Nach den Beschlüssen zum Health Check wurden im
Zuge zunehmend schwieriger Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft
diverse „Sofortprogramme“ auf EU- und Bundesebene beschlossen. Gesehen
hat der Landwirt von diesem Geldsegen bislang in der Regel noch nichts.
Damit stellt sich die Frage, wer denn eigentlich wann und über welche
Maßnahmen von diesen Beschlüssen profitieren kann, und um welche Summen
es überhaupt geht? Im Folgenden soll etwas Licht ins Dunkel gebracht
werden.
Seit November 2008 gab es insgesamt sieben,
inklusive der Verlängerung der Gasölverbilligung sogar acht politische
Beschlüsse, die über verschiedene Programme Fördermittel für die
Landwirte bereit stellen sollen(siehe nebenstehenden Kasten). Die
Aufzählung zeigt: Es gab viele Beschlüsse mit einem insgesamt
beachtlichen Finanzvolumen. Angekommen ist bei den Landwirten aber
bislang lediglich das Geld aus dem Liquiditätsprogramm der
Landwirtschaftlichen Rentenbank. Zusätzlich die ersten Bewilligungen
aus dem AFP-Antragsverfahren aus November 2009.
Damit kommt die Frage auf, wie die übrigen Mittel
eingesetzt werden. Einen Überblick dazu zeigt das nebenstehende
Schaubild, das nur die zusätzlichen Mittel aus den oben beschriebenen
Maßnahmen aufführt. Diese kommen in insgesamt 23 Einzelmaßnahmen zum
Einsatz. Diese Vielfalt ist ein Grund für eine gewisse
Unübersichtlichkeit und für das „subjektive“ Gefühl, es käme beim
einzelnen Empfänger gar nichts an! Darüber hinaus kommen diese
Programme zu unterschiedlichen Zeitpunkten zur Auszahlung. Dies
verstärkt das oben beschriebene Gefühl! Und schließlich liegt
beispielsweise bei Agrarumweltmaßnahmen zwischen dem Antragstermin für
eine Maßnahme und der Auszahlung der bewilligten Mittel bisweilen noch
ein Verpflichtungszeitraum. Diese zeitliche Verzug verstärkt das oben
beschriebene Gefühl noch weiter!
Die in 2009 eingesetzten, zusätzlichen AFP-Mittel
stammen im Wesentlichen aus dem unter Nr. 4 beschriebenen und im
Frühjahr 2009 beschlossenen EU-Konjunkturprogramm. Niedersachsen hat
vom 2. bis zum 16. November das AFP-Antragsverfahren 2009/10 geöffnet.
Das Antragsvolumen lag bei ca. 102 Mio. Euro. Zur Verfügung standen
aber nur ca. 68 Mio. Euro inklusive der EU-Konjunkturmittel. Was mit
den Antragstellern passiert, die aufgrund des Antragsüberhanges nicht
zum Zuge kommen, und wann das nächste AFP-Antragsverfahren eingeleitet
wird, muss politisch noch entschieden werden.
Die Masse des zusätzlich bereit gestellten Geldes
kann in 2010 beantragt werden und kommt zum Teil auch in dem Jahr noch
zur Auszahlung. Zusätzliche Mittel sind 2010 in folgenden Bereichen
vorgesehen:
AFP: Die zusätzlichen Mittel
entstammen aus den nebenstehenden Beschlüssen Nr. 1, 2, 3 und 4, sind
aber mit der Antragstellung vom November 2009 bereits verplant oder gar
schon ausgegeben.
Grünland: Hier gibt es
verschiedene Maßnahmen. Mit dem Änderungsantrag zum „Profil“-Programm
hat Niedersachsen im Sommer 2009 drei Programme mit Mitteln aus den
Beschlüssen Nr. 1, 2 und 3auf den Weg gebracht. Sie haben als
Fördergegenstand das Dauergrünland zum Inhalt haben und werden
folgendermaßen beschrieben.
B 0: Klima- und Wasserschutz auf Dauergrünland,
eine Betriebs- und auf Milchviehhalter bezogene Maßnahme. Gezahlt
werden sollen bis zu 45 Euro/ha Dauergrünland. Antragstellung ist am
15. Mai 2010, der Verpflichtungszeitraum beginnt am 1. Januar 2011, die
Auszahlung soll ab Februar 2012 erfolgen.
B 3: Förderung der Dauergrünlandnutzung durch
Ruhephase und Schonstreifen, eine Einzelflächen- und ebenfalls auf
Milchviehhalter bezogene Maßnahme mit bis zu 115 Euro/ha.
