Leipzig (agrar-PR) -
Wissenschaftler untersuchen Koexistenz in artenreichen Gemeinschaften Eine vom Europäischen Forschungsrat (ERC) geförderte Forschergruppe
um die Modellierer Dr. Thorsten Wiegand und Dr. Andreas Huth hat ihre
Arbeit am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung-UFZ in Leipzig
aufgenommen. Die Forscher erhalten vom ERC in den kommenden fünf Jahren
über zwei Millionen Euro Forschungsgelder, um die Zusammensetzung und
Dynamik von artenreichen Gemeinschaften zu untersuchen. Fortschritte
auf diesem Gebiet sind wichtig für den Schutz der Biodiversität im
Zusammenhang mit Klima- und Landnutzungsänderungen und für die
Berechnung von Kohlenstoffbilanzen.
Mit dem "ERC Advanced Grant" fördert der
Europäische Forschungsrat (European Research Council / ERC)
herausragende Wissenschaftler, die bereits international bedeutende
Forschungsergebnisse über einen längeren Zeitraum aufweisen, damit sie
ein exzellentes Projekt in der Grundlagenforschung durchführen können.
Mit Gründung des ERC treten die Spitzenforscher Europas erstmals direkt
in einem offenen Wettbewerb an. In der ersten Ausschreibung der ERC
Advanced Grants im Bereich der Lebenswissenschaften hatten weltweit 766
Wissenschaftler Anträge eingereicht. Daraus wurden 78 Projekte nach
strengen Exzellenzkriterien zur Förderung ausgewählt, darunter nur 11
aus Deutschland.
Das UFZ hatte bereits 2008 einen "Starting Grant" des ERC erhalten.
Die Nachwuchsgruppe des Mikrobiologen Prof. Lorenz Adrian untersucht
Bakterien, die chlorierte aromatische Kohlenwasserstoffe umsetzen.
Damit ist das UFZ das erste Helmholtz-Zentrum, das sowohl mit einem
"Starting Grant" als auch einem "Advanced Grant" durch den ERC
gefördert wird.
Die Forscher um Thorsten Wiegand und Andreas Huth werden in den
nächsten Jahren der Frage nachgehen, weshalb in ökologischen
Gemeinschaften wie beispielsweise in Wäldern so viele Arten mit- und
nebeneinander existieren können. Ihr Projekt SPATIODIVERSITY ("Towards
a Unified Spatial Theory of Biodiversity") kombiniert dazu hohe
Computerrechenleistung mit neuesten Methoden räumlicher Musteranalyse,
individuenbasierten Waldsimulationsmodellen und der
Modellselektionstheorie, um herauszufinden, welche Schlüsselprozesse
die Artenvielfalt in Ökosystemen beeinflussen.
Der wissenschaftliche Ansatz stützt sich dabei vor allem auf die
Informationen, die in der räumlichen Verteilung der Arten enthalten
sind, die aber bisher kaum genutzt wurden. "Wir verfolgen einen
konsequent räumlichen Ansatz, der sich deutlich von früheren Strategien
unterscheidet und uns erlaubt einen großen Schritt in Richtung einer
"Unified Spatial Theory of Biodiversity" zu gehen", erläutert Thorsten
Wiegand. Dazu greifen die Forscher auf einen der umfangreichsten
Datensätze zurück, die in der Ökologie derzeit zur Verfügung stehen.
Das sind Daten aus Daueruntersuchungsflächen in tropischen Wäldern, die
mehrere hundert Baumarten und mehr als 100.000 Bäume beheimaten. Alle 5
Jahre werden die Bäume in diesen Untersuchungsflächen neu vermessen.
"Das Projekt besteht aus drei Komponenten", erklärt Thorsten
Wiegand, "Im ersten Schritt helfen uns neueste Techniken der räumlichen
Musteranalyse, um die hochkomplexen räumlichen Strukturen der
tropischen Wälder zu quantifizieren." "Gleichzeitig erstellen wir eine
Palette individuenbasierter und räumlich expliziter
Waldsimulationsmodelle, die von einfachen "neutralen" Modellen zu
detaillierten prozessbasierten Simulationsmodellen für Wälder reichen.
Dabei können wir von unseren langjährigen Erfahrungen mit Waldmodellen
wie FORMIND und FORMIX3 profitieren", ergänzt Andreas Huth. Im
entscheidenden dritten Schritt werden Techniken der Modellselektion
angewendet, um herauszufinden, welche der Simulationsmodelle die
beobachteten räumlichen Strukturen an besten wiedergeben. Besondere
Herausforderungen des Projektes sind die hohe Komplexität der
räumlichen Strukturen und der Interaktionen. Die umfangreichen Analysen
können nur in einem großen Projekt erfolgreich angegangen werden und
erfordern erhebliche Rechenleistung.
Enge Partner sind Prof. Dr. Savitri Gunatilleke und Prof. Dr. Nimal
Gunatilleke (University of Peradeniya, Sri Lanka Plot), sowie Prof. Dr.
Sean Thomas (University of Toronto, Malaysia Plot). Das Projekt wird
unterstützt von Prof. Dr. Steven Hubbell, Dr. Richard Condit und Dr.
Stuart Davis, die das vom Smithsonian Tropical Research Institute
organisierte Netzwerk aus Untersuchungsflächen in tropischen Wäldern
leiten. Es ist geplant, weitere Wissenschaftler einzubeziehen.