Bonn (agrar-PR) -
Schäfer wie Schafe ernten viel Sympathie für sich und ihre Leistungen ernten. Fast 20 l Wasser pro Quadratmeter waren in den
Nacht- und frühen Morgenstunden vom Himmel gekommen. Die 200
Merinoschafe in Maik Dünows Herde zeigten sich davon wenig beeindruckt,
als sie am Montagmorgen immer noch im Regen brav auf die Fähre
zockelten, um sich von Duisburg-Walsum nach Rheinberg-Orsoy über den
Rhein schippern zu lassen.
Wie der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) dazu mitteilt, war
für Schäfermeister aus Wesel die Rheinüberquerung die letzte Etappe,
bevor er am Dienstag dieser Woche den Staffelstab an seinen
Schäferkollegen Franz Eikermann aus Gangelt weiterreichte. Der zieht nun
mit seiner Herde über Krefeld und Wegberg in Richtung niederländische
Grenze.
Dünow und Eikermann engagieren sich beim Hirtenzug, der unter dem
Motto „Wir pflegen die Landschaft, die Sie lieben“ am 5. Juni 2010 in
Berlin gestartet ist und seitdem mit etwa 30 Schafherden rund 1 200 km
quer durch die Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, durch die Niederlande, Belgien und
Luxemburg zieht. Am 14. September macht der Hirtenzug Station in
Brüssel, um dann am 17. Oktober beim Deutschen Gründlandtag in Trier zu
enden.
Der Hirtenzug hatte am vergangenen Samstag Station in den Walsumer
Rheinwiesen gemacht und zu einem Hirtenfest eingeladen. Mehr als 20
Stände boten Informatives und Kulinarisches rund um die Schafhaltung.
Die Berufsschäfer nutzten die Gelegenheit, auf die Leistungen der
Schafhaltung für die Gesellschaft aufmerksam zu machen und einen Appell
an die Vertreter aus Politik und Verwaltung zu richten. Denn nicht nur
der tägliche „Brüsseler Bürokratiewahnsinn“ – Stichwort: elektronische
Einzeltierkennzeichnung – treibt die Schafhalter im wahrsten Sinne des
Wortes auf die Straße. Die Schäfer sind auch Opfer einer sich ständig
wandelnden Agrarpolitik. Gab es früher pro Mutterschaf 25 € und mehr aus
Brüssel, ist diese notwendige Geldspritze mittlerweile der Entkopplung
zum Opfer gefallen. Für Schäfer ohne eigenes oder gepachtetes Land gibt
es nichts mehr.
Für die Berufsschäfer bedeutet die Aberkennung von förderfähigen
Flächen ein grundsätzliches Problem. Günther Czerkus, Sprecher im
Berufsschäferausschuss der Vereinigung Deutscher
Landesschafzuchtverbände (VDL), beklagte das Dilemma in der
Rechtsumsetzung und wies darauf hin, dass in Sachen Förderflächen in
Kürze ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes zu erwarten sei. Die
überbordende Bürokratie und die Veränderung der Flächenprämien hätten
dazu beigetragen, dass die Schäfer immer stärker um ihr Überleben zu
kämpfen hätten. Bei derzeit 2 000 Berufsschäfern und rund 24 000
Schafhaltern gebe es 2010 bundesweit gerade noch 29 Auszubildende im
ersten Lehrjahr. „Hier entsteht eine bedrohliche Lücke und es droht,
unwiederbringliches Wissen und Erfahrung verloren zu gehen“, brachte
Czerkus die schwierige Situation auf den Punkt.