Osnabrück (agrar-PR) -
KTBL-Tagung „Die Landwirtschaft als Energieerzeuger“ am 4./5. Mai in Osnabrück Die Landwirtschaft kann einen wesentlichen Beitrag zum Ausbau der
erneuerbaren Energien leisten, wenn Biomasse effizienter genutzt und
die technischen Anlagen optimiert werden. Das ist das Ergebnis der
Tagung „Die Landwirtschaft als Energieerzeuger“ am 4. und 5. Mai in
Osnabrück, die das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der
Landwirtschaft e.V. (KTBL) mit Unterstützung der Deutschen
Bundesstiftung Umwelt (DBU) nach 2004 zum zweiten Mal ausgerichtet hat.
Mehr als 30 Referenten stellten den aktuellen Wissensstand zur
Erzeugung und energetischen Nutzung von Biomasse vor. Neben der
Bereitstellung von Energiepflanzen informierten sich die 120 Teilnehmer
aus Wissenschaft, Praxis, Industrie, Beratung, Politik und Verwaltung
über die Bereiche Biogas, Biobrennstoffe, Biokraftstoffe, solare
Energie und Energiedienstleistungen.
Über 70 Prozent der erneuerbaren Energien stammen bereits heute aus
Biomasse. „Unsere heimischen Ressourcen sind aber bei weitem noch nicht
vollständig erschlossen. Wir können insbesondere mehr Biomasse für
Wärme, Kraft-Wärme-Kopplung und Biogas bereitstellen, als wir das jetzt
tun und damit einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der in der EU
vereinbarten Energie- und Klimaziele leisten“, betonte Dr. Werner Kloos
von Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (BMELV). Die Bundesregierung möchte bis 2020 den
Energiebedarf zu 18 % aus erneuerbaren Energien decken. Das neue
Aktionsprogramm des BMELV zum Ausbau der Bioenergienutzung „Energie für
morgen – Chancen für ländliche Räume“ sei ein weiterer wichtiger
Schritt dorthin.
Neue Energiepflanzen mit Potential
Die Kosten der Bereitstellung von Biogassubstraten, Biobrennstoffen und
Biokraftstoffen sind ein wichtiger betriebswirtschaftlicher Faktor und
sie steigen tendenziell – dies machte Henning Eckel vom KTBL deutlich.
„Bei einer Biogasanlage mittlerer Größe können die Substratkosten 50
Prozent der Gesamtkosten ausmachen“, unterstrich Eckel beispielhaft.
Mais sei aus ökonomischer Sicht nach wie vor konkurrenzlos günstig. Die
Nutzung von Grünlandaufwuchs in Biogasanlagen ist wegen der hohen
Erntekosten und vergleichsweise niedriger Erträge derzeit
wirtschaftlich kaum realisierbar.
Als neuartige Energiepflanze mit einem Potential von 20 bis 25 Tonnen
Trockensubstanz pro Hektar und Jahr stellte Ulrike Jeche von der KWS
Saat, Einbeck, die Hirse (
Sorghum)
vor. Die tropische Herkunft der Art bedinge einerseits ihre
Trockenheitstoleranz, die den Anbau auch bei Regenmangel ermögliche.
Andererseits gefährde die Kälteempfindlichkeit junger Sorghumbestände
den Anbau in Deutschland. Dennoch ist Jeche zuversichtlich, dass die
Pflanzenzüchtung diese Hürden, ähnlich wie vor 30 Jahren beim Mais,
erfolgreich nehmen wird.
Chinaschilf, auch unter dem Namen
Miscanthus bekannt,
ist ein überdauerndes Süßgras und liefert nach Auskunft von Klaus
Mastel von Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg
durchschnittlich 12 bis 17 Tonnen Trockenmasse je Hektar und Jahr. „Das
erste Jahr nach der Pflanzung entscheidet über Erfolg oder Misserfolg
der Kultur“, fasste er zusammen. Hochwertiges Pflanzgut, eine
ausgewogene Wasserversorgung und das Ausschalten der Unkrautkonkurrenz
seien hier besonders wichtig.
