23.12.2009 | 00:00:00 | ID: 4295 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Nur nicht den Überblick verlieren

Hannover (agrar-PR) - Fördermittel
Nach den Beschlüssen zum Health Check wurden im Zuge zunehmend schwieriger Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft diverse „Sofortprogramme“ auf EU- und Bundesebene beschlossen. Gesehen hat der Landwirt von diesem Geldsegen bislang in der Regel noch nichts. Damit stellt sich die Frage, wer denn eigentlich wann und über welche Maßnahmen von diesen Beschlüssen profitieren kann, und um welche Summen es überhaupt geht? Im Folgenden soll etwas Licht ins Dunkel gebracht werden.

Seit November 2008 gab es insgesamt sieben, inklusive der Verlängerung der Gasölverbilligung sogar acht politische Beschlüsse, die über verschiedene Programme Fördermittel für die Landwirte bereit stellen sollen(siehe nebenstehenden Kasten). Die Aufzählung zeigt: Es gab viele Beschlüsse mit einem insgesamt beachtlichen Finanzvolumen. Angekommen ist bei den Landwirten aber bislang lediglich das Geld aus dem Liquiditätsprogramm der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Zusätzlich die ersten Bewilligungen aus dem AFP-Antragsverfahren aus November 2009.

Damit kommt die Frage auf, wie die übrigen Mittel eingesetzt werden. Einen Überblick dazu zeigt das nebenstehende Schaubild, das nur die zusätzlichen Mittel aus den oben beschriebenen Maßnahmen aufführt. Diese kommen in insgesamt 23 Einzelmaßnahmen zum Einsatz. Diese Vielfalt ist ein Grund für eine gewisse Unübersichtlichkeit und für das „subjektive“ Gefühl, es käme beim einzelnen Empfänger gar nichts an! Darüber hinaus kommen diese Programme zu unterschiedlichen Zeitpunkten zur Auszahlung. Dies verstärkt das oben beschriebene Gefühl! Und schließlich liegt beispielsweise bei Agrarumweltmaßnahmen zwischen dem Antragstermin für eine Maßnahme und der Auszahlung der bewilligten Mittel bisweilen noch ein Verpflichtungszeitraum. Diese zeitliche Verzug verstärkt das oben beschriebene Gefühl noch weiter!

Die in 2009 eingesetzten, zusätzlichen AFP-Mittel stammen im Wesentlichen aus dem unter Nr. 4 beschriebenen und im Frühjahr 2009 beschlossenen EU-Konjunkturprogramm. Niedersachsen hat vom 2. bis zum 16. November das AFP-Antragsverfahren 2009/10 geöffnet. Das Antragsvolumen lag bei ca. 102 Mio. Euro. Zur Verfügung standen aber nur ca. 68 Mio. Euro inklusive der EU-Konjunkturmittel. Was mit den Antragstellern passiert, die aufgrund des Antragsüberhanges nicht zum Zuge kommen, und wann das nächste AFP-Antragsverfahren eingeleitet wird, muss politisch noch entschieden werden.

Die Masse des zusätzlich bereit gestellten Geldes kann in 2010 beantragt werden und kommt zum Teil auch in dem Jahr noch zur Auszahlung. Zusätzliche Mittel sind 2010 in folgenden Bereichen vorgesehen:

AFP: Die zusätzlichen Mittel entstammen aus den nebenstehenden Beschlüssen Nr. 1, 2, 3 und 4, sind aber mit der Antragstellung vom November 2009 bereits verplant oder gar schon ausgegeben.

Grünland: Hier gibt es verschiedene Maßnahmen. Mit dem Änderungsantrag zum „Profil“-Programm hat Niedersachsen im Sommer 2009 drei Programme mit Mitteln aus den Beschlüssen Nr. 1, 2 und 3auf den Weg gebracht. Sie haben als Fördergegenstand das Dauergrünland zum Inhalt haben und werden folgendermaßen beschrieben.

B 0: Klima- und Wasserschutz auf Dauergrünland, eine Betriebs- und auf Milchviehhalter bezogene Maßnahme. Gezahlt werden sollen bis zu 45 Euro/ha Dauergrünland. Antragstellung ist am 15. Mai 2010, der Verpflichtungszeitraum beginnt am 1. Januar 2011, die Auszahlung soll ab Februar 2012 erfolgen.

B 3: Förderung der Dauergrünlandnutzung durch Ruhephase und Schonstreifen, eine Einzelflächen- und ebenfalls auf Milchviehhalter bezogene Maßnahme mit bis zu 115 Euro/ha. Antragstellung, Verpflichtungszeitraum und Auszahlung der Mittel wie bei B 0.

