Hannover (agrar-PR) - EU-Agrarrat Die Bundesregierung hat in Brüssel mit
ihrer zum wiederholten Mal vorgebrachten Forderung nach einer
Aussetzung der Milchquotenerhöhung 2010 weiter auf Granit gebissen.
EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel bewegte sich in dieser Frage
beim Agrarrat am Montag erneut keinen Millimeter. Eine gemeinsam mit
Frankreich eingebrachte Stellungnahme zur Milchmarktkrise wurde von
lediglich vier der übrigen 25 EU-Mitgliedstaaten unterstützt wurde.
Berlin und Paris konnten für diesen speziellen Teil eines
Forderungskatalogs - der ferner ein strikteres Quotenmanagement auf
EU-Ebene vorsieht - lediglich Österreich, Portugal, Ungarn und die
Slowakei als Rückendeckung gewinnen. Der von der Kommission im Juli
vorgestellte Milchbericht, der Anlass für die Verlegung des Rates von
Ende auf Anfang September war, wurde von den Mitgliedstaaten im Großen
und Ganzen begrüßt. Allerdings gingen die darin gemachten Vorschläge -
beispielsweise die Anhebung der De-minimis-Schwelle für Staatsbeihilfen
oder die Option, nationale Maßnahmen zur Senkung der Milchmenge zu
ergreifen - vielen Mitgliedstaaten nicht weit genug.
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner und ihr französischer
Amtskollege Bruno Le Maire konnten es deshalb immerhin als Erfolg
verbuchen, für den zweiten, separaten Teil ihrer Wunschliste insgesamt
14 Staaten mit ins Boot zu holen. Dennoch blieb Fischer Boel stur und
schmetterte die Bitte, den Interventionspreis zu erhöhen ebenso ab wie
den Appell,
die Exporterstattungssätze für Butter, Milchpulver und Käse
anzuheben. Hier sollte „jegliche Form von Marktverzerrung für
Entwicklungsländer“ vermieden werden. Nicht in Erwägung gezogen wurde
darüber hinaus die erneut eingebrachte Forderung nach der
Wiedereinführung der Verfütterungsbeihilfe
für Magermilch.
Nur auf EU-Ebene lösbar
Fischer Boel blockte alle konkreten Forderungen ab, die über die im
Milchbericht gemachten Vorschläge hinausgingen. Im Anschluss an das
Treffen erklärte sie vor Journalisten, sie versuche durchaus,
die
Erwartungen der Mehrheit der Mitgliedstaaten zu erfüllen. Trotzdem
würde sie beispielsweise gerne erfahren, wie die Exporterstattungen
weiter angehoben werden sollten, ohne Marktverzerrungen auszulösen. Die
Kommission habe sich gerade aus diesem Grund bislang sehr vorsichtig
verhalten und die Weltmarktpreise nicht unterboten. Die
Verfütterungsbeihilfe für Magermilch bezeichnete sie als
„rausgeworfenes Geld“.
Aigner bedauerte in einer knappen Stellungnahme,
dass die Kommission den Vorschlägen nicht gefolgt sei. Die
kompromisslose Haltung der Behörde sei nicht nachvollziehbar. „In allen
Punkten ist uns die Kommission nicht gefolgt und wird hier wohl keinen
Vorschlag nach dem jetzigen Kenntnisstand machen“, kritisierte Aigner
vor Journalisten. Das sei nicht in Ordnung, „weil das Problem auch nur
auf europäischer Ebene zu lösen ist“. Beim Deutschen Bauernverband
(DBV) stießen die Beschlüsse des EU-Agrarrates zum Milchmarkt auf
heftige Kritik. Trotz intensiver Suche nach kurzfristig wirksamen
Vorschlägen zur Lösung der Milchmarktmisere seien nicht die dringend
notwendigen Beschlüsse gefasst worden, die zu einer Trendwende führen
können.
Der DBV weist aber darauf hin, dass die Aussichten auf eine
erste Verbesserung des Milchpreises sich auch jenseits der politischen
Entscheidungen abzeichnen. Umso wichtiger sei jetzt die Unterstützung
dieser Entwicklung durch richtige politische Weichenstellungen der EU.
Le Maire fasste den Verlauf der Verhandlungen dagegen positiver auf.
Im Gegensatz zu Aigner sprach er davon, dass „die Dinge in Bewegung
kommen“. Der französische Minister forderte einen „effizienteren Rahmen
als das Quotensystem“ zur Lenkung des Milchmarkts und warb für den
Ausbau langfristiger Vertragsbeziehungen zwischen Milcherzeugern und
-verarbeitern. Die Volatilität des Milchpreises nütze niemandem, weder
den Erzeugern oder Molkereien, noch Einzelhandel oder Verbrauchern.
Sojaimporte unter Druck
Fischer Boel setzte sich beim Rat insbesondere für eine schnelle
Zulassung der transgenen Maislinie MON 88017 zum Import als Futter- und
Lebensmittel ein. Die Dänin wies auf Spurenfunde des gentechnisch
veränderten Organismus (GVO) in Sojalieferungen nach Deutschland,
Spanien und Dänemark hin und griff damit Befürchtungen der
Futtermittelhersteller hinsichtlich möglicher Versorgungsengpässe auf.
Bis Mittel Juli seien auf diese Weise bereits 200.000 t US-Soja der
Eintritt in die EU verwehrt worden. Im weiteren Verlauf des
Ministertreffens wurde die französische Forderung, die
Exporterstattungen für Schweinefleisch anzuheben, von Fischer Boel
abgelehnt. Die Avancen Le Maires konterte sie dabei mit dem Verweis,
das Beste, was Frankreich für seine Schweineerzeuger tun könne, sei ein
„Ja“ für die Zulassung des Monsanto-Maises.