Stuttgart (agrar-PR) -
Forstminister Rudolf Köberle MdL: „Das Konzept naturnaher Waldbau ist die richtige Antwort auf die vielfältigen Ansprüche an den Wald“ „Das Konzept naturnaher Waldbau ist die richtige Antwort auf die
vielfältigen ökologischen, ökonomischen und sozialen Ansprüche an den
Wald. Im Wechselspiel sich ändernder Umweltbedingungen und Ansprüche der
Menschen unterliegt der Wald dabei immer neuen Herausforderungen. Wer
verantwortlich mit dem Wald umgehen will, muss für eine zielgerichtete
Anpassung Sorge tragen“, sagte der baden-württembergische Minister für
Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz, Rudolf Köberle MdL, am
Montag (27. September 2010) bei der Fachtagung „Naturnahe
Waldwirtschaft - Bilanz und Zukunft“ am Rande des
98. Landwirtschaftlichen Hauptfest in Stuttgart. Mit einem Waldanteil
von knapp vierzig Prozent gehöre Baden-Württemberg zu den waldreichsten
Bundesländern in Deutschland.
„Bei der Waldbewirtschaftung sind zwei Ziele besonders wichtig: Es
gilt einerseits, die Nutzungsfähigkeit der Wälder langfristig zu sichern
und andererseits, die Naturressourcen und den `Lebensraum Wald´ zu
schützen und zu erhalten. Inzwischen wissen wir, dass diese beiden
Anliegen langfristig deckungsgleich sind“, ergänzte der Minister.
Seit den 1970er Jahren stehe die Waldwirtschaft vor der
Herausforderung, Schutz- und Erholungsfunktionen als gleichwertige Ziele
neben der Holzproduktion zu berücksichtigen. Um diesen veränderten
Rahmenbedingungen gerecht zu werden, hätte die damalige
Landesforstverwaltung Anfang der 1990er Jahre mit dem Konzept
„Naturnaher Waldbau“ eine umfassende Darstellung ihrer waldbaulichen
Vorstellungen vorgelegt. „Zwanzig Jahre nach der Formulierung des
Konzepts ist es nun Zeit für eine Zwischenbilanz. Diese fällt sehr
positiv aus: Mehr Naturverjüngung, mehr Starkholz, mehr Naturnähe und
Struktur in den Wäldern stehen deutlich weniger Verbiss durch Rehwild,
geringeren Aufwendungen und weniger Nadelholzbeständen gegenüber“,
erklärte Köberle. So sei der Anteil der Naturverjüngung von 25 Prozent
auf 65 Prozent gestiegen; 55 Prozent der Wälder seien als naturnah
qualifiziert und der Anteil der Fichtenbestände sei um 15 Prozent
gesunken.
Hauptziel nachhaltiger Waldbewirtschaftung sei heute, die
Naturressource Wald so zu nutzen und zu behandeln, dass dadurch die
Handlungsspielräume zukünftiger Generationen nicht beeinträchtigt
werden. „Dies erreichen wir nicht mit einfachen Generalregeln. Es bedarf
vielmehr eines angepassten, komplexen Steuerungssystems. In
Baden-Württemberg hat der Landesbetrieb ForstBW mit einem umfangreichen
Projekt zu einem Strategischen Nachhaltigkeitskonzept ein solches System
entwickelt“, ergänzte der Forstminister.
Zusatzinformationen:
Konzept Naturnaher Waldbau
Mit dem Konzept Naturnaher Waldbau legte die Landesforstverwaltung
Baden-Württemberg (heute: ForstBW) Anfang der 1990er Jahre eine
umfassende Darstellung ihres waldbaulichen Gesamtkonzepts vor. Dieses
Konzept stellte zwar einen klaren Kontrast zur Praxis dar, wie sie in
den 1950er und 1960er Jahren gängig war. Trotzdem handelte es sich nicht
um eine plötzliche Neuorientierung. Tatsächlich brachte die
Formulierung des Konzeptes im Wesentlichen eine programmatische
Zusammenfassung der in den 1970er und 1980er Jahren eingeleiteten
Entwicklungslinien. Diese hatten zu einer Abkehr von schematisierenden
Waldbauverfahren mit starker Betonung produktiver Nadelbaumarten,
Pflanzung und intensiver Bestandeswirtschaft geführt, die unter dem
Eindruck der Not der Kriegs- und Nachkriegsjahre entstanden war. Auf
dieser Basis erfolgte eine konsequente Hinwendung zur Nutzung
eigendynamischer, natürlicher Prozesse. Ohne diese sklavisch zu
kopieren, sondern in der Absicht, sie zur effektiven Erreichung des
multifunktionalen Zielsystems nutzbar zu machen.
Besondere Merkmale des Konzeptes sind unter anderem:
- die Wahl der Baumarten auf strikter standörtlicher Grundlage
- das Ziel einer maßgeblichen Beteiligung der natürlichen Baumarten
- das Mischwaldprinzip
- eine konsequente Ausnutzung des Potentials der Wälder zur Naturverjüngung.
Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung
Die Nachhaltigkeit besitzt in der Forstwirtschaft eine lange
Tradition. Erstmals wurde der Begriff „Nachhaltigkeit“ zur
Sicherstellung einer kontinuierlichen Holzversorgung im Jahre 1713 von
Hans Carl von Carlowitz in seiner „Sylvicultura Oeconomica“ definiert.
In seiner ursprünglichen Bedeutung besagt der Begriff, dass nicht mehr
Holz genutzt werden darf als nachwächst. Der Inhalt des
Nachhaltigkeitsbegriffs wurde in der Folge laufend weiterentwickelt.
Ziel ist es, heute und in Zukunft die ökologischen, ökonomischen und
sozialen Funktionen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu
erfüllen, ohne andere Ökosysteme zu beeinträchtigen.
Umfassende Informationen zum Wald in Baden-Württemberg sind unter
www.forstbw.de abrufbar.