Frankfurt (agrar-PR) -
WWF findet Tropenholz bei Benjamin Blümchen, Felix und Co. Für deutsche Kinderbücher stirbt Tropenwald. Das
hat die Untersuchung „Tropenwaldzerstörung für Kinderbücher - Eine
Analyse des Buchmarktes in Deutschland“ des WWF ergeben. Die Ergebnisse
wurden am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Frankfurt vorgelegt.
Bei 19 von 51 getesteten Kinderbüchern wurden Anteile von Tropenholz
nachgewiesen. Dazu gehören unter anderem so bekannte Titel wie
„Benjamin Blümchen – Komm mit mir durch den Tag!“, „Felix bei den
Kindern dieser Welt“ und „Bodobär auf der Ritterburg“. Insgesamt hat
der WWF Titel von 13 Verlagen positiv gestestet, darunter die
Branchengrößen Bertelsmann, Esslinger aus der Klett-Gruppe und Pattloch
aus der Verlagsgruppe Droemer Knaur (ihrerseits eine
Tochtergesellschaft der Verlagsgruppe Holtzbrinck und Weltbild).
Mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion vor dem
Messegelände hat der WWF zeitgleich auf die Risiken im deutschen
Buchmarkt aufmerksam gemacht. Unter dem Motto „Kein Kahlschlag für
Kinderbücher“ seilten sich Artisten in Orang-Utan Kostümen im
Frankfurter Großstadtdschungel vom Kastor-Hochhaus ab.
„Bücher aus Tropenholz-Raubbau tragen zum
Artensterben und zum Klimawandel bei, da für ihre Herstellung Wälder
zerstört werden, die Lebensraum zahlreicher Arten und gigantische
Kohlenstoffspeicher zugleich sind“, so WWF-Waldexpertin Nina
Griesshammer. „Die nachgewiesenen Hölzer wie Shorea oder Rhizophora
kommen in aller Regel nicht in extra angelegten Plantagen, sondern fast
ausschließlich in tropischen Natur- und Urwäldern vor. Für die positiv
auf Tropenholz getesteten Bücher, so der logische Schluss, muss
natürlicher Tropenwald abgeholzt worden sein“.
Immer mehr in Deutschland verkaufte Bücher werden
im Ausland produziert, vor allem in China. Insgesamt kommen inzwischen
34,4 % der deutschen Buchimporte aus China, was einer Menge von über
41.000 Tonnen Papier entspricht. Bei diesen Produkten ist das Risiko
häufig groß, dass Raubbauholz verarbeitet wurde. Die chinesische
Papierindustrie spielt mittlerweile die dominierende Rolle im
Welthandel mit Zellstoff, dem Ausgangsstoff für Papier. Knapp 17 % des
weltweit gehandelten Zellstoffs wird nach China exportiert. Fast 50 %
der Zellstoffexporte Indonesiens, für deren Herstellung bekanntermaßen
seit Jahren großflächig Tropenwälder vernichtet werden, gehen nach
China.
Einer der bedeutenden Akteure in der chinesischen
Papierproduktion ist der indonesische Großkonzern Sinar Mas Group
(SMG). Über diverse Tochterfirmen wie etwa Asia Pulp and Paper (APP)
liefert er in großem Stil Zellstoff und Papier nach China und ist
selbst als Buchproduzent aktiv. APP ist der weltweit drittgrößte
Hersteller von Zellstoff und Papier und verantwortlich für die
Abholzung immenser Flächen tropischen Regenwaldes in Indonesien. Allein
in der Provinz Riau auf der indonesischen Insel Sumatra gehen 40 % des
gesamten Waldverlusts auf das Konto von APP und seinen Zulieferern.
Derzeit steht APP massiv in der Kritik, weil sich der Konzern um eine
Nutzungsgenehmigung mitten in einem Orang-Utan-Schutzprojekt auf
Sumatra im Bukit Tigapuluh Nationalpark bemüht.
„Weil immer mehr der in Deutschland gekauften
Bücher im Ausland und insbesondere in China produziert werden, steigt
die Wahrscheinlichkeit, dass durch den Kauf von Büchern in Deutschland
Tropenwälder wie etwa in Indonesien zerstört werden. „Ausgerechnet
Kinderbuchverlage sind mit verantwortlich dafür, dass die
Lebensgrundlage der nachfolgenden Generationen zerstört wird“, so
Johannes Zahnen, Papierexperte des WWF Deutschland.
Der WWF fordert als Konsequenz aus seinen Analysen
die Verlage zu einer Selbstverpflichtung auf, entweder Recyclingpapier
oder glaubwürdig zertifiziertes Frischfaserapier aus
verantwortungsvoller Waldbewirtschaftung zu nutzen. Nach Ansicht des
WWF und anderer Umweltverbände wird dies derzeit nur durch das
internationale Zertifikat FSC (Forest Stewardship Council)
gewährleistet.
„Wir fordern die Verlage auf, ihren Beitrag dazu zu
leisten, den Raubbau an den Wäldern zu stoppen“, so Johannes Zahnen.
„Die Verlage haben die Marktmacht, die Papierindustrie zu beeinflussen
und die Entwicklung neuer umweltfreundlicher Druckpapiere einzuleiten“.
Der globale Papierkonsum wächst seit Jahren
kontinuierlich. Seit 1960 hat er sich vervierfacht. Inzwischen wird
etwa die Hälfte des weltweit kommerziell eingeschlagenen Holzes zu
Papierprodukten verarbeitet. 10% der Weltbevölkerung, nämlich
Westeuropa und Nordamerika, verbrauchen mehr als die Hälfte des
weltweiten Papiers.