Neben den gebräuchlichen NawaRo-Substraten für Biogasanlagen gibt es
eine Vielzahl biogener Reststoffe und Abfälle, die sich zwar gut zur
Energiegewinnung eignen, aber nicht eingesetzt werden dürfen, weil
sonst der NawaRo-Bonus der gesamte Anlage nach dem EEG
unwiederbringlich verloren gehen würde. Dr. Ute Schultheiss vom KTBL
beschrieb und bewertete solche potentiellen Biogassubstrate.
Alter Technologie- oder neuer Gülle-Bonus?
In der Sektion „Biogas“ stand die Weiterentwicklung der Anlagen im
Mittelpunkt. Dr. Waldemar Gruber von der Landwirtschaftskammer
Nordrhein-Westfalen forderte die bauliche Verbesserung der
Biogasanlagen im Bezug auf Säureresistenz und Stabilisierung der
Materialien für die Feststoffeinbringung, um hohe Folgeinvestitionen in
den ersten Jahren zu vermeiden. „Wer eine Biogasanlage erfolgreich
betreiben will, braucht entweder den Gülle-Bonus oder erhebliche
Überschüsse aus einer effizienten Wärmenutzung oder am besten beides“,
ist Ulrich Keymer von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft
überzeugt. Auch Trockenfermentationsanlagen würden versuchen, 30%
Wirtschaftsdünger in Form von Mist zu ergattern oder, wenn Gülle
verfügbar ist, genau rechnen und sich die Gewissensfrage stellen: Alter
Technologie- oder neuer Gülle-Bonus?
Eine häufige und wirtschaftliche Form der Abwärmenutzung aus der
Stromerzeugung mit Biogas stellt die Heizung von Gewächshäusern dar.
Ökonomisch sinnvoll wäre auch die Versorgung von Molkereien mit ihrem
großen und kontinuierlichen Warmwasserbedarf. Dies berichtete in
Osnabrück Dr. Anke Niebaum vom KTBL. Die Einspeisung von Biogas ins
Erdgasnetz birgt noch Potential. Nur 14 von rund 3800
landwirtschaftlichen Biogasanlagen in Deutschland speisen ihr Produkt
ins Erdgasnetz ein. Grundvoraussetzung dafür ist es, dass das Biogas in
seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften die Qualität des
handelsüblichen Erdgases erreicht, betonte Dr. Christian Böse von der
E.ON Bioerdgas, Essen.
Von einer Sonderstellung Deutschlands bei Biogas gegenüber anderen
Ländern berichtete Michael Beil vom Institut für Solare
Energieversorgungstechnik, Hanau. „Über 75 Prozent des in Europa
erzeugten Biomethans wird als Fahrzeugkraftstoff verwendet“, hob er
hervor. Auch dass, wie hierzulande, vor allem landwirtschaftliche
Substrate vergoren werden, ist in der EU eine Ausnahme und nicht die
Regel. So wird Biogas in Frankreich und Großbritannien fast
ausschließlich aus Klärschlamm und Müll hergestellt.
Holz- und Getreideverbrennung mit weniger Staubemissionen möglich
Die Besonderheiten der Holzproduktion auf Agrarflächen erläuterte Dr.
Volkhard Scholz vom Leibnitz-Institut für Agrartechnik, Potsdam-Bornim.
Hervorstechende Vorteile dieses Verfahrens seien die stabilen Erträge
bei geringem Aufwand für Pflanzenschutz und Düngung sowie das große CO2-Minderungspotential.
„Pappeln sind wirtschaftlicher als Weiden, denn sie liefern bei
gleichem Aufwand mehr Trockenmasse je Hektar und Jahr“, führte Scholz
aus. Er nannte 10 Tonnen Trockenmasse pro Hektar und Jahr als
realistische Ertragsperspektive.
