Hannover (agrar-PR) - Biomasse 20 Jahre nach dem
Mauerfall scheinen „Pläne“ nicht aus der Mode gekommen zu sein… Aber:
Der kluge Mann baut vor. Im Zuge der in den nächsten Jahren und
Jahrzehnten zunehmenden Verknappung von Rohstoffen ist es besonders
wichtig, früh genug zukünftige Engpässe zu vermeiden.
Bereits in den 90er Jahren wurde im
Energiesektor unter der „Kohl – Regierung“ mit dem
Stromeinspeisungsgesetz ein zukunftsweisendes Zeichen gesetzt. Es hat
sich als richtiger Weg herausgestellt, die Markteinführung von
erneuerbaren Energien durch entsprechende Rahmenbedingungen zu stützen.
Schon jetzt werden 15 Prozent des erzeugten Stroms regenerativ
hergestellt. In einem Biomasseaktionsplan für die Bioenergie hat sich
die Bundesregierung nun im April zur Verdopplung des Bioenergieanteils
bis 2020 ausgesprochen.
Es geht aber nicht nur im Energiesektor
darum, Alternativen zu fossilen Rohstoffen zu schaffen. Auch andere
Wirtschaftsbereiche wollen sich unabhängig vom Öl machen – dazu zählt
unter anderem der Chemiesektor und die Werkstoffindustrie. Um hier
entsprechende Weichen zu stellen, hat die Bundesregierung kürzlich den
„Aktionsplan für die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe“
vorgestellt. Mit ihm verfolgt sie das Ziel, den Anteil des
Biomasseanteils bei der Rohstoffversorgung „deutlich und anhaltend“ zu
steigern. Dabei sind – selbstverständlich - Aspekte der Nachhaltigkeit
und Effizienz zu beachten.
Es ist aber nicht so, dass sich in diesem
Sektor bisher nichts getan hat. 2007 wurden in Deutschland 3,6 Mio. t
landwirtschaftliche Rohstoffe und in der ersten Verarbeitungsstufe 73,9
Mio. m3 Holz stofflich genutzt. Der Einsatz in der chemischen Industrie
stellt einen bedeutenden Anwendungsbereich nachwachsender Rohstoffe
dar: Hier kamen damals allein 2,7 Mio. t nachwachsende Rohstoffe zum
Zuge. Ihr Anteil ist dort am Gesamtrohstoffbedarf von acht Prozent im
Jahre 1991 auf insgesamt rund 13 Prozent im Jahre 2007 gestiegen.
Die Marktperspektiven werden durchaus
aussichtsreich beurteilt. Nach Prognosen, unter anderem von McKinsey
(2003), soll der Anteil biotechnologischer Produkte, die auch aus
nachwachsenden Rohstoffen erzeugt wurden, im Jahr 2030 weltweit rund 20
bis 30 Prozent am Gesamtproduktionswert der chemischen und
pharmazeutischen Industrie betragen. Für Deutschland gelten ähnliche
Größenordnungen. Aus landwirtschaftlicher Sicht ist dies mit Blick auf
eine „Marktentlastung“ zu begrüßen. Es fragt sich allerdings, wie sich
der Staat zum Markt stellt, wenn die Nachfrage nach Biomasse mit
entsprechenden preislichen Effekten „überhand nimmt“. Die „Tank –
Teller“ – Debatte sitzt uns noch in den Knochen!
Mit dem Einsatz von nachwachsenden
Rohstoffen bei der stofflichen Nutzung wird ein „Rohstoffbypass“
gelegt, der zugleich äußerst positive Effekte beim Klimaschutz hat.
Neben dem Klima- und Ressourcenschutz verfolgt die Bundesregierung eine
Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland durch Entwicklung und
Nutzung innovativer Zukunftstechnologien und Produkte. Zudem sollen in
ländlichen Räumen Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden, sowie
in Entwicklungsländern die sozioökonomische Entwicklung gefördert
werden.
Die Regierung hat 12 Handlungsfelder
festgelegt, wo neben der Sicherung der Rohstoffbasis und der
Nachhaltigkeit vor allem Forschung und Entwicklung sowie
Markteinführungsmaßnahmen eine bedeutende Rolle spielen. Die sich
abzeichnenden Entwicklungen wird der Bauernverband mit „Argusaugen“
verfolgen. Sogenannte „Bioraffinerien“ entwickeln sich zum
Lieblingsthema der Protagonisten. Was sich genau dahinter versteckt,
lässt sich nur erahnen: Nach den Ausführungen der Bundesregierung ist
eine Bioraffinerie ein integratives Gesamtkonzept für die Erzeugung von
Nahrungs- und Futtermitteln, Chemikalien, Werkstoffen und
Energieprodukten (z. B. Kraftstoffe, Biogas, Wärme) durch verschiedene
Umwandlungsprozesse (z. B. biotechnologische, biochemische,
chemokatalytische, thermochemische Prozesse) unter möglichst
vollständiger Ausnutzung der Biomasse.
Die Interessen der Landwirtschaft dürfen
hier nicht unter die Räder der Großindustrie geraten. Lieferanten
„preisgünstiger Rohstoffe“ sind natürlich immer willkommen. In dieser
Position wollen die Landwirte sich jedoch nicht wiederfinden.