Friedrichsdorf / Ts. (agrar-PR) - Liquiditätshilfedarlehen – Mittlerweile 250 Anträge in Hessen
Zu einem Erfahrungsaustausch über das Liquiditätshilfeprogramm in
Hessen haben sich am Mittwoch dieser Woche Vertreter des
Genossenschaftsverbandes Frankfurt, des Sparkassenverbandes, der
Rentenbank und des Wiesbadener Landwirtschaftsministeriums auf
Einladung des Hessischen Bauernverbandes in Friedrichsdorf getroffen.
Die Darlehen können seit Anfang Juli beantragt werden und basieren auf
zinsgünstigen Krediten der Landwirtschaftlichen Rentenbank, die
zusätzlich mit jeweils 1 Prozent durch Bundes- sowie Landesmittel
verbilligt werden.
Bis zum Gesprächstermin lagen nach Angaben von Karl-Heinz Happel
vom hessischen Landwirtschaftsministerium 250 Anträge mit einem Volumen
von 12,2 Mio. Euro vor. Bewilligt wurden bislang laut Happel 232
Anträge mit einem Volumen von 11,4 Mio. Euro. Die meisten Anträge kämen
aus Nord-, Mittel- und Osthessen, vor allem von Milchviehbetrieben.
Somit werde die eigentliche Zielgruppe erreicht.
Genügend Gelder für Darlehen vorhanden
Nach
den Vorstellungen des HBV-Präsidenten Friedhelm Schneider wäre es
allerdings wünschenswert,
wenn noch mehr Betriebe die zinsgünstigen
Darlehen in Anspruch nehmen könnten. Schneider geht davon aus, dass ein
Großteil gerade der Milchviehbetriebe einen Kredit benötigt, um einen
Liquiditätsengpass zu überwinden. Er dränge deshalb auf
Voraussetzungen für eine größtmögliche Akzeptanz des Programms.
Schneider hatte bereits im Juni die Spitzenorganisationen der Banken
angeschrieben und um rasche und unbürokratische Abwicklung der
Kreditanträge gebeten.
Auf die Frage, warum bei 22.000 hessischen Betrieben nicht mehr Anträge
gestellt werden und wie viele Anträge bereits bei den Hausbanken
abgelehnt werden, konnten die Banker keine genaue Antwort geben.
Dr. Michael Auge vom Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen
erklärte, dass aufgrund der soliden Lage der Sparkassen der
Kreditbestand nicht zurückgefahren werden müsse und somit genügend
Gelder für Darlehen zur Verfügung stünden. Er bezeichnete das
Liquiditätshilfedarlehen als attraktiv. Es gebe auch keine Konkurrenz
mit hauseigenen Darlehen, weil die Kredite einfach zu günstig seien.
Auch bei Bürgschaften wird die Bonität geprüft
Der Genossenschaftsverband Frankfurt hat laut Jürgen Schäfer seine
Volks- und Raiffeisenbanken schon im Juni gebeten, das Programm zu
unterstützen. Letztlich liege dies aber in der Verantwortung der
Entscheider. Bei manchen Landwirten herrsche die Vorstellung, dass es
Sicherheiten vom Bund gebe. Dies ist bislang allerdings nicht der Fall.
Eine Bürgschaft wird vom Bauernverband gefordert und in der Politik
diskutiert.
Dr. Christian Bock von der Landwirtschaftlichen Rentenbank
machte deutlich, dass eine Bürgschaft in erste Linie eine Sicherheit
für die Bank darstelle. Denn auch an Bürgschaften würden Bedingungen
geknüpft beziehungsweise die Bonität des Kunden geprüft. Er sehe im
Übrigen keine große Masse an Ablehnung der Kreditanträge bei den
Banken. Die Betriebe, die die Voraussetzungen erfüllten, bekämen auch
einen Kredit. Es gehe dabei immer um einen echten Liquiditätsengpass.
Die Forderung von Banken nach Gutachten auf der Basis von IDW-Standards
bezeichnete er als überzogen.
HBV-Vizepräsident Armin Müller berichtete von seinen Erfahrungen,
wonach es von Bank zu Bank durchaus unterschiedliche Handhabung bei der
Kreditvergabe gebe, abhängig auch vom landwirtschaftlichen
Hintergrundwissen der Kreditberater. Bei dem Kreditprogramm gehe es
seiner Einschätzung nach darum, schnell zu helfen und darum, „das
laufende Konto sauber zu halten“ angesichts von Kontokorrentzinsen von
12 bis 14 Prozent. Gleichzeitig wies er gegenüber den Bankenvertretern
auf die allgemein gute Bonität der Landwirte hin: „Sie haben bei den
Bauern noch kein Geld verloren.“
Megatrends sprechen für die Landwirtschaft
Eine der Schwierigkeiten ist nach Angaben der Banker, dass im Moment
keiner sagen könne, wie sich die Agrarmärkte und damit die Ertragslage
der Betriebe entwickelt, und inwieweit somit die Rückzahlung der
Kredite gesichert ist. Der stellvertretende HBV-Generalssekretär Dr.
Hans Hermann Harpain sagte, dass die gegenwärtigen Probleme der
Landwirtschaft Folge der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise
seien. Allerdings blieben mit Blick auf die Entwicklung der
Landwirtschaft und ihrer Kreditwürdigkeit die Megatrends (wachsende
Erdbevölkerung, weniger Nutzflächen, geänderte Ernährungsgewohnheiten)
die zu steigender Nachfrage führten, bestehen. Dies sollte den Banken
bewusst sein.
Unterdessen läuft die Abwicklung der Darlehensvergabe nach Angaben von
Happel sehr zügig. Schon die Einrichtung des Programms sei sehr schnell
und in einem schlanken Verfahren umgesetzt worden. Nach dem Eingang des
Antrags werde innerhalb von einer Woche entschieden. Auch er machte
deutlich, dass die Darlehen zur Überwindung von Liquiditätsengpässen
gedacht seien, und nicht für Investitionen. HBV-Präsident Schneider bot
den Bankenvertretern bei Informationsbedarf Hilfe des Bauernverbandes
und des Beratungskuratoriums an und dankte dem Ministerium und der
Rentenbank für die schnelle Umsetzung des Programms.