26.06.2009 | 00:00:00 | ID: 978 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarwirtschaft

Getreide- und Rapsbestände gut entwickelt – Getreidepreise nicht kostendeckend

Friedrichsdorf/ Ts. (agrar-PR) - Fachgespräch des Hessischen Bauernverbandes zur Getreideernte 2009
„Die Getreide- und Rapsbestände präsentieren sich aktuell überwiegend in einem guten Entwicklungszustand. Aufgrund der Trockenheit im Frühjahr sind jedoch regional, insbesondere auf wechselnden und schlechteren Böden, auch schwächere Bestände vorhanden.“ Das sagte der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, im Rahmen eines Fachgespräches zum Thema „Marktlage und Perspektiven vor der Getreideernte 2009“, das gestern in Ringgau-Röhrda (Werra-Meißner-Kreis) stattfand.

In Südhessen habe die Ernte der Wintergerste bereits begonnen. Bis zum Ende der Erntearbeiten in sechs bis zehn Wochen könnten sich die Mengen und Qualitäten witterungsbedingt noch erheblich verändern. Deshalb halte er sich mit Ernteprognosen für 2009 zurück, denn aussagefähig seien allein gemessene Mengen und festgestellte Qualitäten nach Abschluss der Ernte. Mit rund 310.000 Hektar liege die Getreidefläche in Hessen ein Prozent unter dem Vorjahresniveau. Hauptgetreideart sei der Winterweizen mit 158.000 Hektar (- 2 Prozent), gefolgt von Wintergerste mit 84.000 Hektar Anbaufläche (+ 9 Prozent). Die Sommergerstenfläche sei wegen der niedrigen Braugerstenpreise weiter deutlich rückläufig und liege nur noch bei etwa 20.000 Hektar (- 20 Prozent). Roggen werde in Hessen unverändert auf 16.000 Hektar, Triticale auf 17.000 Hektar (- 1 Prozent) und Hafer auf 12.000 Hektar (- 8 Prozent) angebaut. Mit rund 63.000 Hektar habe der Winterrapsanbau gegenüber dem Vorjahr um drei Prozent zugelegt.

Flächenverbrauch verringern und Agrardieselnachteil beseitigen!

Präsident Schneider wies darauf hin, das in Hessen täglich sechs Hektar landwirtschaftlicher Flächen allein durch Baugebiete und neue Verkehrswege verloren gehen. Damit verschwinde die Produktionsgrundlage für wertvolle heimische Nahrungsmittel und Rohstoffe unwiederbringlich. Der Flächenverbrauch müsse dringend durch neue Planungsvorgaben und eine deutliche Reduzierung von Ausgleichsflächen begrenzt werden. „Bei der Agrardieselbesteuerung sind wir Bauern trotz der jetzt vom Bundestag beschlossenen Neuregelung noch immer massiv benachteiligt. Wir müssen in Deutschland rund 26 Cent Steuern je Liter Agrardiesel zahlen, unsere Hauptkonkurrenten in Frankreich und Dänemark zahlen dagegen weniger als ein Cent je Liter“, kritisierte der Bauernverbandspräsident. Dieser gravierende, hausgemachte Wettbewerbsnachteil müsse schnellstens beseitigt werden.

„Die derzeitigen Getreidepreise sind für uns Landwirte nicht kostendeckend. Die Ernte 2009 ist mit hohen Betriebsmittelkosten, insbesondere bei den Düngemitteln, belastet“, sagte Präsident Schneider. Deshalb seien Rahmenbedingungen erforderlich, die den Absatz fördern und Märkte beleben, Belastungen und Kosten senken und die Liquidität in den Betrieben sichern.

