22.09.2023 | 16:37:00 | ID: 37471 | Ressort: Landwirtschaft | Agrarwirtschaft

Wenn die Fülle an Vorgaben die eigene Berufung zunichtemacht

Kiel, Schleswig-Holstein (agrar-PR) - Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber fordert den zügigen Abbau von bürokratischen Hürden
Der Wolf, der Umbau der Nutztierhaltung, die Kürzungen in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) und die Entbürokratisierung – das waren die Top-Themen auf der Agenda der Herbst-Agrarministerkonferenz in Kiel. „Es ist 5 nach 12. Die Zeit der Lippenbekenntnisse – auch für den Abbau von Bürokratie – ist abgelaufen“, erklärte die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber nach Abschluss des Herbst-Treffens der Agrarminister in Kiel. „Die Menge und Dichte an Vorgaben rauben unseren Landwirtinnen und Landwirten sprichwörtlich die Luft zum Atmen, denn sie kommen immer weniger raus aus dem Büro. Das nimmt ihnen die Leidenschaft und Liebe zum Beruf. Wir als Gesellschaft verlieren wesentliche Akteure auch beim Klima- und Naturschutz, wenn Betriebe aufgeben.“

Der Abbau der Bürokratie und Auflagen sowie die Schaffung von mehr Perspektive ist ihren Worten zufolge, neben des Umbaus der Nutztierhaltung und den Anpassungen an den Klimawandel, eines der drängendsten Themen innerhalb der Landwirtschaft. Dieser Appell ist auch an die EU gerichtet, die im Zuge des Green Deals in einer atemberaubend hohen Taktung neue Vorschläge mit weitreichenden, teils widersprüchlichen Zielsetzungen und kleinteiligen Regelungen vorlegt. Die Folge der teilweise massiven und kaum zu überschauenden Bewirtschaftungseinschränkungen werden spürbare Einkommensrückgänge, neue Unsicherheiten und damit zunehmende Verdrossenheit vor Ort sein. „Die Menschen auf dem Land fühlen sich nicht mehr ausreichend verstanden“, so Kaniber. Die Länder haben daher dem Bund einen wichtigen und klaren Auftrag gegeben, sich gegen weitere bürokratische Vorgaben einzusetzen. Vereinfachung und Abbau von Bürokratie muss bei politischen Entscheidungen verstärkt berücksichtigt werden.

Ein ebenso wichtiges, wenn auch nicht neues Thema sei der „Umbau der Nutztierhaltung“ gewesen, so die Ministerin. Die Selbstauflösung der Borchert-Kommission war vor einigen Wochen aus ihrer Sicht nun ein bedauerlicher Tiefpunkt. „Von Seiten des Bundes wird dadurch ein fatales Signal in den ländlichen Raum gesendet, wenn richtungsweisende Vorschläge von klugen Köpfen und erfahrenen Experten mit anhaltendem Desinteresse weggewischt werden“, so Kaniber weiter.

Deshalb ist es ein wichtiges Zeichen aus der Länderrunde, den Umbau der Tierhaltung auf der Basis eines tragfähigen Konzepts samt verlässlicher Finanzierung im Sinne der Borchert-Kommission vorzunehmen. „Wir in Bayern lassen jedoch unsere Tierhalter auf keinen Fall ohne Perspektive im Regen stehen“, so Ministerin Kaniber und verweist auf das bayerische Tierwohlprogramm BayProTier, das neben der Schweinehaltung nun auch die Mast- und Aufzuchtrinder umfasst. „Förderung und Vorgaben gilt es so zu gestalten, dass die Betriebe mehr Tierwohl auch praktisch – ohne viel Bürokratie – umsetzen können“, betont die Ministerin. Die Vorschläge des Bundes mit einer Förderung nur für den schmalen Bereich der Schweinemast in den Premiumstufen forciere hingegen den Abbau und die Verlagerung der Produktion ins Ausland.

Einen weiteren Themenschwerpunkt der Agrarministerkonferenz bildete die bundesweit rasant anwachsende Wolfspopulation. Zu den bereits weit über 1.000 Wölfen in Deutschland im 2021/2022, andere Zahlen sprechen bereits von knapp 3.000, komme der jährliche Zuwachs von 30 Prozent dazu. Den damit zunehmenden Übergriffen auf Nutztiere hier nur einen Leitfaden des Bundes entgegenzusetzen, reiche nicht. „Wir brauchen erstens eine Eins-zu-Eins-Umsetzung des Europarechts in Deutschland, zweitens eine Herabstufung des Schutzstatus Wolf in der FFH-Richtlinie auf EU-Ebene und drittens ein Wolfsmonitoring, damit dann ein aktives Bestandsmanagement wie in Frankreich oder Schweden möglich wird. Die Zeit des Redens ist vorbei, wir müssen jetzt handeln!“, so die Ministerin.

Überzeugen konnte die bayerische Ministerin ihre Länderkolleginnen und -kollegen hinsichtlich der erneuten scharfen Kritik an den Kürzungsplänen der Bundesregierung in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Kaniber: „Mit den drastischen Kürzungen in der Ländlichen Entwicklung und beim Ökolandbau setzt die Regierung nicht mal ihren eigenen Koalitionsvertrag um.“ Wie sollen dann 30 Prozent Ökolandbau und die Stärkung des ländlichen Raums finanziert werden?“ Zusammen mit den wegfallenden Mitteln zur Bewältigung der Waldschäden durch Extremwetter entstehe eine Finanzlücke von insgesamt 392 Millionen Euro, gegen die sich die Länder entschieden wenden. Besonders ärgerlich sei in diesem Zusammenhang, dass die Bundesregierung die Länder mit den GAK-Kürzungen ausbremse und gleichzeitig mit zusätzlichen Bundesprogrammen krampfhaft in Eigenregie nach neuen Förderwegen suche.
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