Frankfurt (agrar-PR) -
Menschenverursachtes Artensterben schreitet auch 2009 ungebremst voran. / WWF: Bundesregierung verfehlt Biodiversitäts-Ziel Die Umweltstiftung WWF zieht unter
Artenschutzgesichtspunkten eine durchwachsene Jahresbilanz. Während
sich die Lage von Tiger, Eisbär oder Nashorn in 2009 weiter
verschlechtert habe, können Elbebiber, Luchs und Amur-Leopard etwas
optimistischer in die Zukunft blicken. „Es gab zwar für manche Arten
einzelne Silberstreifen am Horizont, doch das Massenaussterben im Tier-
und Pflanzenreich dauerte auch 2009 unvermindert an“, sagt Volker
Homes, Leiter Artenschutz beim WWF Deutschland. Hauptursachen seien die
ungebremste Lebensraumzerstörung, der Klimawandel, eine zunehmende
Wilderei und die Übernutzung durch den Menschen. Das Ziel der deutschen
Bundesregierung, den Verlust an biologischer Vielfalt (Biodiversität)
bis zum Jahr 2010 zu stoppen, werde daher nicht erreicht, so der WWF.
Die Verlierer 2009:
Tiger - Nach aktuellen WWF-Schätzungen leben
weltweit nur noch rund 3.200 Tiger in freier Wildbahn. Der
Südchinesische Tiger, von dem vor zehn Jahren noch bis zu dreißig
Individuen existierten, könnte mittlerweile sogar ausgestorben sein.
„Ursache für den dramatischen Bestandsrückgang beim Tiger ist neben dem
Lebensraumverlust vor allem die Wilderei und der illegale Handel mit
Knochen, Fell oder Zähnen“, sagt Volker Homes, Leiter WWF-Artenschutz.
Vor allem die Nachfrage nach verbotenen Tigerprodukten in der
traditionellen Asiatischen Medizin sei für die Raubkatze
überlebensbedrohend. „Wenn im Kampf gegen die Wilderei nicht
schnellstens ein Durchbruch gelingt, wird es den Tiger bald nur noch in
Zoos geben“, warnt Homes. Nach dem chinesischen Kalender beginnt am 14.
Februar 2010 das „Jahr des Tigers“. Die Umweltschutzorganisation WWF
startet daher eine weltweite Schutzkampagne für die seltene Raubkatze.
Amphibien - Nach WWF-Angaben war 2009 auch
kein gutes Jahr für Frösche, Kröten und Lurche. Von den weltweit 6.285
erfassten Amphibien seien knapp 1.900 Arten in die höchsten
Bedrohungskategorien der Roten Liste eingestuft worden. Vor allem ein
parasitärer Pilz mache zahlreichen Populationen in aller Welt zu
schaffen. Er spielte auch beim Exodus der lebendgebärenden Kihansi
Spray Kröte eine Rolle. Die Tiere waren in den Kihansi Wasserfällen
Tansanias zuhause. Rund neunzig Prozent der ursprünglich 17.000
Exemplare fielen dem Bau eines Staudammes zum Opfer. Die übrig
gebliebenen Individuen raffte die Pilz-Seuche dahin.
Eisbär - Der Klimagipfel in Kopenhagen ist
für den WWF mit einer herben Enttäuschung zu Ende gegangen. Das
Abschlusspapier bezeichnet die Umweltschutzorganisation als „halbgare
Verpflichtung zu Nichts“. Damit wird es auch für den Eisbären immer
enger. Bereits 2009 war die Größe von acht Eisbär-Populationen
rückläufig. Damit schrumpfen inzwischen Zweidrittel der
wissenschaftlich untersuchten Bestände. „Es gibt einen beunruhigenden
Abwärtstrend“, warnt Volker Homes. Große Gebiete der Arktis könnten bis
2050 „Eisbärfreie Zonen“ sein. Der menschenverursachte Klimawandel
verändere das Ökosystem der Eisbären in derart rasantem Tempo, dass den
Tieren nicht genügend Zeit bleibe, um sich anzupassen.
Annamiten-Nashorn - Die vietnamesische
Unterart des vom Aussterben bedrohten Javanashorns gehört zu den
seltensten Säugetieren der Welt. Die letzten acht Individuen seien akut
durch neu entstehende Straßen nahe dem bekannten Cat Tien Nationalpark
gefährdet. Durch den 2009 begonnen Bau würden die letzten, isolierten
Rückzugsgebiet in Gefahr geraten. Der WWF befürchtet, dass die
empfindsamen Tiere durch Lärmbelästigung, zunehmenden Verkehr und
leichteren Zugang für Wilderer noch stärker bedroht werden.
Die Gewinner 2009:
Luchs - Inzwischen gelten die deutschen
Luchs-Populationen im Bayerischen Wald und im Harz als relativ
gesichert. Seit 2009 scheint außerdem nach über 100jähriger Abwesenheit
auch die endgültige Rückkehr der Luchse in ihren alpinen Lebensraum
möglich. Zu diesem Schluss kam eine Studie der Umweltschutzorganisation
WWF. Neben stabilen Populationen in den Schweizer Nordwestalpen und der
Grenze zwischen Ostösterreich und Slowenien gibt es mögliche Vorkommen
im Vorarlberg und Tirol. Der WWF erwarte, dass sich die Luchse weiter
im Alpenraum ausbreiten, schließlich sei dieser ein idealer Lebensraum
für die scheuen Jäger. Auch eine Rückkehr der Tiere ins Allgäu sei
möglich.
Amur-Leopard - Mit rund 35 Individuen in der
Wildnis gilt der Amur-Leopard als eine der seltensten Großkatzen der
Erde. Bei einer derart kleinen Population wiegt jeder Nachwuchs
besonders schwer. Umso erfreulicher sind die Nachrichten, die den WWF
2009 aus seinem Schutzprojekt im russischen Fernen Osten erreichten:
Ranger sichteten ein Leopardenweibchen mit drei Jungtieren im
Schlepptau. Einer Schutzpatrouille, die die seltenen Amur-Leoparden vor
Wilderern schützen soll, gelangen sogar spektakuläre Aufnahmen der
scheuen Tiere. Die Fotos zeigen die junge Leoparden-Familie beim
gemeinsamen Abendmahl in einem Steinbruch in der Region um Sukhanovka.
Elbebiber - Gemeinsam mit dem Land
Sachsen-Anhalt und dem Bundesamt für Naturschutz startete der WWF 2009
eines der größten Deichrückverlegungsprojekte in Europa. Die Maßnahme
ist der vorläufige Höhepunkt zahlreicher Renaturierungs- und
Schutzbemühungen an der Elbe. Wesentliches Ziel des Projekts ist der
Schutz und die Wiederherstellung einer intakten, naturnahen und
waldreichen Überflutungsaue. Während für die Anwohner der Region die
Gefahr von Flutkatastrophen gemindert wird, profitiert der Elbebiber
von einer Vergrößerung seines Lebensraums. Der Bestand dieser nur in
Deutschland heimischen Unterart konnte dank intensiver Schutzbemühungen
inzwischen stabilisiert werden. Durch den Start des
Deichrückverlegungsprojektes bewertet der WWF auch die
Zukunftsaussichten für den Elbebiber positiv.