Ausgleichszulage für Dauergrünland: Gezahlt werden sollen 35 Euro/ha Dauergrünland im benachteiligten Gebiet. Die Antragstellung erfolgt am 15. Mai 2010, die Auszahlung der Mittel mit der Betriebsprämie 2010 im Dezember.

Mit Beschluss Nr. 6 (EU-Sonderprogramm Milch) hat die EU eine zusätzliche Grünlandprämie auf den Weg gebracht, die ohne Antrag und Bescheid bis zum 30. Juni 2010 zur Auszahlung kommen soll. Milchviehhaltern, die nach § 26 Abs. 1 Viehverkehrsverordnung für Dezember 2009 eine Rinderhaltung mit der Nutzungsart Milchkuhhaltung angezeigt haben und ausweislich der Angaben, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern oder aufgrund tierseuchenrechtlicher Vorschriften über die Anzeige und Registrierung von Betrieben erteilt worden sind, im Dezember 2009 Kühe einer Rasse, die nicht Fleischrasse ist, halten, soll aufgrund ihres Sammelantrages vom 15. Mai 2009 für alle Grünlandflächen (Dauergrünland und Wechselgrünland) ein Betrag von 20 Euro/ha (das Protokoll der Länderanhörung spricht von 14 Euro/ha) ausgezahlt werden. Milchkuhhalter sollten, um ihre Milcherzeugereigenschaft nachzuweisen (auch wenn es der Gesetzentwurf so eindeutig nicht vorsieht, aber die Auffassung des BMELV ist derzeit so), noch einmal in die HIT-Datenbank gehen und prüfen, ob bei der „Angabe der Produktionsausrichtung zur statistischen Erhebung der Rinderbestände“ die Rubrik „Milchkühe“ mit einem Kreuz versehen ist. Anzeigen die nach dem 31. Januar 2010 erfolgt sind, werden laut Gesetzentwurf nicht berücksichtigt.

Mit Beschluss Nr. 7, dem Koalitionsvertrag, schließlich wurde eine
Grünlandprämie auf den Weg gebracht, die jeweils mit dem Betriebsprämienantrag im Mai 2010 und 2011 beantragt werden kann. Antragsberechtigt sind Bewirtschafter von Grünland, die ihre Milcherzeugereigenschaft per Milchgeldabrechnung aus April 2010 bzw. 2011 bis spätestens 30. Juni des jeweiligen Jahres nachweisen und mindestens 0,33 Kühe pro Hektar halten. Es werden 37 Euro/ha Grünland mit der Betriebsprämie im Dezember des jeweiligen Jahres ausgezahlt.

Acker: Speziell für die Ackerbauern kommen in 2010 zusätzliche Mittel aus den Beschlüssen Nr. 1, 2 und 3 zum Einsatz, und zwar in Form der Maßnahme

A 7: Förderung der Zwischenfrucht und Untersaat auf Ackerflächen. Diese Maßnahme wurde bisher nur in einer abgegrenzten Gebietskulisse gefördert, künftig aber landesweit. Antragstellung ist am 15. Mai 2010 mit dem Sammelantrag. Der Verpflichtungszeitraum beginnt am 1. Januar 2011, die erste Mittelauszahlung erfolgt im Februar 2012. Pro Hektar Zwischenfrucht oder Untersaaten sollten 70 Euro, bei Ökobetrieben 45 Euro gezahlt werden.

Umwelt-/Naturschutz: Hier wurde im Zuge der Beschlüsse Nr. 1, 2 und 3 eine Fülle von Maßnahmen auf den Weg gebracht durch Mittelaufstockung oder Erweiterung vorhandener und auch neuer Programme. Dazu zählen der

- Erschwernisausgleich
- Grundwasser schonende Landbewirtschaftung
- Kooperationsprogramm Naturschutz
- spezieller Arten- und Biotopenschutz
- nicht produktive Investitionen Forst und
- Erhaltung und Verbesserung des ländlichen Erbes.

Eine detaillierte Beschreibung all dieser Maßnahmen mit ihren Unterprogrammen würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Die Antragstellung ist in der Regel jährlich möglich, zahlreiche Programme laufen über einen Zeitraum von fünf Jahren. Oft wirken diese Programme ebenfalls übers Dauergrünland, aber auch Ackerflächen kommen für eine Förderung in Betracht.

