22.09.2023 | 16:45:00 | ID: 37475 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Deutliches Stoppschild für die EU-Kommission: Gentechnik-Pläne laut Gutachten rechtswidrig

Berlin (agrar-PR) - Die Pläne der EU-Kommission zur Gentechnik-Deregulierung verstoßen laut einem Rechtsgutachten gegen die „EU-Verfassung“. Für Lebensmittelunternehmen wären zudem große Rechtsunsicherheiten die Folge.
Alexander Hissting (VLOG): „Deutliches Stoppschild für die EU-Kommission“

„Auch neue Gentechnik ist Gentechnik und braucht Risikoprüfung und Kennzeichnung. Das kann auch die EU-Kommission nicht mal eben aushebeln. Das Gutachten ist ein deutliches Stoppschild für die EU-Kommission. Es darf doch nicht dazu kommen, dass am Ende der Europäischen Gerichtshof die Gentechnik-Deregulierung stoppen muss!“, so VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting. „Wenn Cem Özdemir es Ernst meint mit dem Schutz von Koexistenz und ‚Ohne Gentechnik‘-Sektor, sollte er sich in Brüssel für einen kompletten Neustart statt faule Kompromisse einsetzen. Die klare Position von Özdemirs Bundestagsfraktion zu den rechtswidrigen Gentechnik-Plänen der EU-Kommission ist ein gutes Signal für Lebensmittelwirtschaft, Verbraucher:innen und Umwelt!“

Klage hätte gute Erfolgsaussichten

Die von der Kommission geplante Abschaffung von Risikoprüfung und Kennzeichnungspflicht für einen großen Teil neuer Gentechnik-Verfahren verstößt laut dem Gutachten gegen das Vorsorgeprinzip, das im „EU-Grundgesetz“, dem Vertrag von Lissabon, verankert ist. Außerdem würde damit das völkerrechtlich verbindliche Cartagena-Protokoll verletzt. Es verlangt, dass vor dem Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) einzelfallbezogene Risikoprüfungen durchgeführt werden. Sollte der Vorschlag tatsächlich beschlossen werden, hätte eine Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) deshalb gute Erfolgsaussichten, so das Gutachten, das die Berliner Kanzlei GGSC im Auftrag der Grünen Bundestagsfraktion erstellt hat. Denn dass es sich bei den CRISPR-Pflanzen, die die Kommission von den Gentechnik-Gesetzen ausnehmen will, um GVO handelt, ist Konsens und wird auch von EU-Kommission und Gentechnik-Befürwortern nicht in Frage gestellt.

Große Rechtsunsicherheiten für Unternehmen

Sowohl für Unternehmen im gesamten Lebensmittelsektor als auch für die Gentechnik-Hersteller selbst würde die geplante Abschaffung von Risikoprüfung und Kennzeichnung darüber hinaus zu großen Rechtsunsicherheiten führen. Wer würde für mögliche Schäden haften? Bräuchte es dennoch eine Risikobewertung wegen zivilrechtlicher Produkthaftung? Wären Gentechnik-Hersteller verantwortlich oder alle, die die Produkte wissentlich oder unwissentlich verwenden? Welche Versicherungen würden wofür haften?

Grüne: „Jeder Staubsauger besser geprüft als unser Essen“

„Stimmen EU-Parlament und Ministerrat diesem Vorschlag zu, dann wäre künftig jeder Staubsauger in der EU besser geprüft als unser Essen“, so Harald Ebner (Grüne), Vorsitzender des Umweltausschusses im Bundestag. „Der Vorschlag ist so schlecht, dass eine Klage dagegen gute Erfolgsaussichten hätte“, ergänzt Karl Bär (Grüne), Obmann im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft.

Auszug aus dem Gutachten zu Rechtsunsicherheiten für Unternehmen (Seite 7)

„Die fehlende Risikoermittlungs- und Kennzeichnungspflicht führt ferner zu großen
Rechtsunsicherheiten für Unternehmen. Sie wirft sowohl für die Entwickler und Inverkehrbringer von NGT-Pflanzen und NGT-Erzeugnissen der Kategorie 1 als auch für sämtliche Unternehmen der Lebens- und Futtermittelkette die Frage auf, ob und inwieweit sie für Schäden haften, die durch die Verwendung von NGTPflanzen und NGT-Erzeugnisse der Kategorie 1 entstehen können. Ist eine Risikoermittlung und -bewertung aufgrund der zivilrechtlichen Produktverantwortung erforderlich? Wer ist verantwortlich, diejenigen, die NGT-Pflanzen der Kategorie 1 entwickeln und in Verkehr bringen oder diejenigen, die sie verwenden? Wer muss welche Informationen (Einstufung, Eigenschaften, Risiken) ungefragt an seine Kunden weiterleiten oder von seinen Zulieferern erfragen? Welche Risiken sind von welcher Versicherung gedeckt?“

Table Media: Vorschlag für neue Gentechnik rechtswidrig
https://table.media/europe/news/studie-vorschlag-fuer-neue-gentechnik-rechtswidrig/

Statement von Karl Bär und Harald Ebner (Grüne Bundestagsfraktion)
https://www.gruene-bundestag.de/presse/pressestatements/karl-baer-und-
harald-ebner-zur-veroeffentlichung-eines-rechtsgutachtens-zum-vorschlag-
der-eu-kommission-zur-deregulierung-neuer-gentechnikverfahren

Statement von Martin Häusling (Grüne Fraktion im Europaparlament)
https://www.martin-haeusling.eu/presse-medien/pressemitteilungen/
3047-rechtsgutachten-zum-deregulierungsvorschlag-der-neuen-
gentechnik-belegt-vorsorgeprinzip-wird-mit-fuessen-getreten.html

Statement von Clemens Stammler (Grüne Fraktion im österreichischen Nationalrat
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230922_OTS0058/
stammler-gutachten-zeigt-kommissionsvorschlag-zur-deregulierung-der-
neuen-gentechnik-ist-inhaltlich-inkonsistent

Rechtsgutachten der Kanzlei GGSC
https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/
themen_az/gentechnik/pdf/.pdf

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