Hannover (agrar-PR) - Milchbauern können kurzfristig zusätzliche Hilfen in Höhe von 280
Mio. Euro erhalten. Das hat EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel
beim EU-Agrarrat in Luxemburg in Aussicht gestellt. Damit kam sie den
Landwirtschaftsministern von 21 Mitgliedstaaten, die im Vorfeld 300
Mio. Euro gefordert hatten, weit entgegen.
Zwischen den EU-Ländern soll die Aufteilung anhand des
Quotenschlüssels erfolgen. Das würde für deutsche Milcherzeuger rund 55
Mio. Euro bedeuten. Als zu wenig, aber als richtigen Weg bezeichnete
DBV-Präsident Gerd Sonnleitner das Angebot. Der BDM, der die Sitzung
des Agrarrates wieder mit Protesten begleitet hatte, erneuerte seine
Forderung nach Kürzung der Milchquote und sieht die Nationalstaaten am
Zuge. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner signalisierte, dass
die EU-Gelder mit nationalen Mitteln flankiert werden könnten, falls es
dafür in den laufenden Koalitionsverhandlungen Unterstützung gebe.
Fischer Boel, die der Maßnahme nur auf massiven Druck der
Mitgliedstaaten zustimmte, rechnet damit, dass Milcherzeuger weniger
als 1000 Euro zusätzlich pro Betrieb erhalten. Technisch soll das Geld
von der Kommission freigegeben und in der Verantwortung der
Mitgliedstaaten verteilt werden. Unklar ist noch, auf welche Weise die
Mittel dem Sektor zugute kommen. Aigner bevorzugt absatzfördernde
Maßnahmen, im Gespräch ist das Schulmilchprogramm.
Die Kommission stellt sich offenbar eher eine Form der
Direktbeihilfe vor, die gezielt jenen Erzeugern zugute kommen soll, die
sich in einer besonders prekären Lage befinden und unter akuten
Liquiditätsproblemen leiden. Der Berufsstand favorisiert eine
Grünlandprämie. In jedem Fall muss die Vergabe sich an Maßstäben
orientieren, die „objektiv und nicht diskriminierend“ sind. Ob die 280
Mio. Euro tatsächlich bereitgestellt werden, hängt von den
EU-Finanzministern ab, die am 19. November nach Abstimmung mit dem
Europaparlament über den Haushalt 2010 entscheiden. Fließen würden die
Mittel voraussichtlich Anfang 2010, eventuell bereits Ende dieses
Jahres.
Sonnleitner setzte sich in Luxemburg gemeinsam mit dem Präsidenten
des EU-Ausschusses der Bauernverbände (COPA), Padraig Walshe, für
weitere Hilfen zugunsten der Milchbauern ein. Er rief Fischer Boel und
Aigner dazu auf, andere Marktbereiche nicht zu vergessen.
Beispielsweise seien die Schweine- und Getreidepreise eklatant
abgestürzt und der Export von Zucker werde verhindert. Genau hier liegt
das Problem: Mit den 280 Mio. Euro für den Milchbereich schöpft die
Kommission bis auf den Notpuffer von 300 Mio Euro die letzten Reserven
aus. Dadurch wäre im Haushalt 2010 für unvorhergesehene Turbulenzen in
anderen Sektoren - beispielsweise für Hilfen im Falle einer Tierseuche
- nichts mehr übrig, ohne die Haushaltsdisziplin auszulösen. Dann
würden lineare Kürzungen der Direktzahlungen für alle Landwirte im
Folgejahr drohen.