03.11.2023 | 15:15:00 | ID: 37920 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarpolitik

Ausbleibende Flächenprämie zum Jahresende trauriger Höhepunkt einer in Trümmern liegenden GAP-Förderperiode

Friedrichsdorf/Ts. (agrar-PR) - Der Hessische Bauernverband reagiert entsetzt auf die Ankündigung des Landes Hessen, die Auszahlung der EU-Direktzahlungen zum bundeseinheitlichen Termin am 27. und 28. Dezember zum jetzigen Zeitpunkt nicht zusichern zu können.
Möglicherweise wird der Großteil der landwirtschaftlichen Betriebe in Hessen erst im Januar oder Februar 2024 mit den Zahlungen rechnen können. Die Auswirkungen seien verheerend.

„Wir sehen uns in unserer Kritik an der laienhaften Umsetzung der neuen Förderperiode ab 2023 mehr als bestätigt“, reagiert Karsten Schmal, Präsident des Hessischen Bauernverbandes. „Das ist der traurige Höhepunkt einer von Grund auf überkomplexen und fehlgesteuerten GAP-Förderperiode“.

Das nationale Umsetzungsrecht für die GAP-Förderperiode ab 2023 wurde erst kurz vor dem Jahreswechsel 2022/2023 beschlossen, der GAP-Strategieplan daraufhin sieben Wochen zu spät in Brüssel eingereicht. Das Zeitfenster, das den Landwirten zur Vorbereitung auf ein neues Förderkonstrukt blieb, sei viel zu kurz gewesen. Ebenso blieben den Landwirtschaftsbehörden viel kürzere Vorbereitungszeiten zur Prüfung und Verarbeitung der eingegangenen Agraranträge in Hessen.

Unter anderem der Landesagrarausschuss hatte sich für eine Verlängerung der Übergangszeit zur neuen Förderperiode um ein weiteres Jahr eingesetzt – das sei von den Entscheidungsträgern gänzlich ignoriert worden. „Den Ländern fehlte von Vornherein die erforderliche Vorlaufzeit, um notwendige Anpassungen der IT-Systeme vorzunehmen und verwaltungstechnische Maßnahmen zu treffen.

Die vor allem auf Bundesebene verschleppten Entscheidungen zum Start der Förderperiode sind Politikversagen, die die Betriebe nun existenziell gefährden“, so Schmal. „Wir fordern, dass mindestens Teilzahlungen geleistet werden, selbst wenn nicht alle Prüfschritte gänzlich vollzogen werden können. EU-rechtlich ist dies möglich. Auch könnten Abschlagszahlungen vom Land vorfinanziert werden“.

„Die Landwirte gehen jeden Januar für hoch ambitionierte Umwelt- und Klimaziele der GAP für ein ganzes Kalenderjahr in Vorleistung“, führt der HBV-Präsident fort. Die betrieblichen Finanzströme sind seit Jahren auf die jährlichen EU-Direktzahlungen zum Jahresende ausgerichtet. Es ist davon auszugehen, dass viele Betriebe die anfallenden Ausgaben, etwa Pachtzahlungen, Kredittilgungen, Saatgut- und Pflanzenschutzmittelkosten nicht stemmen können. „Die Liquidität der hessischen Landwirtschaft ist ernsthaft in Gefahr“, betont Karsten Schmal.

Übersteuerungen in der Agrarförderungen würden die Akzeptanz eines ganzen Berufsstandes hart auf die Probe stellen. Das koste Vertrauen und Ergebnisse beim Umwelt- und Klimaschutz. Die starke Verlagerung des Umsetzungsrechts von der EU- auf die Bundesebene für eine ergebnisorientiertere Umsetzung der GAP sei in dieser Form gescheitert. Anders als versprochen, bringe sie den Landwirten keinen Mehrwert.

Hintergrundinformation

Seit Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft verfolgt die „Gemeinsame Agrarpolitik“ (GAP) der Europäischen Union das Ziel, die Versorgung mit Nahrungsmitteln zu gewährleisten und die Einkommen der Landwirte zu sichern. Seit der Uruguay-Runde 1992 der Welthandelsorganisation sind auch Agrarprodukte den internationalen Regeln des Warenhandels unterworfen. Deshalb wurden Preisstützung und Regulierung der Agrarmärkte durch Marktordnungen Schritt für Schritt aufgegeben.

Im Gegenzug bekommen die Landwirte seitdem an immer strengere Umweltauflagen gebundene Direktzahlungen, die seit 2005 grundsätzlich von der Produktion entkoppelt sind und flächenbezogen gewährt werden. Diese Direktzahlungen aus der 1. Säule der GAP wurden bisher immer spätestens zum Ende des Jahres rückwirkend für die von den Landwirten im ganzen Kalenderjahr eingehaltenen Umweltauflagen zur Sicherung des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustandes der Agrarflächen sowie zum Ausgleich des Einkommensrückstands des Agrarsektors gegenüber der Gesamtwirtschaft ausgezahlt. Die Landwirte sind verpflichtet fristgerecht bis zum 15.05. eines Jahres ihre Agraranträge einzureichen.
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