Schmetterlings-Lebensgemeinschaften sowie Aussagen zu den Auswirkungen
von Landnutzung und Klimawandel auf die heimische Fauna und Flora.
Ursprungsland des Tagfalter-Monitoring ist Großbritannien, wo bereits
seit 1976 Schmetterlinge gezählt werden. Zahlreiche andere europäische
Länder haben die Idee übernommen. Die europaweiten Aktivitäten werden
unter dem Dach der Stiftung "Butterfly Conservation Europe (BCE)"
zusammengeführt. An der Gründung von BCE waren auch Wissenschaftler des
UFZ beteiligt.
Da Schmetterlinge ausgezeichnete Indikatoren für den ökologischen
Zustand der meisten terrestrischen Lebensräume sind, arbeitet das
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) mit ihnen seit vielen
Jahren auch im Rahmen seines Forschungsschwerpunktes "Biodiversität".
Bei zahlreichen internationalen Projekten spielten und spielen die
Falter eine zentrale Rolle und mit ihrer Hilfe konnten wesentliche
Fortschritte zum Schutz der Artenvielfalt in Wissenschaft und Praxis
erzielt werden. Beim ersten deutsch-chinesischen Workshop zu Tag- und
Nachtfaltern in der vergangenen Woche bildete das Tagfalter-Monitoring
Deutschland ein Kernelement. Ausgehend von den im UFZ gesammelten
Erfahrungen, wurden die Möglichkeiten diskutiert, ein ähnliches System
auf ausgewählte Regionen in China zu übertragen. Im Rahmen von
Exkursionen wurden den chinesischen Wissenschaftlern Projekte zum
Schutz der gefährdeten Ameisenbläulinge vorgestellt und im Freiland die
Monitoring-Methodik praktisch demonstriert. In einem Internet-Blog
fanden sich die täglichen Workshop-Aktivitäten in Form von Text- und
Bild-Beiträgen wieder. Dabei ging es BMBF und UFZ auch darum, die
Menschen hinter dieser Initiative vorzustellen und die einzigartige
Atmosphäre des Workshops wiederzugeben (
www.dcjwb.net/de/index.php;
www.dcjwb.net/300.php).
Seit 1978 besteht zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Volksrepublik China eine enge Beziehung in Wissenschaft und
Technologie. Deutsch-chinesische Forschergruppen nehmen heute gemeinsam
an vielen internationalen Forschungsprojekten teil. Sogar die Gründung
von bilateralen Forschungs- und Hochschuleinrichtungen ist in den
vergangenen Jahren mehrfach gelungen. Um die große Bedeutung der
deutsch-chinesischen Kooperation in Bildung und Forschung zu
unterstreichen, wurde von der Bundesministerin für Bildung und
Forschung, Prof. Dr. Annette Schavan, gemeinsam mit ihren chinesischen
Kollegen, dem chinesischen Minister für Wissenschaft und Technologie,
Prof. Dr. Wan Gang, und dem chinesischen Bildungsminister, Prof. Dr.
Zhou Ji, das Deutsch-Chinesische Jahr der Wissenschaft und Bildung
2009/10 initiiert. In dessen Rahmen auch der Workshop am UFZ
eingebunden war und finanziert wurde.
Doch nicht nur in Europa und bald schon in China werden
Wissenschaftler beim Zählen von Schmetterlingen durch Freiwillige
unterstützt. In Australien taten sich über 50 Mitarbeiter von
Universitäten, Naturschutzbehörden und Umweltorganisationen zusammen,
um Daten über eine vom Aussterben bedroht Schmetterlingsart zu sammeln.
Im australischen Sommer von September bis April machten sie sich
systematisch auf die Suche nach der Goldenen Sonnenmotte (Synemon
plana). Dieser "tagaktive Nachtfalter" ist besonders gefährdet, da sein
Lebensraum in den letzten Jahrzehnten auf weniger als fünf Prozent der
ursprünglichen Fläche geschrumpft ist. Die Larven der Motte ernähren
sich wahrscheinlich ausschließlich von Wallaby-Gras, einer
ursprünglichen Grasart, die seit Einführung der Schafzucht durch
europäische Siedler und der Erweiterung der Städte in Australien extrem
zurückgegangen ist.
Auf dem deutsch-chinesischen Workshop wurde dieses Pilotprojekt von Anett Richter vom UFZ vorgestellt. Sie koordiniert die
Untersuchungen und schreibt zurzeit am Institut für Angewandte Ökologie der Universität Canberra ihre Doktorarbeit.
Daneben gibt es noch ein weiteres außereuropäisches Land, das von
den deutschen Monitoring-Erfahrungen profitieren möchte. Dr. Guy Pe’er,
Mitarbeiter des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ), hat die
Idee in seinem Heimatland Israel publik gemacht. Da in Israel Insekten
bisher nicht geschützt waren, ist die Unterschutzstellung von 14
seltenen Schmetterlingsarten seit 30. April 2009 ein erster Erfolg. Die
Gesellschaft der Israelischen Schmetterlingskundler erhofft sich
dadurch ein stärkeres öffentliches Bewusstsein für den Schutz von
Schmetterlingen und im Zuge dessen auch eine hohe Beteiligung an dem
geplanten Tagfalter-Monitoring. Im Mittelpunkt des Monitorings wird
zunächst die Region Lachish stehen,
40 Kilometer südwestlich von
Jerusalem. Das bisher wenig bebaute, hügelige Gebiet liegt in der
Übergangszone zwischen Mittelmeer- und Wüstenklima, was es ökologisch
besonders wertvoll macht. Israel kann eine Schlüsselrolle einnehmen zur
Untersuchung der Auswirkungen des Klimawandels sowohl auf
Schmetterlinge als auch allgemein auf die Verbreitungsgebiete von
Tierarten. Denn als Land am Rande der Wüste und des Ostafrikanischen
Grabens ist es Durchzugs- und Überwinterungsgebiet für
Wanderschmetterlinge. Auch Guy Pe’er berichtete im Rahmen des
deutsch-chinesischen Workshops über seine Arbeit.