Berlin (agrar-PR) - Nach einer heute veröffentlichten Studie des Bund
für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erhöhen längere
Laufzeiten für alte Atomkraftwerke deutlich das Störfallrisiko.
Betroffen seien besonders die Atomkraftwerke Brunsbüttel, Isar 1,
Philippsburg 1, Krümmel, Neckarwestheim, Unterweser, Biblis A und
Biblis B. Diese Reaktoren erfüllten nicht die modernen
Sicherheitsstandards, auch dann nicht, wenn sie nachgerüstet würden.
Alterungseffekte wie Materialverschleiß seien kaum zu kontrollieren und
ein massives Sicherheitsproblem. Die Forderung von CDU, CSU und FDP
nach Laufzeitverlängerungen gerade für die störanfälligen Reaktoren
bezeichnete der BUND als Skandal.
Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND: "Es ist
unverantwortlich, dass CDU, CSU und FDP gerade für die ältesten und
unsichersten Reaktoren längere Laufzeiten fordern, die aus heutiger
Sicht aus Sicherheitsgründen überhaupt nicht mehr zugelassen würden.
Mit ihrer Forderung nach einem Ausstieg aus dem Atomausstieg setzten
die Unionsparteien und die FDP die Bevölkerung einem untragbaren Risiko
aus." Der BUND forderte die sofortige Stilllegung der acht ältesten
Atomkraftwerke ohne dafür neuere AKW länger laufen zu lassen.
Die Altreaktoren haben laut der BUND-Studie z. T.
nur eine Drittel der Wandstärke wie modernerer Reaktoren und wiesen
eine unzureichende Notstromversorgung auf. Dadurch seien Reaktoren wie
Biblis A oder Brunsbüttel deutlich schlechter gegen Außeneinwirkungen
wie Flugzeugabstürze oder Terroranschläge oder gegen Kurzschlüsse
geschützt. Auch sei bei den alten AKW die Wahrscheinlichkeit von
gefährlichen Rissen und Kühlmittelverlusten höher.
Nachrüstungsmaßnahmen hätten die Sicherheit bisher nicht erhöhen
können.
Oda Becker, Physikerin und Autorin der Studie: "Die
Sicherheitsstandards der alten AKW werden bereits bei der Bauplanung
festgelegt und können nicht mehr verbessert werden. Zwar sprechen die
AKW-Betreiber gerne davon, dass ihre Reaktoren auf den neusten
Sicherheitsstandard nachgerüstet werden. Doch die Realität sieht anders
aus. Und auch wenn Nachrüstungen im Einzelfall möglich sind, erreichen
sie nicht den Stand von Wissenschaft und Technik. In der Regel erfolgen
die Nachrüstungen sehr schleppend und sind zum Teil fehlerhaft. Oft
werden sie unterlassen, weil sie den Betreibern schlicht zu teuer
sind."
Noch weitgehend unerforscht und schwer beherrschbar
seien die Risiken durch Alterungsprozesse. Zum Teil würden Mängel wie
Risse, Materialermüdungen oder Veränderungen elektrischer und anderer
physikalischer Eigenschaften schon seit längerem bestehen und nur rein
zufällig entdeckt. Es müsse davon ausgegangen werden, dass auch zurzeit
nicht alle bestehenden Fehler in deutschen Atomkraftwerken bekannt
seien, sonders erst bei einem Störfall bemerkt würden.
Thorben Becker, BUND-Atomexperte: "In deutschen
Atomkraftwerken ist eine starke Häufung von altersbedingten Schäden zu
beobachten. Deshalb steigt das Risiko mit dem Betriebsalter der
Atomkraftwerke sprunghaft an. Wenn es zu Laufzeitverlängerungen kommt,
wird es auch immer mehr Störfälle wie Leckagen, Risse oder Kurzschlüsse
geben."
Alte Atomkraftwerke erforderten daher eine
besonders sorgfältige, an der Sicherheit des Kraftwerks ausgerichtete
Betriebsführung. Aber nicht nur in den von Vattenfall betriebenen
Anlagen Krümmel und Brunsbüttel seien Störfälle durch eine mangelhafte
Sicherheitskultur verursacht worden, sondern auch in anderen
Altanlagen. Gerade bei alten Atomkraftwerken sei es besonders
gefährlich, wenn die Betreiber Profit vor Sicherheit stellten. Deshalb
müssten die Betreiber gezwungen werden, ihre alten AKW schnell vom Netz
zu nehmen.
Mehr Informationen
BUND-Studie zu den Gefahren von Laufzeitverlängerungen