Hannover (agrar-PR) -
EIN KOMMENTAR VON Hartmut Schlepps Die seit 14 Monaten von Flächensperrungen und amtlichen
Überwachungsmaßnahmen betroffenen Milchviehbetriebe an der Unterems
können hoffentlich aufatmen. Eine unbürokratische Entschädigung des
materiellen Schadens, der durch die verfälschten Analysen entstanden
ist, sollte jetzt selbstverständlich sein. Der Imageschaden in der
Region und noch mehr die Existenzängste in den betroffenen Familien
werden so jedoch nicht zu heilen sein. Die jüngsten Kommentare aus
Politik und Amtsstuben lassen leider nicht erkennen, dass die Probleme
in der Qualitätssicherung des amtlichen Futtermittellabors in Stade die
Akteure zum tieferen Nachdenken angeregt haben. Die Opposition
konstruiert erneut aus der Luft gegriffene Verschwörungstheorien, und
die Landesbehörden beharren auf einem allgemeinen Höchstgehaltsproblem
bei Schafslebern.
Dabei sollten ganz andere Fragen gestellt werden, wenn in
Laborräumen, die weit nach dem Verbot des Einsatzes von PCB
eingerichtet wurden, Futtermittelproben derart stark durch
Luftverunreinigungen kontaminiert werden können. Denn damit wird klar,
dass die lange verbotenen Stoffe immer noch in erheblichem Umfang in
die Umwelt freigesetzt werden. Diese industrielle Hinterlassenschaft
ist die eigentliche Ursache für das sprichwörtliche Bauernopfer an der
Ems und der bundesweit betroffenen Schafhalter. Auch aus anderen
europäischen Ländern gibt es deutliche Hinweise, dass die allgemeine
Hintergrundbelastung an PCB die Landwirtschaft vor unlösbare Probleme
stellen könnte.
Das die Bauern hier unter amtlichem Verfolgungswahn leiden müssen,
ist auch der Blauäugigkeit der EU-Kommission zuzuschreiben. Sie hat
kurzfristig dl-PCB in die Höchstgehaltsregelungen für Futter- und
Lebensmittel einbezogen und bringt damit sowohl die Erzeuger als auch
Probennehmer und Laborleiter an ihre Grenzen. Wie eine Monstranz tragen
seit vielen Jahren Journalisten, Verbraucherschutzlobbyisten und
Politiker die Forderung nach schonungsloser Aufklärung über Umweltgifte
vor sich her.
Niemand thematisiert aber die in Fachkreisen bekannten Probleme mit
der Aussagekraft von Stichproben bei immer weiter gesenkten
Nachweisgrenzen. Experten mahnen dringend an, das erhebliche
Bildungsdefizit in der Gesellschaft bei der Einschätzung von Risiken
anzugehen. Unabhängig von der Wahrheit über die Höhe von
Schadstoffbelastungen an der Ems wird deutlich, dass die öffentliche
Diskussion weiterhin nur dem populistischen Aktionismus dient, der
einseitig und ohne Mehrwert die Verunsicherung von Verbrauchern schürt
- und dafür das Bauernopfer billigend in Kauf nimmt.