Friedrichsdorf / Ts. (agrar-PR) - „Bei
der Wintergerstenernte, die jetzt in vollem Gange ist, müssen wir mit
einem Minderertrag von 5 bis 10 Prozent im Vergleich zum vergangenen
Jahr rechnen.“ Das sagte der Präsident des Hessischen Bauernverbandes,
Friedhelm Schneider, im Rahmen eines Pressegespräches, das gestern auf
dem Lindenhof in Butzbach/Nieder-Weisel (Wetteraukreis) stattfand.
Durch die
wechselhafte Witterung der letzten Tage und Wochen habe sich der Beginn
der Ernte verzögert. Präsident Schneider rechnet in diesem Jahr mit
einer insgesamt geringeren Ernte in Hessen, nachdem im vergangenen Jahr
sehr gute Erträge erzielt wurden. „Die zwei Millionen-Tonnen-Grenze
werden wir in Hessen in diesem Jahr wohl kaum überschreiten“, betonte
Präsident Schneider. Er kritisierte besonders die aktuell viel zu
niedrigen Wintergerstenpreise, die sich zwischen 8 und 9 Euro je
Dezitonne bewegten. Die Preise seien auch deshalb im Keller, weil
derzeit zu wenig Ware in den Futtermittelbereich abfließe. Beim
Qualitätsweizen rechnet Schneider mit etwas besseren Preisnotierungen,
zumal die Erntemeldungen aus der Urkaine und Russland deutliche
Mindererträge prognostizieren.
„Es ist ein
toller Job, Landwirtschaft zu betreiben. Wir haben moderne Technik und
gut ausgebildete junge Leute“, hob der Generalsekretär des Deutschen
Bauernverbandes (DBV), Dr. Helmut Born, hervor. Leider hätten sich die
guten Erzeugerpreise bei Milch und Getreide aus dem Wirtschaftsjahr
2007/2008 dramatisch nach unten entwickelt. Auch habe die Banken- und
Finanzkrise die Landwirtschaft mittlerweile mit voller Wucht erfasst.
Die Exportmärkte seien regelrecht zusammengebrochen. Die extremen
Preisschwankungen seien für die Landwirte ein großes Problem. Deshalb
fordere der Bauernverband die Einführung
einer steuerlichen Risikorücklage. Ein weiteres Problem sei der immer
noch viel zu hohe Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen. Täglich
gingen in Deutschland etwa 120 Hektar durch unter anderem den
Verkehrswegebau und die Ausweisung von Baugebieten verloren. „Somit
verlieren wir wertvolle Ressourcen“, so der DBV-Generalsekretär.
Der
Vorsitzende des Regionalbauernverbandes Wetterau – Frankfurt am Main,
Herwig Marloff, wies darauf hin, dass in seinem Verbandsgebiet in
Wölfersheim und Altenstadt jeweils eine zwei Megawatt-Biogasanlage
gebaut würde. Nachdem der Zuckerrübenanbau aufgrund der Reform der
EU-Zuckermarktordnung eingeschränkt worden sei, suchten die Landwirte
nach Alternativen im Bereich der erneuerbaren Energien. Man müsse
versuchen, Märkte zu erhalten und neue Märkte zu erschließen,
beispielsweise auch durch den Verkauf von Schulmilch.
„Bei der
Ernte kann nicht viel schief gehen. Sorgen bereiten uns allerdings die
nicht kalkulierbaren Marktpreise“, sagte Landwirt Bernd Winter, der
gemeinsam mit Ehefrau Lydia und dem jüngsten Sohn Jan einen
Ackerbaubetrieb mit Schweinehaltung und Direktvermarktung in
Butzbach/Nieder-Weisel bewirtschaftet. Eine kontinuierliche
Einnahmequelle sieht Winter in seinem Hofladen, in dem etwa 5 bis 10
Prozent seiner Schweine direkt vermarktet werden. Die im Ackerbau
eingesetzten Maschinen werden gemeinschaftlich mit zwei benachbarten
Betrieben genutzt, um Kosten zu sparen. Eine gemeinschaftliche
Biogasanlage befindet sich in der Planungsphase.