Ländliche Infrastruktur: Hierbei geht es um ein
Pilotprojekt zur Beregnung im Raum Uelzen und zusätzliche Mittel für den
ländlichen Wegebau. Die Mittel entstammen den Beschlüssen Nr. 1, 2 und 3.

Kuhprämie: Eine Kuhprämie wurde mit dem Beschluss Nr. 7 aus dem Koalitionsvertrag auf den Weg gebracht. Die Antragstellung erfolgt vermutlich (!) zeitgleich mit dem Betriebsprämienantrag 2010 bzw. 2011, wobei als Bemessungsgrundlage der durchschnittliche Kuhbestand laut den Angaben aufgrund von Rechtsvorschriften zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern (siehe vermutlich auch hier die HIT-Datenbank) oder tierseuchenrechtlicher Vorschriften über die Anzeige und Registrierung von Betrieben erteilt worden sind im April des jeweiligen Jahres mit Ausnahme der Fleischrassen herangezogen wird. Die Kuhprämie zählt als De-minimis-Beihilfe, d.h. der Freibetrag von 7.500 Euro in drei Jahren je Antragsteller darf durch die Kuhprämie nicht überschritten werden. Gezahlt werden sollen 21 Euro pro Kuh, nach Möglichkeit bis zum 30. Juni, wahrscheinlich aber erst mit der Betriebsprämie 2010. Antragsberechtigt sind wie bei der Grünlandprämie wiederum nur Milcherzeuger (Nachweis über April Milchgeldabrechnung). 

Unfallversicherung: Laut Beschluss der Koalitionsparteien (Nr. 7) soll ein Betrag von 200 Mio. Euro in 2010 und 114 Mio. Euro in 2011 zur Senkung der Beiträge in die landwirtschaftliche Unfallversicherung fließen. Für die niedersächsischen Beitragszahler, die von den Bundesmitteln profitieren, ergibt sich dadurch eine Beitragsermäßigung im Vergleich zum jüngsten Beitrag von ca. 21 Prozent.

Liquiditätsprogramm der Rentenbank: Dieses in 2009 zunächst ausgelaufene Programm wird um zwei Jahre verlängert. Vorgesehen sind Programme mit Laufzeiten von 4 und 10 Jahren Die Antragstellung ist vermutlich ab April 2010 wieder möglich.

Alle zusätzlichen Mittel, die in 2010 in den beschriebenen Programmen eingesetzt werden, kommen auch in 2011 zum Einsatz, wobei insbesondere die Programme, die teilweise durch zusätzliche Modulationsmittel gespeist werden im Volumen leicht ansteigen. Das trifft für Beschluss 1 zu. Die Finanzmittel aus dem EU-Konjunkturprogramm (Beschluss Nr. 4) und dem EU-Sonderprogramm Milch (Beschluss Nr. 6) fließen in 2011 nicht mehr. Damit wird die zusätzliche Grünlandprämie nicht mehr gezahlt. Die Kuhprämie sowie die Mittel zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung (Beschluss Nr. 7) nehmen im Volumen ab.

Ab 2012 versiegen nicht nur einzelne „Geldquellen“ (Beschlüsse Nr. 5 und 7), sondern auch die damit verbundenen Programme (Liquiditätshilfeprogramm, Grünland- und Kuhprämie, Zuschuss zur Unfallversicherung). Die Mittel aus den Health-Check-Beschlüssen (Modulation usw.) steigen hingegen an. Dieser Anstieg setzt sich bis 2013 fort auf dann 60, 9 Mio. Euro Zusatzmittel insgesamt.

Die Förderung der Landwirte war von der Politik gut gemeint, aber unter EU-rechtlichen und bundesföderalen Bedingungen sind solche Vorhaben schwer umsetzbar. Für die Landwirte zeigt sich nun das Problem, dass sie in unterschiedlichem Maße und im Zeitablauf auch nur „häppchenweise“ in den Genuss dieser „Wohltaten“ kommen können. Der Verwaltung beschert die Angelegenheit einen riesigen Aufwand und den Beratern, die den Landwirten bei der Beantragung und Umsetzung der Programme zur Seite stehen, die Gefahr eines „Vermögensschadenhaftpflichtfalles“. Schnelle, einfache und gezielt wirkende Programme sind unter den derzeitigen Gegebenheiten der GAP leider gar nicht auf den Weg zu bringen, auch wenn sie von der Politik immer wieder vollmundig angekündigt werden.
Pressekontakt
Frau Sonja Markgraf
Telefon: 0511/36704-31
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Landvolk Niedersachsen - Landesbauernverband e.V.
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