„Bei Holz als Energieträger ist nach wie vor die traditionelle
Verbrennung von Scheiten in den Einzelfeuerstätten der Haushalte das am
weitesten verbreitete Verfahren“, stellte Peter Turowski vom
Technologie- und Förderzentrum Straubing fest. Er berichtete von neuen
Öfen, die weniger Schadgase ausstoßen, den Bedienkomfort verbessern,
sowie die Staubemissionen reduzieren und die Energieeffizienz steigern.
Holz lässt sich aber auch, wie praktisch jede andere Biomasse, zu
Pellets verarbeiten. Diese wecken auf dem Bioenergiemarkt als
standardisierte, leicht handhabbare Schüttgüter mit definierten
Eigenschaften zunehmendes Interesse, berichtete Dr. Stephan Sternowsky
von der Firma Amandus Kahl, Reinbek. Wichtigste Kostenfaktoren sind der
Einkauf der Biomasse, deren Aufbereitung und Pelletierung sowie die
Trocknung.
Die Verbrennung von Getreidestroh und –körnern steht im Vergleich zu
anderen Biofestbrennstoffen noch am Anfang, „aber es gibt inzwischen
Feuerungsanlagen, welche speziell für die Verbrennung von Halmfrüchten
entwickelt worden sind“, berichtete Thomas Hering von der Thüringer
Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena. Diese neue Technik ermöglicht
nach seiner Aussage sehr gute Ausbrandergebnisse und geringe
Staubemissionen. Allerdings seien die Anlagen wegen geringer
Stückzahlen noch relativ teuer.
Zukunft der dezentralen Ölmühlen ungewiss
Die energetische Verwertung von Halmgut könnte also zunehmen ‑ im
Gegensatz zum Einsatz von Rapsölkraftstoff. Rechtliche
Rahmenbedingungen schwächen zurzeit den Absatz und Markt für
Rapsölkraftstoffe. „Die Zukunft der dezentralen Ölmühlen ist ungewiss“,
beschrieb Dr. Edgar Remmele vom Technologie- und Förderzentrum in
Straubing die aktuelle Situation der Ölmühlen in Deutschland.
Zahlreiche Stilllegungen zwingen die Betreiber vorhandener Ölmühlen,
neue Absatzmärkte zu erschließen. Der hart umkämpfte Markt für
Speiseöl, nur 0,3 % des Rapsöls wurde 2006 hierfür aufgewendet, biete
nur wenigen Mühlen eine lohnende Alternative.
Die Weiterentwicklung der Fotovoltaikanlagen birgt noch Potential.
Darüber waren sich die Referenten der Sektion „Solare Energie“ einig.
„Der Einsatz kristalliner Module hat sich über die Jahre bewährt“, so
Stefan Blome von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.
Dünnschichtmodule sind noch wenig verbreitet, da sie technisch etwas
unsicher und im Preis deutlich teuerer sind.
Landwirte als Wärmedienstleister
Mit steigenden Rohölpreisen wachsen auch die Chancen der Landwirte,
sich als Wärmedienstleister ein weiteres Standbein aufzubauen, so
Helmut Döhler vom KTBL. Da Landwirte meist über die benötigten Flächen,
Lagermöglichkeiten und Maschinen verfügten, hätten sie klare Vorteile
gegenüber der Konkurrenz. Interessant seien Nahwärmenetze in Kommunen
mit hoher Wärmebedarfsdichte, d.h. ältere Gebäude mit schlechter
Dämmung sowie Großabnehmer wie Firmen und Hotels.
Der Tagungsband „Die Landwirtschaft als Energieerzeuger“ (316 Seiten,
25 €, ISBN 978-3-939371-85-4, Bestell-Nr. 11476) ist erhältlich beim
KTBL e.V. Tel. 06151/7001-189, E-Mail:
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www.ktbl.de