Frankfurt (agrar-PR) -
Klimastudie der Allianz und des WWF warnt: Küstenstädte: Vermögenswerte von über 28 Billionen US$ gefährdet / Indien: über 70 Prozent der arbeitenden Bevölkerung betroffen / Versicherer und Investoren müssen jetzt reagieren Der Klimawandel wird nicht langsam und stetig
verlaufen und nicht erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts seine
dramatischen Folgen zeigen. Einzelne Klimaphänomene könnten in
zahlreichen Regionen bereits vor 2050 einen Punkt überschreiten, ab dem
sie unumkehrbar sein und den weiteren Wandel noch zusätzlich verstärken
werden. Zu diesen sogenannten „Tipping Points“ (Kipp-Punkten) zählen
die Eisschmelze an den Polen, die Trockenheit in Kalifornien, die
Veränderungen des Sommermonsuns in Indien und das Waldsterben am
Amazonas. Hunderte von Millionen Menschen und ihre Vermögenswerte
werden davon unmittelbar betroffen sein. Die Studie „Tipping Points“
des Finanzdienstleisters Allianz SE und der Umweltstiftung WWF zeigt
unmittelbar vor den Klimaverhandlungen in Kopenhagen die
schwerwiegenden sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen in besonders
betroffenen Regionen auf.
Küstenstädte: Über 28 Billionen US$ gefährdet
Das Abschmelzen der Polkappen könnte bereits vor
2050 zu einem Meeresspiegelanstieg von einem halben Meter führen. Die
Studie kommt zu dem Ergebnis, dass dies in den 136 Küstenstädten mit
mehr als einer Million Einwohner Vermögenswerte von über 28 Billionen
US-Dollar gefährdet. Allein an der Nordostküste der USA steigen die
dadurch gefährdeten Werte bis 2050 von heute 1,35 auf 7,4 Billionen
US-Dollar an. Küstenregionen sind stärker von diesen Folgen des
Klimawandels betroffen, weil hier Stürme und Fluten gleichzeitig
verheerende Auswirkungen haben können, wie der Hurrikan Katrina 2005 in
New Orleans zeigte. Die Studie schätzt, dass im Großraum New York die
Schäden eines Hurrikans der Stärke 4 heute bei 1 Billion US-Dollar
liegen würden, im Jahr 2050 aber bereits 5 Billionen US-Dollar
übersteigen könnten.
Dürre in Kalifornien und Südeuropa
Der Südwesten der USA, hauptsächlich Kalifornien,
könnte hingegen ähnlich wie Südeuropa von extremer Trockenheit
betroffen sein. Laut der „Tipping Points“-Studie werden Dürren
spätestens ab Mitte des Jahrhunderts das regionale Klima bestimmen und
weitreichende Folgen für die Landwirtschaft, die Wasserversorgung und
für die Wälder haben. Die Studie schätzt, dass sich die Schäden durch
Waldbrände bis 2050 auf jährlich bis zu 2,5 Milliarden US-Dollar
verzehnfachen könnten. Hinzu kommen indirekte Schäden durch die
sozio-ökonomischen Veränderungen in der Landwirtschaft und anderen
Wirtschaftsbereichen.
Möglicher Ausfall des Monsuns bedroht Millionen Inder
Veränderungen im indischen Sommermonsun wie etwa
die Verschiebung von Niederschlagsgebieten und –zeiten sowie das
Abschmelzen der Gletscher im Himalaya könnten zunehmenden Dürren und
Trockenheit auslösen. Über 70 Prozent der arbeitenden Bevölkerung sind
in Indien von der Landwirtschaft abhängig, ihre Existenz damit
unmittelbar gefährdet. Die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser und
Nahrungsmitteln und ebenso die Gesundheit der Menschen in der Region
wären bedroht. Die Kosten werden auf rund 40 Milliarden Dollar pro
Jahrzehnt bis zur Mitte des Jahrhunderts geschätzt.
