Braunschweig (agrar-PR) -
Wissenschaftler des Julius Kühn-Instituts untersuchen, wie schnell Landwirte mit der Spritze übers Feld fahren dürfen Die Unkrautbekämpfung in Zuckerrüben, Kartoffeln und Mais steht an.
In Getreide und Raps werden Pilzkrankheiten bekämpft. Deshalb sieht man
jetzt Landwirte mit ihren Spritzgeräten über die Felder fahren. Die
Pflanzenschutzmittel werden in vergleichsweise gemächlichem Tempo von
maximal 8 bis 10 km/h ausgebracht. Da Zeit sprichwörtlich Geld ist,
stellt sich für Betriebe mit großen Flächen die Frage, ob man nicht auch
mit höheren Geschwindigkeiten die Mittel ausbringen kann. Das ist auch
wichtig, weil der Zeitraum, in dem die Behandlung zum Erfolg führt, für
die meisten Krankheitserreger gering bemessen ist. Ob und unter welchen
Voraussetzungen Landwirte das Tempo anziehen dürfen, um eben jenes
Zeitfenster optimal zu nutzen, wird am Julius Kühn-Institut (JKI), dem Bundesforschungsinstitut
für Kulturpflanzen in Kleinmachnow untersucht. Dabei stellten die
Ingenieure vom JKI fest, dass
mit so genannten abdriftmindernden Düsen bei höheren Geschwindigkeiten
genügend Wirkstoff in der Kultur ankommt. Allerdings kann bei zu hohen
Fahrgeschwindigkeiten ein Teil der Pflanzenschutzmittel über die Grenzen
der Feldfläche hinaus verweht werden. Dieser so genannten Abdrift gilt
es entgegen zu wirken, indem die Fahrgeschwindigkeiten in den
Feldrandbereichen weiterhin niedrig bleiben.
In den vergangenen
drei Jahren wurden Winterweizenflächen mit verschiedenen Aufwandmengen
und bei verschiedenen Fahrgeschwindigkeiten sowohl mit speziellen
Testmitteln als auch mit echten Pflanzenschutzmitteln behandelt. Die
Fahrgeschwindigkeiten betrugen 8, 16 und 24 km/h. Die Aufwandmengen
variierten zwischen 100 und 200 l/ha. Die Pflanzen wurden in
verschiedenen Entwicklungsstadien behandelt. Die Geräte waren mit
leistungsstarken Pumpen und verschiedenen abdriftmindernden Düsen
ausgestattet. „Diese spezielle Düsentechnik ist Grundvoraussetzung
dafür, dass man die Geschwindigkeit überhaupt erhöhen kann“, stellt
Hans-Jürgen Wygoda vom JKI
klar. Mit den genannten Düsen konnte auch bei höheren
Fahrgeschwindigkeiten noch eine gute Durchdringung der Pflanzenbestände
erzielt werden. Die unteren Pflanzenteile wurden noch ausreichend
benetzt.
„Das ist besonders für große Betriebe, wie sie in den
neuen Bundesländern vorkommen, ein wichtiges Signal", sagt Ingenieur
Wygoda. Denn es spare Kosten, wenn beispielsweise ein Gerät an einem Tag
die doppelte Fläche behandeln könne. Das JKI hält aber eine differenzierte Empfehlung zur
Fahrgeschwindigkeit für angebracht:
Im Randbereich eines
Schlages sind auch bei Verwendung abdriftmindernder Düsen unbedingt die
Bestimmungen einzuhalten, die im Verzeichnis Verlustminderende Geräte
genannt sind. Nach guter fachlicher Praxis beträgt die
Fahrgeschwindigkeit 6 bis 8 km/h.
Zum Inneren des Schlages hin,
wenn die Gefahr der Abdrift nicht mehr besteht, kann auch mit höheren
Fahrgeschwindigkeiten gearbeitet werden.
„Konkrete
Empfehlungen, um wie viel Kilometer pro Stunde schneller gefahren werden
darf, können wir erst 2011 geben. Dann liegen mindestens 3-jährige
Ergebnisse mit Bonitur des Bekämpfungserfolges und Ertragsermittlung
vor“, so Dr. Heinz Ganzelmeier. Der Leiter des Instituts für
Anwendungstechnik im Pflanzenschutz am JKI erklärt, dass diese Ergebnisse auch eine
wichtige Basis für eine Fortschreibung der Grundsätze für die „Gute
fachliche Praxis“ sind. „Mit unserer Versuchsanstellung über einen
großen Geschwindigkeitsbereich erwarten wir deutliche Effekte. Sie
ermöglichen Aussagen, in welchem Maße die Fahrgeschwindigkeit erhöht
werden kann, ohne dass die Qualität der Applikation, d.h. die
Verteilungsqualität und das Eindringverhalten darunter leiden.“
Hintergrundinfo:
Abdriftmindernde Düsen sind inzwischen Stand der Technik und
dürften heutzutage kaum in einer Feldspritze fehlen. Die Landwirte
nutzen diese Technik vorrangig, um die Abdrift auf Nachbarkulturen oder
angrenzende Oberflächengewässer und Biotope zu vermeiden. Auch im
Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel werden die
abdriftmindernden Düsen berücksichtigt. Mit abdriftmindernden Düsen kann
der Landwirt die Spritzabstände zu gefährdeten Objekten vermindern,
ohne das Risiko zu erhöhen. Auch bleiben weniger Flächen unbehandelt,
die sonst potenzielle Infektionsquellen darstellen und Ertragsverluste
nach sich ziehen.