Berlin (agrar-PR) - Ein breites Bündnis von Verbänden aus den Bereichen
Landwirtschaft, Umwelt-, Natur-, Tier- und Verbraucherschutz sowie
kirchlicher Entwicklungsarbeit hat Bundesagrarministerin Ilse Aigner
aufgefordert, die anstehende Reform der europäischen Agrarpolitik und
eine Neuverteilung der EU-Agrarsubventionen nicht zu blockieren. Die
Probleme des weltweiten Hungers und die von der Landwirtschaft
verursachten ökologischen und sozialen Probleme ließen sich nur lösen,
wenn das bisherige System der EU-Agrarsubventionen grundlegend verändert
werde.
Die Vertreter der Verbände kritisierten, dass die
derzeit 55 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen im Jahr vor allem
wenigen Großbetrieben der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie
zu Gute kämen. Die gegenwärtige Agrarpolitik treibe eine große Anzahl
bäuerlich wirtschaftender Betriebe in den Ruin, vergrößere die Qualen
vieler Nutztiere und vernichte Arbeitsplätze in ländlichen Regionen.
Dringend erforderlich sei es, in der Agrarpolitik klare und
gesellschaftlich akzeptierte Ziele zu formulieren, erklärten die
Vertreter von EuroNatur, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
Landwirtschaft, von Bioland Deutschland, des Bischöflichen Hilfswerkes
MISEREOR und des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in
Berlin.
Ziel müsse es sein, die zunehmende
Industrialisierung der Landwirtschaft zu stoppen und ökologisch
wirtschaftende bäuerliche Betriebe zum Leitbild der Politik zu machen.
Alle agrarpolitischen Maßnahmen und Instrumente müssten so ausgerichtet
sein, dass dieses Leitbild gestärkt werde. Die Vergabe von Subventionen
sei künftig an wirksame ökologische und soziale Kriterien zu binden.
Landwirte, die am meisten zum Schutz der Artenvielfalt, der Gewässer und
des Klimas beitrügen und Arbeitsplätze auf dem Land sicherten, müssten
dafür endlich angemessen honoriert werden. Das Resultat wären erhebliche
Veränderungen in den Subventionsströmen. Anstatt hier zu bremsen, müsse
die Bundesregierung die Initiative übernehmen und eine Perspektive für
einen fairen Welthandel entwickeln.
Die Verbände verwiesen darauf, dass die industrielle
Landwirtschaft Hauptverursacher des Artenschwundes und der
Nitratbelastungen von Gewässern sei. In Deutschland verantworte sie
außerdem über 13 Prozent des Klimagases CO2. Wenn Agrarministerin Aigner
gegen den Willen einer Mehrheit der Bevölkerung weiter auf die
exportorientierte Massentierhaltung setze, würden wichtige europäische
Ziele wie die Senkung der Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft
nicht erreicht. Verfehlt werde auch die erklärte Absicht der deutschen
Nachhaltigkeitsstrategie, die Überdüngung der Felder deutlich zu
reduzieren.
Das Bischöfliche Hilfswerk MISEREOR warnte davor,
den Welthunger als Vorwand für die Fortsetzung einer einseitigen
Produktions- und Exportsteigerung zu missbrauchen. Die europäische
Überproduktion trage sogar zur Verschärfung des weltweiten Hungers bei.
Billigimporte aus der EU verdrängten in den Entwicklungsländern die
heimische Produktion von Grundnahrungsmitteln. Das gefährde nicht nur
das Recht auf Nahrung und das Einkommen der Kleinbauern. Zugleich
verstärke sich die Abhängigkeit von Importen und schwankenden
Weltmarktpreisen für Lebensmittel. Stattdessen müssten die
Entwicklungsländer beim umweltgerechten Ausbau der bäuerlichen
Landwirtschaft unterstützt werden.
Weitere Informationenen
* Gemeinsames
Positionspapier zur Reform der EU-Agrarpolitik