Amazonas-Waldsterben gefährdet Klimaschutz
Irreversible Veränderungen in Ökosystemen sind
teilweise schon lange angelegt, bevor sie sichtbar werden. Häufig
auftretende Dürren und erhöhte globale Temperaturen könnten dazu
führen, dass bis zur Mitte des Jahrhunderts das Absterben von bis zu 70
Prozent des Amazonas Regenwaldes bis 2100 vorprogrammiert ist . In
Folge würden in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts große Mengen
Kohlenstoffdioxid freigesetzt werden. Bei einer Temperaturerhöhung
von 2°Celsius ist ein Verlust von rund 1,6 Millionen Quadratkilometer
Regenwald zu erwarten. Umgerechnet würden dadurch zusätzliche CO2-Minderungskosten von bis zu 3 Billionen US-Dollar verursacht werden.
Gemeinsamer Klimaschutz notwendig
„Die prognostizierten katastrophalen Folgen der
Kipp-Punkte betreffen viele Regionen. Eine gemeinsame weltweite
Anstrengung aller Länder zur Bewältigung des Klimaproblems ist für alle
ökonomisch und ökologisch von Vorteil. Auch die USA müssten im
Eigeninteresse ihre Treibhausgasemissionen massiv reduzieren. Der
wichtigste nächste Schritt auf diesem Weg ist ein rechtlich
verbindliches Abkommen in Kopenhagen“, erklärt Regine Günther, Leiterin
Klima- und Energiepolitik des WWF Deutschland.
Versicherer und Investoren müssen jetzt reagieren
Die Versicherer und ihre Kunden betrifft der
Klimawandel mehrfach. Klimabedingte Wetterkatastrophen, wie Stürme,
Fluten oder Waldbrände, sorgen für eine Zunahme direkter Schäden.
Daneben drohen signifikante Folgeschäden insbesondere in der
Landwirtschaft und in der Energieversorgung durch nachhaltige Störungen
des Wasserhaushaltes. Zusätzlich erhöht allein der steigende
Meeresspiegel die Menge der potenziell gefährdeten Werte in Küstennähe
massiv und führt zu deutlich größeren Schadenszenarien.
Klima-Kipp-Punkte verschärfen die Situation, weil
sie plötzlich und schon früher als andere Klimafolgen eintreten können.
Zudem sind sie oft irreversibel. “Als Versicherer und Investor müssen
wir unsere Kunden auf diese Szenarien vorbereiten, solange noch
Handlungsspielräume bestehen“, sagt Clemens von Weichs,
Vorstandsvorsitzender der Allianz Reinsurance. „Risikogerechte und
nachhaltige Prämiengestaltung sind für alle Beteiligten von vitalem
Interesse, da nur sie den Fortbestand von Deckungslösungen
garantieren.“ Die Allianz will dem Klimawandel durch den frühzeitigen
Dialog mit den Kunden begegnen. So sollen rechtzeitig Gegenmaßnahmen
aufgezeigt und gemeinsam konkrete Deckungskonzepte erarbeitet werden,
sei es für bestehende Werte oder für zukünftige klimagerechte Projekte
wie alternative Energie- und Wasserversorgungskonzepte,
Wasserschutzbauten oder für den Schutz vor Ernteausfällen.
Die Versicherungsindustrie profitiert heute aus
ihren Erfahrungen nach Großschäden durch Hurrikane wie Andrew (1992),
Ivan (2004) und Katrina (2005). Bessere Modelle helfen, die Häufigkeit
und Stärke von Naturkatastrophen zu begreifen. "Gute Modelle werden
beim Klimaschutz jedoch nicht ausreichen", erklärt Michael Bruch von
Allianz Global Corporate & Specialty, dem Industrieversicherer der
Allianz Gruppe. „Die menschliche Komponente spielt eine immer größere
Rolle bei der Risikominderung von Naturkatastrophen, sowohl beim
Risikomanagement als auch bei der Bekämpfung der menschlichen Ursachen
des Klimawandels." Neben ihren eigenen Investitionszusagen von 1,5
Milliarden Euro in Windenergie und Photovoltaik unterstützt die Allianz
daher auch ihre Kunden bereits durch Versicherungslösungen für neue
Technologien in der erneuerbaren Energieversorgung wie Windkraft- und
Biogasanlagen.