Antragstellung, Verpflichtungszeitraum und Auszahlung der Mittel wie
bei B 0.
Ausgleichszulage für Dauergrünland: Gezahlt
werden sollen 35 Euro/ha Dauergrünland im benachteiligten Gebiet. Die
Antragstellung erfolgt am 15. Mai 2010, die Auszahlung der Mittel mit
der Betriebsprämie 2010 im Dezember.
Mit Beschluss Nr. 6 (EU-Sonderprogramm Milch) hat
die EU eine zusätzliche Grünlandprämie auf den Weg gebracht, die ohne
Antrag und Bescheid bis zum 30. Juni 2010 zur Auszahlung kommen soll.
Milchviehhaltern, die nach § 26 Abs. 1 Viehverkehrsverordnung für
Dezember 2009 eine Rinderhaltung mit der Nutzungsart Milchkuhhaltung
angezeigt haben und ausweislich der Angaben, die aufgrund von
Rechtsvorschriften zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern oder
aufgrund tierseuchenrechtlicher Vorschriften über die Anzeige und
Registrierung von Betrieben erteilt worden sind, im Dezember 2009 Kühe
einer Rasse, die nicht Fleischrasse ist, halten, soll aufgrund ihres
Sammelantrages vom 15. Mai 2009 für alle Grünlandflächen (Dauergrünland
und Wechselgrünland) ein Betrag von 20 Euro/ha (das Protokoll der
Länderanhörung spricht von 14 Euro/ha) ausgezahlt werden.
Milchkuhhalter sollten, um ihre Milcherzeugereigenschaft nachzuweisen
(auch wenn es der Gesetzentwurf so eindeutig nicht vorsieht, aber die
Auffassung des BMELV ist derzeit so), noch einmal in die HIT-Datenbank
gehen und prüfen, ob bei der „Angabe der Produktionsausrichtung zur
statistischen Erhebung der Rinderbestände“ die Rubrik „Milchkühe“ mit
einem Kreuz versehen ist. Anzeigen die nach dem 31. Januar 2010 erfolgt
sind, werden laut Gesetzentwurf nicht berücksichtigt.
Mit Beschluss Nr. 7, dem Koalitionsvertrag, schließlich wurde eine
Grünlandprämie auf den Weg gebracht, die jeweils mit dem
Betriebsprämienantrag im Mai 2010 und 2011 beantragt werden kann.
Antragsberechtigt sind Bewirtschafter von Grünland, die ihre
Milcherzeugereigenschaft per Milchgeldabrechnung aus April 2010 bzw.
2011 bis spätestens 30. Juni des jeweiligen Jahres nachweisen und
mindestens 0,33 Kühe pro Hektar halten. Es werden 37 Euro/ha Grünland
mit der Betriebsprämie im Dezember des jeweiligen Jahres ausgezahlt.
Acker: Speziell für die
Ackerbauern kommen in 2010 zusätzliche Mittel aus den Beschlüssen Nr.
1, 2 und 3 zum Einsatz, und zwar in Form der Maßnahme
A 7: Förderung der Zwischenfrucht und Untersaat
auf Ackerflächen. Diese Maßnahme wurde bisher nur in einer abgegrenzten
Gebietskulisse gefördert, künftig aber landesweit. Antragstellung ist
am 15. Mai 2010 mit dem Sammelantrag. Der Verpflichtungszeitraum
beginnt am 1. Januar 2011, die erste Mittelauszahlung erfolgt im
Februar 2012. Pro Hektar Zwischenfrucht oder Untersaaten sollten 70
Euro, bei Ökobetrieben 45 Euro gezahlt werden.
Umwelt-/Naturschutz: Hier wurde
im Zuge der Beschlüsse Nr. 1, 2 und 3 eine Fülle von Maßnahmen auf den
Weg gebracht durch Mittelaufstockung oder Erweiterung vorhandener und
auch neuer Programme. Dazu zählen der
- Erschwernisausgleich
- Grundwasser schonende Landbewirtschaftung
- Kooperationsprogramm Naturschutz
- spezieller Arten- und Biotopenschutz
- nicht produktive Investitionen Forst und
- Erhaltung und Verbesserung des ländlichen Erbes.
Eine detaillierte Beschreibung all dieser
Maßnahmen mit ihren Unterprogrammen würde den Rahmen dieses Beitrages
sprengen. Die Antragstellung ist in der Regel jährlich möglich,
zahlreiche Programme laufen über einen Zeitraum von fünf Jahren. Oft
wirken diese Programme ebenfalls übers Dauergrünland, aber auch
Ackerflächen kommen für eine Förderung in Betracht.
