17.01.2024 | 15:12:00 | ID: 38642 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarwirtschaft

Europäisches Parlament nimmt Verbot von Grünfärberei und irreführender Produktinformation an

Brüssel (agrar-PR) - Das Europäische Parlament gab endgültig grünes Licht für eine Richtlinie, die die Produktkennzeichnung verbessert und irreführende Umweltaussagen verbietet. Das soll auch den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Baden-Württemberg zugutekommen.
Die heute mit 593 zu 21 Stimmen bei 14 Enthaltungen angenommene Richtlinie soll die Verbraucherinnen und Verbraucher vor irreführender Werbung schützen und ihnen helfen, bessere Kaufentscheidungen zu treffen. Damit das gelingt, werden einige problematische Geschäftspraktiken, die mit Grünfärberei und dem geplanten Verschleiß von Produkten zusammenhängen, in die EU-Liste der unlauteren Geschäftspraktiken aufgenommen.

Genauere und verlässlichere Werbung

Die neuen Vorschriften sollen vor allem die Kennzeichnung von Produkten klarer und vertrauenswürdiger machen, indem sie allgemeine Umweltaussagen wie „umweltfreundlich“, „natürlich“, „biologisch abbaubar“, „klimaneutral“ oder „öko“ verbieten, sofern diese nicht nachgewiesen werden.

Reguliert wird künftig auch die Verwendung von Nachhaltigkeitssiegeln. Für Verwirrung hatte gesorgt, dass es so viele davon gibt und dass man sie kaum vergleichen kann. Künftig sind in der EU nur noch Nachhaltigkeitssiegel erlaubt, die auf offiziellen Zertifizierungssystemen beruhen oder von staatlichen Stellen eingeführt worden sind.

Nach der Richtlinie darf man künftig auch nicht mehr behaupten, dass ein Produkt aufgrund von Emissionsausgleichssystemen (CO2-Zertifikaten) neutrale, reduzierte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt hat.

Öko-Kennzeichen in Deutschland

In Deutschland gibt es dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zufolge seit 2001 das staatliche Bio-Siegel, um Verbraucherinnen und Verbrauchern Orientierung zu bieten. Das sechseckige Logo kennzeichnet Produkte, die den EU-Rechtsvorschriften für ökologischen Landbau entsprechen. Diese Richtlinien gewährleisten einheitliche Standards. Dazu gehören der Einsatz von ökologisch angebauten Zutaten und die begrenzte Verwendung von nichtökologischen Zutaten. Das Bio-Siegel steht zudem für eine ökologische Produktion und artgerechte Tierhaltung. 

 
Es ist in seinen Anforderungen mit dem 2010 eingeführten EU-Bio-Logo vergleichbar. Letzteres müssen alle vorverpackten, ökologisch erzeugten Lebensmittel aus der EU tragen. Zusätzlich zum verpflichtenden EU-Bio-Kennzeichnen können Unternehmen ihre Bio-Waren freiwillig mit dem deutschen Bio-Siegel etikettieren. Dazu zählen beispielsweise unverarbeitete Erzeugnisse aus der Landwirtschaft sowie verarbeitete landwirtschaftliche Produkte, die zur Verwendung als Lebensmittel oder Futtermittel bestimmt sind. Mit dem deutschen Siegel dürfen auch Waren aus anderen EU-Ländern gekennzeichnet werden, die die entsprechenden EU-Rechtsvorschriften erfüllen.

Bis Ende September 2023 wurden in der EU laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) 105 310 Produkte von 6 969 Unternehmen für die Nutzung des staatlichen Bio-Siegels registriert. Seit Einführung des Logos war dies durchschnittlich ein Zuwachs von rund 13 Produkten und etwa einem Unternehmen pro Tag. In Deutschland wurden besonders viele Unternehmen (882) in Baden-Württemberg registriert. Das südwestdeutsche Bundesland lag damit im bundesweiten Vergleich nach Bayern (1 239) und Nordrhein-Westfalen (911) auf Platz drei. Zehn Unternehmen haben in Baden-Württemberg im dritten Quartal des vergangenen Jahres das Siegel neu eingeführt. Damit lag das Bundesland gemeinsam mit Niedersachsen (ebenfalls 10) auf Platz zwei hinter Bayern (24).

Schwerpunkt auf Langlebigkeit

Die neuen Vorschriften haben noch ein weiteres wichtiges Ziel: Sie sollen bewirken, dass Hersteller und Verbraucherschaft mehr Gewicht auf die Langlebigkeit von Produkten legen. Künftig müssen die Garantieinformationen deutlicher sichtbar sein, und es wird ein neues, einheitliches Etikett eingeführt, um Waren mit verlängerter Garantiezeit stärker hervorzuheben.

Verboten ist nach den neuen Vorschriften in Zukunft auch, unbegründete Aussagen zur Haltbarkeit zu machen (z. B. zu behaupten, dass eine Waschmaschine 5 000 Waschzyklen lang hält, obwohl dies im Normalbetrieb nicht der Fall ist), dazu aufzufordern, Verbrauchsgüter früher auszutauschen als unbedingt nötig (was z. B. bei Druckertinte häufig der Fall ist), und nicht reparierbare Waren als reparierbar anzupreisen.

Zitat

Berichterstatterin Biljana Borzan (S&D, Kroatien) erklärte: „Dieses Gesetz wird das tägliche Leben aller Europäer verändern! Wir werden von der Wegwerfkultur wegkommen, das Marketing transparenter machen und der vorzeitigen Obsoleszenz von Produkten entgegentreten. Die Menschen werden in der Lage sein, sich für Produkte zu entscheiden, die dank zuverlässiger Kennzeichnung und Werbung langlebiger, leichter reparierbar und nachhaltiger sind. Vor allem aber wird es Unternehmen nicht mehr möglich sein, die Menschen irrezuführen, indem sie beispielsweise behaupten, dass Plastikflaschen ökologisch sind, weil irgendwo Bäume gepflanzt werden, oder dass ein Produkt nachhaltig ist, ohne die Gründe dafür offenzulegen. Das stellt einen bedeutenden Fortschritt für uns alle dar!"

Pressekonferenz

Heute um 14.30 Uhr hält Berichterstatterin Biljana Borzan in Straßburg eine Pressekonferenz ab. Sie wird hier gestreamt. Journalistinnen und Journalisten, die Fragen stellen möchten, können sich hier online anmelden.

Nächste Schritte

Die Richtlinie muss nun noch vom Rat endgültig gebilligt werden. Danach wird sie im Amtsblatt veröffentlicht, und die Mitgliedstaaten haben 24 Monate Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen.

Hintergrundinformationen

Die neue Richtlinie soll mit der Richtlinie über umweltbezogene Angaben zusammenwirken, über die im Parlament zurzeit auf Ausschussebene debattiert wird. Die bald zu erwartende Richtlinie über umweltbezogene Angaben ist spezifischer und legt die Bedingungen für die Verwendung umweltbezogener Angaben im Einzelnen fest.

Weitere Informationen

Merkblatt zu den Verfahrensschritten

Den angenommenen Text finden Sie hier (unter folgendem Datum: 17.1.2024)

Video der Plenardebatte (unter folgendem Datum: 16.1.2024)

Pressemitteilung zu der interinstitutionellen Vereinbarung (19.9.2023)

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