Hannover (agrar-PR) - Zu den Ergebnissen des Milchgipfels im Bundeskanzleramt befragte die
LAND & Forst DBV-Präsident Gerd Sonnleitner und den
Milchpräsidenten Udo Folgart, die bei an dem Gespräch teilgenommen
haben.
Sie waren mit der BDM-Spitze und Ministerin Aigner bei Bundeskanzlerin Merkel zum Milchgespräch. Was kam dabei heraus?
Sonnleitner: Es war ein sehr konstruktives Gespräch.
Bundeskanzlerin Merkel war ausgesprochen gut informiert über Milchmarkt
und Milchpolitik. So hat Frau Merkel zum Beispiel klar unterstrichen,
dass nicht der Bauernverband die Quote abgeschafft hat, sondern die
EU-Regierungschefs. Der DBV hat sich rechtzeitig auf diese Situation
eingestellt. Dieser Verantwortung verweigert sich der BDM. Genau das
verhindert ein geschlossenes Auftreten der Politik an der für die
Milchbauern wichtigsten Stelle in Brüssel.
Folgart: Bundeskanzlerin Merkel hat dem BDM ins Stammbuch
geschrieben, endlich damit aufzuhören, falsche politische Hoffnungen
bei den Milchbauern zu schüren. So sagte sie, das Auslaufen der Quote
ist beschlossen. Daran wird sich nichts mehr ändern.
In welchen Punkten waren Sie sich mit der Kanzlerin einig?
Sonnleitner: Sie warnt vor einer Renationalisierung der
Milchpolitik und hat zugesagt, in Brüssel absatzfördernde Maßnahmen
voranzubringen sowie ein Grünlandprogramm aufzulegen. Sie hat
Ministerin Aigner beauftragt, im Agrarrat sich für solche unmittelbar
auf eine Preisverbesserung zielende kurzfristige Maßnahme
einschließlich der Erhöhung der Interventionspreise einzusetzen. Sie
selbst will bei EU-Kommissar Barroso vorstellig werden. Im Großen und
Ganzen unterscheidet sich die Einschätzung der Kanzlerin also von der
Position des Bauernverbandes nicht. Einzig in der Frage der Saldierung
hatte sie eine andere Auffassung als wir.
Folgart: Merkel betonte mehrfach, dass auch der Milchmarkt
marktwirtschaftlich ausgerichtet ist. Planwirtschaftlichen
Mengenregulierungen wie vom BDM vorgetragen, gab sie eine klare Absage.
Die Saldierungsfrage will sie noch einmal prüfen lassen. Wenngleich sie
sagte, dass die Bundesländer mit eindeutigen Mehrheiten (14 zu 2)
mehrfach schon einer Aufhebung der Saldierung eine Absage erteilt
haben. Auch für flexible Mengenregulierungen werde eskeinen
Rechtsrahmen geben.
Jetzt ist also die Politik gefordert zu handeln?
Sonnleitner: Ja eindeutig, die Politik muss jetzt unmittelbar
aktiv werden. Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, damit unsere
Milchbauern weiterhin die Nummer eins in Europa sein können. Politik
und Verbände können keine Preise machen, aber sie können und müssen die
Milchbauern im Markt stärken und Hemmnisse wie Bürokratie und
Exportprobleme abbauen. Dennoch hat die Politik aber nach unserem
Milchgespräch erneut die unterschiedlichen Interessen von DBV und BDM
thematisiert, um davon abzulenken, dass sie unter Handlungs- und
Erfolgsdruck steht.
Folgart: Die Kanzlerin hat eindeutig gesagt, dass in
Brüssel der Schlüssel zur Belebung des Milchmarktes liegt. Jetzt müssen
Aigner und die Bundesregierung die sich abzeichnenden
Marktverbesserungen durch Maßnahmen der Absatzförderung den notwendigen
Rückenwind geben, damit ein stabiler Aufschwung auch bei den
Erzeugerpreisen ermöglicht wird.
Hat die Kanzlerin das Kartellrecht angesprochen?
Sonnleitner: Thema bei dem Treffen im Kanzleramt waren auch die
kartellrechtlichen Spielregeln. Die Bundeskanzlerin hat zugesagt, dass
geprüft wird, ob Branchenkooperationen im Sinne der in Frankreich
bekannten Interprofessionen künftig auch in Deutschland eine Zukunft
haben könnten. Bei uns gilt es, zum Beispiel die Erzeugergemeinschaften
zu stärken.
Das Medienecho auf das Kanzlergespräch hat sich stark auf die
unterschiedlichen Auffassungen von DBV und BDM bezogen. Inhaltlich
wurde kaum etwas transportiert. Wie groß ist die Gefahr für die
berufsständische Interessenvertretung, Schaden zu nehmen?
Folgart: Der DBV hat unmittelbar nach dem Gespräch eine
gut besuchte Pressekonferenz zu den Ergebnissen gemacht. Andererseits
greifen Medien gern Streit auf. Schaber hatte noch am Zaun des
Bundeskanzleramts nichts besseres vor, als von Sonnleitner als
„Blockierer“ zu sprechen, statt die erzielten Fortschritte bei der
Bundesregierung für die Milchbauern hervorzuheben. Wir haben uns vor
der Presse nur auf die inhaltlichen Ergebnisse bezogen, nicht auf die
eindeutigen Aussagen der Kanzlerin zum BDM. Zu dessen rückwärts
gewandter, illusorischer Milchpolitik meinte sie nur: „Herr Schaber,
hören Sie endlich auf zu träumen!“
Sonnleitner: Der Regierungssprecher hat im Vorfeld
missverständlich kommuniziert, dass das Gespräch vor allem zu einer
Zusammenführung von DBV und BDM führen soll. Diese Erwartungshaltung
stand zu keiner Zeit im Verhältnis zu den tatsächlichen
Gesprächsbotschaften der Kanzlerin. Die öffentliche Diskussion über
uneinheitliche Milchbauern schadet nicht nur dem Ansehen des
Berufsstandes, sondern schwächt uns auch im Durchsetzen notwendiger
Maßnahmen, die die Politik nun endlich angehen muss. Unsere Milchbauern
haben Besseres verdient, als Image schädigende Aktionen.