19.04.2011 | 15:16:00 | ID: 9165 | Ressort: Umwelt | Umweltpolitik

Nationalparkbilanz: Vogelreichtum, Hochwasser und neue Angebote

Potsdam (agrar-PR) - „Der Nationalpark Unteres Odertal ist in der Region angekommen. Nicht zuletzt die unlängst erfolgte Evaluierung hat bestätigt, dass wir auf dem richtigen Wege sind“, erklärte Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack (Linke) heute in Potsdam.
2010 war für den einzigen brandenburgischen Nationalpark in vielerlei Hinsicht ein bewegtes Jahr: Zwei große Hochwässer hinterließen ihre Spuren, der Anteil der Wildnisgebiete vergrößerte sich um rund 545 ha auf nunmehr 22 Prozent der Nationalparkfläche und weitere rund 1.120 ha im Nationalpark gingen in das Eigentum des Landes über. Die Stadt Schwedt/ Oder präsentierte sich zusammen mit dem Nationalpark anlässlich des Brandenburgtages stolz als Nationalparkstadt und der 15. Nationalparkgeburtstag wurde mit vielen Gästen gebührend gefeiert.

Als wichtigste Vorhaben für 2011 stehen die Fertigstellung des Nationalparkplans, die intensive Abstimmung mit der Region und die Bekanntmachung durch das Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz an. Bis Ende dieses Jahres soll auch das Zuteilungskonzept für die Neuverteilung des Eigentums im laufenden Unternehmensflurbereinigungsverfahren als wesentliche Grundlage für den Flurneuordnungsplan fertig gestellt sein.


Rückblick 2010

2010 zeigte sich einmal mehr das Potential des unteren Odertals für die Vogelwelt bei hohen Frühjahrswasserständen. Reiche Niederschläge im Mai hatten zu einer großflächigen flachen Überstauung der tiefliegenden Polderbereiche geführt. Prompt folgte eine Besiedlung durch Weißflügel- und Weißbartseeschwalben in bisher einmaliger Größenordung: Ungefähr 600 Paare der Weißflügelseeschwalbe und ca. 85 Paare der Weißbartseeschwalbe brüteten im Nationalpark. Sensationell war auch der erstmalige Brutnachweis für den Stelzenläufer im Polder 10. Auch Arten wie Bekassine, Tüpfelsumpfhuhn, Kleines Sumpfhuhn und die Knäkente kamen in besonders hoher Dichte vor. Mehrere Lachmöwenkolonien mit weit über 1000 Brutpaaren und dutzenden Rot- und Schwarzhalstaucherpaaren rundeten das „Who is who“ der Vogelwelt ab.

Heerscharen an Ornithologen pilgerten in der Folge in den Nationalpark Unteres Odertal, um an diesem Schauspiel teilzuhaben, das an den Vogelreichtum der weltbekannten ostpolnischen Nationalparke Biebrza und Narew erinnerte. Das Sommerhochwasser und die damit einhergehende Flutung der Polderflächen verursachten dann leider den fast vollständigen Verlust der Gelege. Selbst wenn die Geschwindigkeit des Wasserspiegelanstiegs nicht natürlichen Auenbedingungen entsprach, sind jedoch erhebliche Verluste durch Frühjahrs- und Sommerhochwässer für die Tierwelt der Flussauen etwas „Normales“ und die Arten haben sich mit verschiedenen Strategien daran angepasst (z.B. mehrfache Nachgelege, kurzfristige Abwanderung in andere Brutgebiete).

Erhebliche Auswirkungen hatte das Hochwasser auch auf die im Nationalpark wirtschaftenden Landwirtschaftsbetriebe, die ihre Grünlandflächen zum Teil überhaupt nicht nutzen konnten und deshalb Futter zukaufen mussten bzw. ihre Rinderbestände dezimierten. Die erheblichen finanziellen Einbußen bedeuteten für die Betriebe eine ganz erhebliche außerplanmäßige Belastung, die nur schwer kompensiert werden konnte.

Das Land Brandenburg hat den Träger des Gewässerrandstreifenprogramms als größten Flächeneigentümer im Nationalpark abgelöst (31 Prozent Eigentumsanteil). Möglich wurde dies durch Landkäufe und die Annahme von Landverzichtserklärungen im Umfang von ca. 180 ha und die kostenlose Übertragung von ca. 940 ha Flächen des Bundes im Rahmen des Nationalen Naturerbes.


