22.07.2009 | 00:00:00 | ID: 1357 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Erneute Diskussion über Saldierung

Hannover (agrar-PR) - EU-Agrarpolitik   Ein Entwurf der mit Spannung erwarteten EU-Milchmarktanalyse liegt vor. In der Einleitung wird zwar eingeräumt, dass sich die Situation „dramatisch verschlechtert“ habe,  an den Entscheidungen des Health-Checks soll aber nicht gerüttelt werden. Eine Quotenkürzung um 5 Prozent oder ein Einfrieren der Quote komme nicht als Lösung der Probleme in Betracht. Anfang Juli hatte Bundesagrarministerin Ilse Aigner noch EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel aufgefordert, für ein eventuelles Einfrieren der Quoten „nicht den Weg zu versperren.“  Daraus wird nichts.

Welche alternativen Möglichkeiten nennt die Kommission?

Um das Milchangebot zu verknappen, wird eine Veränderung des bisher gültigen Saldierungssystems erwogen.  Dazu müsste die geltende Ratsverordnung dahingehend geändert werden, dass auch bei einer Unterlieferung der nationalen Quoten Überlieferer mit einer Superabgabe belastet werden.  Das Geld könne einbehalten und umverteilt werden - beispielweise um aufgabewillige Betriebe beim Rückzug aus der Milchproduktion zu unterstützen.

„Falls es zu einer Veränderung der Ratsverordnung kommt, wird sie aus Gründen des Vertrauensschutzes erst zum nächsten Milchwirtschaftsjahr greifen und ist deshalb in der aktuellen Situation nicht hilfreich“, kommentiert Landvolk-Milchreferent Dr. Werner Rüther den Vorstoß.  Eine Veränderung der Saldierungsmöglichkeiten tritt frühestens zum nächsten Milchwirtschaftsjahr, beginnend mit dem 1. April 2010, in Kraft.

Der Deutsche Bauernverband rechnet nicht damit, dass es  EU-weit eine politische Mehrheit für die Veränderung der Saldierung gibt. Zudem scheint es rechtliche Hürden zu geben, wenn die Saldierungsmöglichkeiten in die nationale Gesetzgebung einfließen.  

Jan Heusmann (Vorsitzender Kreisverband Wesermünde), Mitglied im Landvolk- sowie im DBV-Milchausschuss, musste bereits viele aufgebrachte Berufskollegen beruhigen: „Die Ankündigung löste Bestürzung aus. Aus der Sicht des Landvolks Niedersachsen steht die Saldierung nicht zur Diskussion. Wenn zu der Preisunsicherheit auch noch die Unsicherheit hinsichtlich der politischen Rahmenbedingungen kommt, wäre das fatal.“  Ganz offensichtlich, so Heusmann, werde die Schwäche des Marktes nicht von einer deutlichen Anlieferungssteigerung ausgelöst. Aktuelle Zahlen zeigen, dass die bundesweite Milchmenge im Juli um 1,6 Prozent geringer ausgefallen ist. Die Ursachen liegen vielmehr in der gesunkenen Nachfrage. Die Wirkung auf den Preis sei dadurch völlig unsicher. „Zwingt man unsere Milchviehbetriebe in diesen harten Zeiten auch noch, mit Fremdkapital Lieferrechte zu kaufen, dann wäre das eine Katastrophe“, schildert Heusmann  die Auswirkungen.

„Jetzt auch noch Lieferrechte zu kaufen, wäre eine Katastrophe“ Jan Heusmann, Vors. KV Wesermünde

Um schnell Menge vom Markt zu nehmen, schlägt die EU-Kommission in ihrer Analyse einen Anreiz vor, damit vermehrt  Kühe geschlachtet werden. Fachleute sehen darin die einzige Möglichkeit, um noch in diesem Jahr effektiv in den Markt einzugreifen. Erste vorsichtige Kostenschätzungen belaufen sich auf 500 bis 800 Mio. Euro, wovon ein Teil sogar noch im EU-Budget zur Verfügung steht. Einer Wiedereinführung der Beihilfe für den Einsatz von Magermilchpulver in Futtermitteln steht die Kommission reserviert gegenüber.

Auf der Nachfrageseite sieht sie Möglichkeiten über die Fortführung der Intervention und der privaten Lagerhaltung sowie der Gewährung von Exporterstattungen. Auch führt  sie die Ausweitung der Produktpalette an Milchprodukten im Rahmen des Schulmilchprogramms an und diskutiert eine finanzielle Förderung von Werbekampagnen für Milch und Milchprodukte.  

Weitere Maßnahmen betreffen die Einkommensstützung. Überlegt wird, die Grenze für nationale Agrarbeihilfen von 7.000 € auf 15.000 € je Betrieb (für drei Jahre) anzuheben. Damit können einem Betrieb Zuschüsse, beispielsweise in Form einer Zinsverbilligung, bis zu dieser Grenze gewährt werden, ohne dass die Kommission einzuschalten wäre.

In dem Bericht geht es auch um den möglichen Missbrauch der Marktmacht durch den Handel. Die Wettbewerbsabteilung hat festgestellt, dass sich die stark gesunkenen Erzeugerpreise nicht in den Verbraucherpreisen widerspiegeln. „Stellt die Kommission fest, dass der Wettbewerb nicht funktioniert, wird sie nicht zögern, alle Befugnisse zu nutzen“, schreibt die Behörde. Der EU-Agrarrat wird sich in seiner Sitzung am 7. September mit dem Marktbericht der EU-Kommission befassen.
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