Präsident Schneider rechnet in diesem Jahr mit einer Gesamterntemenge von rund zwei Millionen Tonnen in Hessen, das wären etwa 10 Prozent weniger als bei der Rekordernte im vergangenen Jahr. Bei Winterraps könnten insgesamt 220.000 Tonnen gedroschen werden, was etwa dem Vorjahresergebnis entspricht. In Deutschland, Europa und weltweit erwarteten die Marktbeteiligten eine etwas niedrigere Getreideernte als im Vorjahr. Die Weltgetreidebilanz sei derzeit nahezu ausgeglichen. Weltweit werde die Getreideerzeugung weiter zunehmen, ebenso der Verbrauch. Nach einer jüngsten Prognose der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) seien die Aussichten für weltweit steigende Preise für Agrarprodukte in den nächsten zehn Jahren günstig. Gründe seien die wachsende Weltbevölkerung mit jährlich 80 Millionen Menschen, ein höherer Lebensstandard in den Entwicklungsländern und ein ungebrochener Anstieg der Verwendung von Biokraftstoffen. „Ich bin sicher, dass sich dadurch auch der hessischen Landwirtschaft mit guten Erträgen und Qualitäten weitere Marktperspektiven eröffnen“, betonte Präsident Schneider.

Hohe Nachfrage auf dem Weltmarkt

Sabine Linker vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen sieht in der Globalisierung einen wachsenden Einfluss der weltweiten Marktfaktoren auf die Erzeugerpreise. Die Rekordernte des vergangenen Jahres und die globale Rezession hätten zu einem Preissturz bei allen Agrarrohstoffen geführt. Doch für 2009/10 stünden die Signale auf Entspannung. Die hohe Nachfrage am Weltmarkt sorgten noch immer für lebhafte Exportgeschäfte mit deutschem und EU-Weizen. „Wir sind im Weltmarkt angekommen und haben mittlerweile Tages- oder Stundenmärkte“, sagte Ulrich Schenk, Leiter der Getreideabteilung der Raiffeisen-Warenzentrale Kurhessen-Thüringen GmbH. Er erläuterte die verschiedenen RWZ-Modelle der Erzeugerpreisbildung bei Getreide, beispielsweise mit einer Vorauszahlung und späteren Nachzahlung. Er empfahl den Landwirten die Vermarktungspartien aufzuteilen und wies darauf hin, dass jeder Unternehmer seine Produktionskosten kennen müsse. Robert Bäumker, Beratungsstellenleiter der KWS Lochow GmbH, wies darauf hin, dass sich die Zuchtziele beim Getreide in den letzten Jahren verschoben hätten. Während früher der Kornertrag im Vordergrund gestanden habe, spielten jetzt ertragsstabilisierende Faktoren und im Zuge des Klimawandels zum Beispiel die Trockenstressresistenz eine größere Rolle.

Landwirt Helmut Weishaar, auf dessen seit 1836 im Familienbesitz befindlichen Hof das Fachgespräch stattfand, sagte, dass ihm die gestiegenen Kosten Kopfschmerzen bereiten. Er bewirtschaftet insgesamt 440 Hektar Ackerland auf 118 Teilflächen mit einem Pachtanteil von 74 Prozent. 150 Hektar Winterweizen, 121 Hektar Winterraps und 100 Hektar Wintergerste sind die wichtigsten Fruchtarten. Zwei Drittel der Betriebsflächen liegen 17 Kilometer vom Stammbetrieb entfernt. Helmut Weishaar bewirtschaftet den Betrieb seit 26 Jahren und ist froh, dass sein Sohn den Hof einmal weiterführen möchte.

„Die landwirtschaftlich genutzte Fläche im Werra-Meißner-Kreis beläuft sich auf insgesamt rund 40.000 Hektar, darunter 15.000 Hektar Getreide, 4.000 Hektar Ölsaaten und 14.000 Hektar absolutes Grünland“, erläuterte Horst Kupski, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Werra-Meißner. Hinzu komme die gleiche Fläche an Wald, allerdings mit dem Unterschied, dass die Waldfläche zunehme, die landwirtschaftlich genutzte Fläche dagegen abnehme. In seinem Verbandsgebiet gebe es aber auch rund 250 Hektar Dauerkulturen, darunter beispielsweise Kirschen, Erdbeeren und sogar Spargel. „Der Werra-Meißner-Kreis ist schön, aber wegen der schwierigen Produktionsbedingungen für die Landwirtschaft nicht einfach“, betonte Horst Kupski.
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