Artenzuwachs

Im Nationalpark wurde mit der Zweifarbfledermaus eine neue Tierart und die nunmehr 15. Fledermausart nachgewiesen. Sie hat ihren Namen von dem zweifarbigen, fast „schimmlig“ wirkenden Rückenfell und legt Wanderungen bis zu 900 km zurück. Mit gezählten 210 Vögeln wurde 2010 die bisher größte Silberreiheransammlung im Gebiet des Nationalparks festgestellt. Der Silberreiher, eine südosteuropäische, große weiße Reiherart, wird erst seit Mitte der 90-iger Jahre regelmäßig im unteren Odertal beobachtet.

Gehäuft wurden auch Nilgänse im unteren Odertal beobachtet. Verwilderte Parkvögel dieser sehr konkurrenzstarken afrikanischen Art haben inzwischen in den Niederlanden und dem westlichen Deutschland größere Brutpopulationen aufgebaut und dort auch andere Wasservögel verdrängt. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Neubürger auch im Nationalpark als Brutvogel etablieren wird.


Partnerschaften und Besucher

Weiter ausbauen konnte die Nationalparkverwaltung ihr Netzwerk mit den verschiedensten Akteuren. In Gartz öffnete ein Bürgerbüro seine Tore und mit der Uckermärkischen Verkehrsgesellschaft wurde eine „Nationalparklinie“ zwischen Angermünde und Schwedt eingerichtet. Die „Nationalpark-Fangemeinde“ konnte mit vielen Veranstaltungen weiter vergrößert werden – von der Kanutour mit den Schwedter Rotariern bis zum gemeinsamen Kochen mit dem Nationalparkleiter in der Schwedter Integrations-Kita Regenbogen. Kräftig gerührt wurde die Werbetrommel für Brandenburgs einzigen Nationalpark. Besonders die Singschwantage und die Kranichwoche waren Publikumsmagneten.

35.000 Besucher und Gäste wurden in den verschiedenen Nationalparkeinrichtungen bzw. als Teilnehmer naturkundlicher Angebote von der Naturwacht, den Natur- und Landschaftsführern sowie den Kanuführern betreut. Die wichtigste Einrichtung ist das Nationalparkhaus in Criewen mit seiner neuen interaktiven Ausstellung, das von mehr als 21.000 Interessierten aufgesucht wurde. An 422 naturkundlichen Angeboten und Veranstaltungen nahmen mehr als 13.000 Personen teil. Die fünf Großveranstaltungen, die Singschwantage, die Tour de Natur, der Polderlauf, der Schwedter Nationalparklauf und die Kranichwoche waren wiederum Besuchermagneten. Sie verzeichneten allein schon 5.000 Teilnehmer.


Ausblick 2011

2011 erfassen die Mitarbeiter der Naturwacht im gesamten Nationalpark den Brutbestand des Kiebitzes, einer Art, die feuchtes Grünland als Brutgebiet nutzt und früher weit verbreitetwar. Heute zählt der Kiebitz deutschlandweit zu den gefährdeten Vogelarten. Durch den schaukelnden Balzflug und die intensiven „Kiewitt“ - Rufe lassen sich Brutpaaare gut feststellen. Unterstützt wird die Naturwacht bei der Kartierung durch Mitglieder des Schwedter Angelvereins von 1922 e.V., mit dem der Nationalpark eng zusammenarbeitet.

Die Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde wird das Konzept für die ökosystemare Umweltbeobachtung an die Nationalparkverwaltung übergeben. Die ersten Aufnahmeflächen werden eingerichtet und erstmalig verschiedene Parameter zur Tier- und Pflanzenwelt, sowie zur biotischen und abiotischen Umwelt aufgenommen. Mit Hilfe dieser ökologischen Dauerbeobachtung wird der Weg der Kulturlandschaft zur Wildnis dokumentiert.

In den nächsten Wochen wird mit dem Bewilligungsbescheid für das INTERREG-IVA-Projekt des Nationalparks gerechnet. Neben der Verstärkung des Nationalparkteams durch zwei Projektmitarbeiter wird die touristische Attraktivität des Nationalparks durch den Bau von zwei Beobachtungstürmen und die Etablierung eines gemeinsamen deutsch-polnischen Beschilderungssystems weiter erhöht. Für die gemeinsame Weiterentwicklung der deutschen und polnischen Schutzgebiete im unteren Odertal werden die Erarbeitung gemeinsamer Entwicklungspläne und deren beispielhafte Umsetzung einen wichtigen Schub bringen. (PD)
Pressemeldung Download: 
Agrar-Presseportal
Agrar-Presseportal
Postfach 131003
70068 Stuttgart
Deutschland
Telefon:  +49  0711  63379-810
E-Mail:  redaktion@agrar-presseportal.de
Web:  www.agrar-presseportal.de
>>>  Pressefach


© proplanta 2006-2024. Alle Rechte vorbehalten.