Ländliche Infrastruktur: Hierbei geht es um ein
Pilotprojekt zur Beregnung im Raum Uelzen und zusätzliche Mittel für den
ländlichen Wegebau. Die Mittel entstammen den Beschlüssen Nr. 1, 2 und 3.
Kuhprämie: Eine Kuhprämie wurde
mit dem Beschluss Nr. 7 aus dem Koalitionsvertrag auf den Weg gebracht.
Die Antragstellung erfolgt vermutlich (!) zeitgleich mit dem
Betriebsprämienantrag 2010 bzw. 2011, wobei als Bemessungsgrundlage der
durchschnittliche Kuhbestand laut den Angaben aufgrund von
Rechtsvorschriften zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern
(siehe vermutlich auch hier die HIT-Datenbank) oder
tierseuchenrechtlicher Vorschriften über die Anzeige und Registrierung
von Betrieben erteilt worden sind im April des jeweiligen Jahres mit
Ausnahme der Fleischrassen herangezogen wird. Die Kuhprämie zählt als
De-minimis-Beihilfe, d.h. der Freibetrag von 7.500 Euro in drei Jahren
je Antragsteller darf durch die Kuhprämie nicht überschritten werden.
Gezahlt werden sollen 21 Euro pro Kuh, nach Möglichkeit bis zum 30.
Juni, wahrscheinlich aber erst mit der Betriebsprämie 2010.
Antragsberechtigt sind wie bei der Grünlandprämie wiederum nur
Milcherzeuger (Nachweis über April Milchgeldabrechnung).
Unfallversicherung: Laut
Beschluss der Koalitionsparteien (Nr. 7) soll ein Betrag von 200 Mio.
Euro in 2010 und 114 Mio. Euro in 2011 zur Senkung der Beiträge in die
landwirtschaftliche Unfallversicherung fließen. Für die
niedersächsischen Beitragszahler, die von den Bundesmitteln
profitieren, ergibt sich dadurch eine Beitragsermäßigung im Vergleich
zum jüngsten Beitrag von ca. 21 Prozent.
Liquiditätsprogramm der Rentenbank:
Dieses in 2009 zunächst ausgelaufene Programm wird um zwei Jahre
verlängert. Vorgesehen sind Programme mit Laufzeiten von 4 und 10
Jahren Die Antragstellung ist vermutlich ab April 2010 wieder möglich.
Alle zusätzlichen Mittel, die in 2010 in den
beschriebenen Programmen eingesetzt werden, kommen auch in 2011 zum
Einsatz, wobei insbesondere die Programme, die teilweise durch
zusätzliche Modulationsmittel gespeist werden im Volumen leicht
ansteigen. Das trifft für Beschluss 1 zu. Die Finanzmittel aus dem
EU-Konjunkturprogramm (Beschluss Nr. 4) und dem EU-Sonderprogramm Milch
(Beschluss Nr. 6) fließen in 2011 nicht mehr. Damit wird die
zusätzliche Grünlandprämie nicht mehr gezahlt. Die Kuhprämie sowie die
Mittel zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung (Beschluss Nr. 7)
nehmen im Volumen ab.
Ab 2012 versiegen nicht nur einzelne
„Geldquellen“ (Beschlüsse Nr. 5 und 7), sondern auch die damit
verbundenen Programme (Liquiditätshilfeprogramm, Grünland- und
Kuhprämie, Zuschuss zur Unfallversicherung). Die Mittel aus den
Health-Check-Beschlüssen (Modulation usw.) steigen hingegen an. Dieser
Anstieg setzt sich bis 2013 fort auf dann 60, 9 Mio. Euro Zusatzmittel
insgesamt.
Die Förderung der Landwirte war von der Politik
gut gemeint, aber unter EU-rechtlichen und bundesföderalen Bedingungen
sind solche Vorhaben schwer umsetzbar. Für die Landwirte zeigt sich nun
das Problem, dass sie in unterschiedlichem Maße und im Zeitablauf auch
nur „häppchenweise“ in den Genuss dieser „Wohltaten“ kommen können. Der
Verwaltung beschert die Angelegenheit einen riesigen Aufwand und den
Beratern, die den Landwirten bei der Beantragung und Umsetzung der
Programme zur Seite stehen, die Gefahr eines
„Vermögensschadenhaftpflichtfalles“. Schnelle, einfache und gezielt
wirkende Programme sind unter den derzeitigen Gegebenheiten der GAP
leider gar nicht auf den Weg zu bringen, auch wenn sie von der Politik
immer wieder vollmundig angekündigt werden.