Ein Berufsverband kann seinen Mitgliedern nicht unmittelbar höhere Preise verschaffen. Er kann ihre Situation durch seine
Lobbyarbeit jedoch positiv beeinflussen. Dies wird zukünftig auch vor
dem Hintergrund liberalisierter Märkte nötig und möglich sein. Das
wurde auf dem 15. Braunschweiger Getreidetag des Landvolks deutlich.
Rund 400 Bauern waren nach Königslutter gekommen, um
Orientierungsmöglichkeiten über anstehende Entscheidungen in der
EU-Agrarpolitik, die Arbeit des Bauernverbandes und mögliche
Vermarktungsstrategien bei Getreide und Ölsaaten zu erhalten. Die
derzeitige Sorge über die unbefriedigende Preissituation in fast allen
Segmenten verdeutlichte Landvolk-Hauptgeschäftsführer Jörn Johann
Dwehus. „Es kann tatsächlich nur noch besser werden", sagte Dwehus.
Schließlich wachse weltweit die Bevölkerung und müsse ernährt werden.
Kurzfristig sei damit jedoch keinem Mitglied geholfen.
Schwierigkeiten bei der Entwicklung einer
langfristigen Strategie bereiten die sich rasant verändernden
Rahmenbedingungen. Zusätzliche Sorgen bereiten die gestiegenen
Betriebsmittelkosten. Da der Berufstand seinen Mitglieder schon lange
keine höheren Preise zusichern könne, sehe er sein Aufgabe darin, die
Landwirte auf der Kostenseite zu entlasten. „Das wirkt nicht sexy, ist
aber erfolgreich", verdeutlichte Dwehus. Er verwies auf die Senkung der
Agrardieselbesteuerung, die Erfolge bei der Erbschaftssteuerreform, der
Umweltgesetzgebung und der Sozialversicherung. Dennoch sei das Landvolk
immer nur so gut wie der Summer der Kreisverbände. „Auch ein einzelner
Landwirt kann so bei uns viel bewirken", betonte er.
Jetzt gelte es, die Transferleistungen auch für die
Zeit nach 2013 zu sichern. „Auf die Betriebsprämien können die
Landwirte nicht verzichten!". Daher müsse die erste Säule möglichst
stark bleiben. Bereits heute gebe es auf EU-Ebene einen
Verteilungskampf um die Mittel, werden Forderungen laut, das Geld in
die zweite Säule umzuschichten. Damit könne jedoch das Ziel eines
möglichst starken ländlichen Raumes nicht erreicht werden. Bereits
jetzt müsste daher auch auf kommunaler Ebene entsprechend auf die
Politik eingewirkt werden.
Daher müsse auch den Verbrauchern deutlich
vermittelt werden, dass Betriebsprämien aufgrund der
Multifunktionalität der Landwirtschaft gerechtfertigt sind. Transparenz
sei dafür unerlässlich. „Wir leisten Lobbyarbeit in Hannover, Berlin
und Brüssel, arbeiten mit an Richtlinien und Gesetzen, um
funktionierende Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft zu schaffen",
betonte Dwehus. Der DBV wolle den Spezialinteressen innerhalb des
Verbandes künftig mit einem einheitliche Leitbild und einer stärkeren
Produktprofilierung Rechnung tragen wolle. Das Landvolk habe damit
bereits positive Erfahrungen gesammelt. Vor dem Hintergrund knapperer
Finanzmittel habe dies auch Auswirkungen auf die präsidiale Struktur
des DBV, der sich künftig breiter aufstellen wolle. Wichtig sei dabei
die Geschlossenheit des Verbandes. Auch künftig laute das Credo des
Verbandes: „Wir können fast alles – und manches eben besser", sagte
Dwehus.
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich,
dass sich einige Landwirte durchaus ein wenig mehr Pepp und Schärfe zu
bestimmten Themen gegenüber der Öffentlichkeit wünschen. Geplanter
Provokation und Eskalation erteilte der Hauptgeschäftsführer aber eine
deutliche Absage.
„Vielleicht gibt sich der Verband manchmal ein bisschen zu nüchtern,
um die Landwirte wirklich mitzureißen", bewertete Jürgen Hirschfeld,
Vorsitzender des Bezirksverbandes Braunschweig, die besondere
Herausforderung des Landvolks, zwischen volatilen Märkten und
gesellschaftlichen Anforderungen zu agieren. „Aber wir sind nicht nur
Unternehmer, wir sind vor allem Bauern", betonte er. Die müssten im
Land und auf der Fläche bleiben. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer
Boel habe die Landwirtschaft als das Rückgrat ländlicher Räume
bezeichnet. „Jetzt müssen wir den Rücken auch gerade machen", sagte
Hirschfeld. Landwirtschaft sei für die Gesellschaft unverzichtbar.
Nicht nur für die Ernährungssicherung, sondern auch für die Erzeugung
von Futtergetreide, für die Bioenergieerzeugung und für die Gestaltung
des ländlichen Raums. Sie müsse sich jedoch als verlässlicher und
kontinuierlicher Partner für den Handel beweisen. Von der Politik
erwarten die Landwirte dabei mit Fug und Recht Unterstützung, auch bei
der Schaffung von Instrumenten zur Risikoabsicherung, wie etwa der
steuerfreien Risikoausgleichsrücklage. „Dann ist mir gerade um unsere
Region nicht bange", gab Hirschfeld sich optimistisch.